2010 - Morkheros Prophet
Feind zusammen. In der Stadt gibt es Häuser, Bauwerke aus Stein und Lehm oder Holz, die dich vor Regen und Kälte schützen. Und als der Platz in der wunderbaren Olmo Hirkulum knapp zu werden begann, baute man die Häuser sogar übereinander. In der Stadt bist du nie der Willkür von Göttern und Dämonen ausgesetzt. Und du brauchst nie Hunger zu leiden, denn es ist immer genug Nahrung vorhanden. Die Kravven gedeihen prächtig und liefern Nährsud im Überfluß. Auch in schlechten Zeiten wirst du immer satt, denn in einer Stadt kannst du Vorräte anlegen. Selbst an Fluut herrscht nie Mangel. Wenn es Überfluß an Fluut gibt, wird es getrocknet, zu Broten geformt und in Vorratskammern für die Zeit der Fruchtbarkeit großzügig aufbewahrt werden."
Kellmi schwärmte in dieser Tonart weiter, und Mesoph hörte aufmerksam zu. Aber er mußte Kellmi gestehen, daß er sich nicht vorstellen konnte, ständig auf engstem Raum mit so vielen Kraverkern zusammenzuleben und ein künstliches Dach über sich zu haben, anstatt die grenzenlose Weite des Himmels mit seinen weichen Wolken oder dem Teppich aus funkelnden Sternen über sich zu spüren. „Und macht es so wohlbehütete Kraverker nicht sorglos und schwach?" gab Mesoph zu bedenken. „Manch einen Bewohner der Stadt gewiß", gestand Kellmi daraufhin ein. „Aber keineswegs die Jäger wie mich, die zu den Behütern und nicht zu den sorglosen Nutznießern gehören. Für dich, Mesoph, der du die freie Natur liebst, wäre das Leben in der Stadt wohl nichts."
An diesem Tag erlegten sie ein paar Kleintiere. Kellmi konnte mit Staunen beobachten, wie geschickt Mesoph und die anderen mit ihren Wurfsteinen umgehen konnten. Sie warfen sie mit unglaublicher Treffsicherheit. Freilich waren Wurfsteine zum Erlegen größeren Wildes ungeeignet, da hatte Kellmi mit seiner Pfeilschleuder Vorteile. An diesem Tag ging er jedoch leer aus.
In den nächsten Tagen gab es kaum Veränderungen an dieser Situation oder der Landschaft. Sie bewegten sich zumeist am Rande der Wälder über kargen Boden. Kellmi entdeckte, daß die Tarimaru stets die Nähe einer unscheinbaren Strauchart namens Trose suchten, Am vierten Tag, als die Späher Refu und Leppo meldeten, daß in dem abschüssigen Gelände vor ihnen keine Trosen wuchsen, machte die Gruppe einen weiten Umweg über die Hügelkämme, um weiterhin in der Nähe dieser Sträucher zu bleiben. „Was hat es mit der Trose auf sich?" wollte Kellmi von Mesoph wissen. „Sie ist der Grund für dein Alpdrücken, Kellmi", sagte Mesoph daraufhin. „Die Trose hat eine so starke Aura, daß sie damit Raubtiere abschreckt. Wir merken nichts mehr davon, weil wir uns längst daran gewöhnt haben. Dir bereitet diese Aura jedoch Kopfschmerzen, Komm mit, ich werde es dir vorführen."
Mesoph führte Kellmi nahe zu einer der langgestreckten, blütenlosen Buschreihen, so nahe, wie Kellmi dieser Pflanze vorher noch nie gekommen war. Und mit jedem Schritt, mit dem sich Kellmi der Trose näherte, verstärkte sich der Druck in seinem Kopf. Kellmi wollte zurückweichen, doch Mesoph zwang ihn näher an die Trose, bis er sie mit den Rüsseln berühren konnte.
Und auf einmal war der Druck in seinem Schädel wie weggeblasen. Kellmi verspürte nur noch ein nicht unangenehmes Kribbeln im Kopf. Es verursachte ihm einen seltsamen Juckreiz im ganzen Körper, der ihn dazu veranlaßte, mit dem Rüssel schwenkende Bewegungen zu machen und seltsame Laute auszustoßen. Und das ducken zwang ihn, mit den Beinen eigenartige, rhythmische Bewegungen auszuführen, Kellmi merkte, wie er zu tanzen begann. Und dazu sang er. Rasch fiel Mesoph in seinen Gesang ein, und er versuchte, seine Bewegungen denen Kellmis anzupassen. Nun stimmten auch die anderen Jäger in den Gesang ein, und auch sie kamen, um sich an dem seltsamen Tanz zu beteiligen, den Kellmi vorgab, der ihm jedoch von der Trose diktiert wurde.
Kellmi verspürte kein Alpdrücken mehr, statt dessen durchflutete ihn ein bisher unbekanntes Wonnegefühl.
Und dann sangen- und tanzten sie alle, bis Kellmis Schritte ihn aus dem Bannkreis der Trose führten und er auf einmal wieder den unangenehmen Druck in seinem Kopf verspürte. „Was ist mit mir geschehen?" fragte sich Kellmi bange. „Du hast dich bloß für einige Augenblicke der Trose hingegeben." antwortete ihm Mesoph, nachdem die Nomaden wieder zur Ruhe gekommen waren. „Jetzt, da du dich gegen ihren Einfluß sträubst, wird dir ihre Aura unangenehm. Aber mit der Zeit wirst du dich
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