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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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oder im Wald Eicheln suchen musste und häufig genug mit leeren Händen zurückkam. In der Mission bekamen sie genug zu essen und ein Dach, unter dem man schlafen konnte, solange sie nur »Vater unser« sagten und »Jesus« und »Amen«. Sie nahmen am morgendlichen Ritual des Priesters teil, erhoben oder setzten sich, knieten nieder, berührten Stirn, Brust und Schultern, wenn er ein Kreuz in die Luft zeichnete, sie ließen sich das hauchdünne Stückchen Brot auf die Zunge legen und plapperten Worte nach, die sie nicht verstanden. Bruder Felipe zufolge waren die Getauften jetzt erlöst. Wovon eigentlich?, fragte sich Teresa.
    War dieses »Erlöstsein« der Grund dafür, dass sie die Mission nicht wieder verlassen konnten? Denn obwohl viele Topaa gern in der Mission blieben, gab es doch eine ganze Reihe, die lieber in ihr Dorf zurückgegangen wären – was aber, wie die Padres sagten, jetzt, nachdem sie die Taufe empfangen hatten, nicht mehr möglich war. Deshalb wurden sie nachts eingesperrt, und wer davonlief, den brachten Soldaten gewaltsam zurück. Wenn sie gewusst hätten, murrten so manche, dass das Wasser auf ihrem Kopf sie zu Gefangenen der Mission machen und ihnen verbieten würde, nach ihren Traditionen und ihrer Religion zu leben, hätten sie dieses Ritual nicht über sich ergehen lassen.
    War die Folge davon, dass Teresas Volk krank wurde und starb?
    Nach dem Tod der Mutter, so war es vorgesehen, sollte die Obhut der Höhle in Topaa-ngna auf Teresa übergehen, obwohl das Mädchen noch nicht bis zum Letzten in die Geheimnisse, die Mythen und den Zauber, in die entsprechenden Gebete und Riten eingeführt worden war. Starb ihr Volk auch dahin, weil seit nunmehr drei Sommern niemand mehr die Erste Mutter aufgesucht hatte? Andererseits schreckte Teresa davor zurück, die Rituale in der Höhle ohne Hilfestellung zu vollziehen, schon weil einige Tabus so schwerwiegend waren, dass der kleinste Fehler so Entsetzliches wie ein Erdbeben oder eine Überschwemmung nach sich ziehen konnte.
    War aber der Tod so vieler Stammesangehöriger nicht auch entsetzlich?
    »Wir müssen darauf achten, die Blätter nicht zu beschädigen«, sagte jetzt Bruder Felipe mit seiner sanften Stimme.
    Teresa gab sich entsprechend Mühe. Sie war ausersehen worden, Felipe im Garten, wo er Heilkräuter zog, zur Hand zu gehen, weil auch sie sich mit derlei Pflanzen auskannte. Nur dass unglücklicherweise weder sie noch Bruder Felipe ein Kraut gegen die Krankheit fanden, die zunehmend mehr Topaa-Leben forderte.
    »So wird das gemacht.« Damit löste Bruder Felipe vorsichtig die Blätter des Fingerhuts ab. Er bediente sich der Sprache seiner Heimat, des Kastilischen, das Teresa inzwischen gelernt hatte und das sich alle Topaa und Tongva und Chumash aneignen mussten. Die Sprache war ebenso neu wie die Blume, die Felipe ihr zeigte und in der sich ein Geist verbarg, der Herzbeschwerden linderte. Überhaupt war der Garten voll von bislang unbekannten Blumen, die von einem Ort namens Europa stammten – Nelken, Nieswurz, Pfingstrosen. Und auf der anderen Seite des Zauns grasten nie zuvor gesehene und ebenfalls übers Meer mitgebrachte Tiere – Rinder, Pferde, Schafe. Auch auf den Feldern, auf denen ihr Volk und Mitglieder anderer Stämme jetzt mit gekrümmten Rücken hackten, jäteten oder säten, wuchsen nie zuvor gesehene Pflanzen – Weizen, Hafer, Mais. So viel Neues auf dem angestammten Boden ihres Volkes war für Teresa irgendwie verwirrend. Sie hatte nicht gesehen, dass die Padres das Land um Erlaubnis gebeten hätten, es umzugraben oder von schwergewichtigen Tieren zertrampeln zu lassen oder den Lauf des Flusses zu verändern, indem sie Kanäle bauten, wo keine Kanäle gewesen waren. Würde die alte Ordnung zusammenbrechen und von Chaos abgelöst werden?
    Teresa erinnerte sich gut an den Tag, da die Fremden aufgekreuzt waren. Elf Sommer hatte sie gezählt, und wie ein Lauffeuer hatte sich im Dorf die Nachricht verbreitet, Reisende aus dem Süden hätten das Land der Vorfahren betreten, ohne ihm den gebührenden Respekt zu erweisen. Die Eindringlinge tränken Wasser, ohne vorher die Erlaubnis des Flusses einzuholen, pflückten Früchte, ohne die Bäume zu fragen, brächen Äste ab und entzündeten Lagerfeuer ohne jegliches respektvolles Ritual. Alle Stämme kamen überein, dass die Fremden mit den geltenden Verhaltensweisen vertraut gemacht werden mussten.
    Als sie aber dann den Eindringlingen entgegengetreten waren und ihnen ihre Speere

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