200 - Die Suche beginnt
störrisch zu gebärden. Zuerst blieb es alle zweitausend Meter stehen, dann alle tausend und schließlich alle zweihundert Meter. Gutes Zureden half nichts mehr, auch alle Flüche nicht – irgendwann weigerte die Riesenechse sich einfach, auch nur einen weiteren Schritt zu tun.
»Bei Wudan – ich habe es befürchtet!« Rulfan war entmutigt. »Was jetzt?« Er drehte sich nach seinem ohnmächtigen Freund um. Dicke Schweißtropfen standen auf den sichtbaren Stellen von Maddrax’
Gesichtshaut. Der Mann aus der Vergangenheit atmete flach. Rulfan tastete nach seinem Puls – der fühlte sich an wie ein vibrierender Faden. Er drehte sich wieder um und hieb die Stiefelabsätze in die Hornplatten. »Geh weiter, du Mistvieh!«, brüllte er. Das Tier reagierte nicht.
Wortlos kroch Mauricia zu dem Bewusstlosen. Mit einem Tuch wischte sie ihm den Schweiß aus dem Gesicht. Sie flößte ihm ihre fieber- und entzündungshemmende Tinktur ein und tränkte ihn.
Danach kramte sie ein Ledersäckchen aus ihrem Gepäck und kletterte damit vom Rücken des Mammutwarans.
»Was hast du vor?«, knurrte Rulfan missmutig.
»Ich werde den Drachen verführen, weiterzutraben.«
Rulfan beobachtete, wie die Heilerin zum mächtigen Schädel der Riesenechse ging. Dort nahm sie eine kleine Amphore aus blauem Steingut aus ihrem Ledersäckchen und entkorkte sie. Sie hielt das Gefäß unter die Nüstern der Echse, schloss die Augen und verfiel in einen tranceartigen Singsang. Das Tier verhielt sich vollkommen still. Rulfan beobachtete die Szene fasziniert: Was für eine rätselhafte Frau diese Mauricia doch war!
Später ließ sie sich von ihm zurück auf den Rücken der Mammutechse helfen. Sie sank wieder neben ihn auf die Hornpanzerplatten, und Rulfan griff zweifelnd zu den Zügeln. Sein Zweifel wurde schnell zerstreut: Der Waran stampfte los, fiel bald in einen Trab und schaukelte zielstrebig nach Norden. Jeder Zügelbewegung des Albinos gehorchte er nun – Rulfan schüttelte fassungslos den Kopf.
»Wie um alles in der Welt hast du das angestellt?«, fragte er die erstaunliche Frau an seiner Seite.
Sie lächelte geheimnisvoll. »Ich habe ihm eine beruhigende Duftessenz zu schnüffeln gegeben.«
»Was für ein Duft war das?«, wollte Rulfan wissen.
»Ein Liebeswasser«, sagte sie, und ihr Lächeln wurde noch um eine Spur breiter. »Der Drachen ist mir nun verfallen, er wird von jetzt an nur noch das tun, was ich will.« Eine Spur Spott mischte sich in ihr schönes Lächeln. »Du solltest dich also gut mit mir stellen, Rulfan von Britana.«
***
Canterbury jun. drückte den Rücken in das Gestrüpp, das den Hangareingang bedeckte. Die schwere langstielige Axt zum Schlag erhoben, wartete er. Zuerst erschien Richards’ Schwert in der niedrigen Lücke des Blechtors, dann die geballte Faust seiner Linken und schließlich sein akkurat gescheitelter Graukopf. Paul Canterbury trat ihm die Schwertklinge aus der Hand und sprang breitbeinig vor ihn. Drohend holte er mit der Axt aus. Daniel Richards schrie erschrocken auf.
Wirklich nötig wäre der Tritt nicht gewesen, denn Richards hatte nie gelernt, mit einem antiken Ding wie einer Schwertklinge umzugehen. Doch das Bewusstsein, nun keine Waffe mehr in der Hand zu halten, sollte dem neunten Mann der Bunkerkolonie Hermannsburg einfach nur das Gefühl der Ohnmacht vermitteln. Und dieses Ziel erreichte der gerissene Canterbury sofort.
»Um Gottes willen, Paulie«, krächzte Richards. »Was tust du denn da? Du machst dich ja unglücklich bis ans Ende deiner Tage! Lass uns reden, ich bitte dich…!«
»Reden? Ich lasse einfach die Axt auf deinen einfältigen Schädel sausen, und du hast nie wieder ein Problem mit deiner Frisur«, sagte Canterbury jun. kühl.
Drohend hob er die Axt noch ein Stück höher. »Was hältst du davon, Dany?«
»Gar nichts, Paulie!« Flehend blickte der Ältere zu ihm auf. »Am besten, wir vergessen die Angelegenheit ganz schnell wieder, was meinst du? Ich werde auch keine Meldung machen, das verspreche ich dir, auch über deine feindseligen Äußerungen über Nummer Eins nicht.« Er streckte Canterbury eine Hand entgegen.
»Komm schon, Paulie, hilf mir hoch, und dann sehen wir weiter.«
Canterbury jun. ließ die Axt sinken, lehnte sie ins Gestrüpp und packte Richards Hände.
»Du verstehst deine Situation nicht, Dany.« Er zog den andere bis zur Hüfte aus dem Loch im Hangartor. Dann fesselte er ihm die Hände mit seinem eigenen Gürtel.
Danach erst zerrte er ihn
Weitere Kostenlose Bücher