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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Geschwindigkeit von 35 kn, das sind fast 64 km/h. Am 11. Januar passierten wir Kap Wessel, am 13. Januar fuhren wir in die Timorsee ein und Nemo ging wieder auf vollen Südostkurs, geradewegs in den Indischen Ozean. Wohin wollte er? Nach Asien? Europa? In die Antarktis?
    Am 14. Januar waren wir fern von allen Küsten wieder auf offenem Meer und die Nautilus wurde langsamer. Der Kapitän beschäftigte sich während dieses Teils unserer Reise mit fortwährenden Temperaturmessungen in verschiedenen Meerestiefen, die zu dem definitiven Resultat führten, dass das Meer unter allen Breiten in 1 000 m Tiefe eine Temperatur von 4,5° hat.
    Ich verfolgte diese Messungen und Berechnungen mit dem größten Interesse, aber ich fragte mich zugleich doch auch, wem all die Ergebnisse, die der Kapitän dabei gewann, einmal dienen sollten. Den Menschen? Kaum, denn wahrscheinlich würden seine Manuskripte mit ihm eines Tages in irgendeinem unbekannten Meer versinken. Er hätte mir diese Aufzeichnungen anvertrauen können, aber das hätte bedeutet, dass das Geheimnis seines Schiffes und seiner Existenz aus seiner Kontrolle geraten wäre.
    Dennoch unterrichtete er mich bei einem Gespräch, das wir am Morgen des 15. Januar auf der Plattform führten, über seine Ergebnisse. Ich hörte mir das an und sagte dann : »Gut, Kapitän, aber wozu tun Sie das? Die Nautilus ist eine Welt für sich und die Erkenntnisse ihrer Gelehrten gelangen nicht bis zur Erde.«
    »Da haben Sie recht«, sagte er nach einigem Schweigen. »Die Nautilus ist eine Welt für sich und sie ist der Erde so fremd wie irgendeiner der Planeten in unserem Sonnensystem. Und ebenso wenig, wie man die Arbeiten der Wissenschaftler vom Jupiter oder vom Saturn kennenlernen wird, sollen meine Arbeiten unter den Menschen bekannt werden.«
    Nach diesem Gespräch verschwand der Kapitän wieder und ich musste meine Tage ohne ihn verbringen. Am 16. Januar geschah etwas Eigenartiges: Während wir völlig ohne Antrieb durch die Schraube in geringer Tiefe schwammen, standen die Fenster im Salon zur Besichtigung frei, aber die elektrischen Lampen der Nautilus erleuchteten das Wasser nicht. Dennoch wurde es plötzlich hell in diesem Halbdunkel und ich sah nach kurzer Zeit auch, woher dies Licht kam. Die Nautilus war in eine Strömung von phosphoreszierenden Infusorien geraten, sie schwamm inmitten von Myriaden leuchtender Tierchen, deren glänzender Funke noch stärker aufglühte, wenn sie mit dem Rumpf der Nautilus in Berührung kamen. Dieser leuchtende Strom blendete zuerst wie Bleiguss im Schmelzofen oder weiß glühendes Metall beim Abstich. Aber nach und nach konnte ich in dieser Lichtquelle noch verschiedene Helligkeiten und Schattenbildungen unterscheiden, die sich unaufhörlich gegeneinander verschoben: lebendiges Licht.
    Wenn ich dicht ans Fenster trat, konnte ich in diesen leuchtenden Wogen aus Medusen, Asterien, Aurelien und anderen gallertartigen Zoophyten auch größere Tiere des Meeres erkennen, die in dem Lichte badeten. Delfine, Segelfische, Hornfische, Klippfische tummelten sich im erleuchteten Element und strahlten wie feurige Salamander – das Schauspiel wirkte wie Zauber und war zweifellos deshalb so stark, weil irgendwelche atmosphärischen Einflüsse an der Oberfläche des Meeres herrschten.
    Am 18. Januar sah ich den Kapitän wieder, da befand sich die Nautilus südlich der Weihnachtsinseln unter 105° östl. Länge und 15° südl. Breite. Von Osten her wehte starker Wind und das Barometer kündigte an, dass Luft und Wasser bald aneinandergeraten würden. Als ich die Plattform betrat, maß der Erste Offizier gerade die Stundenwinkel und dann sprach er, aber statt des bisher täglich gehörten Satzes war es ein anderer, ebenso unverständlich. Sofort tauchte Nemo in der Luke auf, kam heran, nahm seinem Gefährten das Glas weg und suchte den Horizont ab.
    Er stand einige Minuten völlig unbeweglich da, das Fernglas ruhte so sicher in seiner Hand wie auf einem Stativ. Plötzlich setzte er es ab und sagte einige Worte in der seltsamen Bordsprache. Auf dem Gesicht des Mannes malten sich Schreck und Erregung, während Nemo weiterhin völlig kalt blieb. Tonfall und Gebärden ließen erkennen, dass Nemo Befehle gab, die der andere, nicht ohne Einwände, hinnahm. Er trat an die Luke und rief etwas hinab und gleich darauf begann die Nautilus , schneller zu fahren. Während die Schraube immer stärker auf Touren kam, schritt der Kapitän die Plattform ab und er wirkte auf mich

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