2011 - komplett
greifen konnte, packte Rafe sie um die Taille und schob sie entschlossen unter den Mistelzweig, unter dem er sie vorhin geküsst hatte.
„Was ...“
„Ich denke, du irrst dich, Claire Halliday. Und es gibt nur einen Weg, um das zu beweisen.“ Er drehte sie zu sich herum, schloss sie in die Arme und küsste sie wieder.
So muss es sich anfühlen, wenn man einen Brunnenschacht hinunterfällt, dachte Claire. Ohne den unangenehmen Aufprall im kalten Wasser natürlich.
Seine Lippen fühlten sich zunächst warm und zärtlich an, als taste er sich behutsam vor, dann wurde sein Kuss drängender. Seine Reaktion war wie Balsam für ihren verletzten Stolz und eine Herausforderung an ihre so lange verleugneten Gefühle.
Obwohl Claire seinen Kuss nicht erwiderte, blieb Rafe sanft und unbeirrt.
Es war ihr unmöglich, unnahbar und ungerührt zu bleiben. Sein Kuss verlangte eine Entscheidung von ihr, die wohlüberlegt sein wollte. Wollte sie ihn gewähren lassen oder nicht?
Süßes Verlangen und nie gekannte Freuden in den Armen des hinreißendsten Mannes, den sie je gesehen hatte ... Was gab es da noch zu überlegen?
Hör dieses eine Mal auf zu grübeln und folge einfach deinem Herzen!
Claire schmiegte sich an ihn, begierig auf die Empfindungen, an die sie sich kaum noch erinnerte und so unendlich lange tief in ihrem Innern vergraben hatte. Alles an ihm kam ihr fremd und exotisch vor – sein nach Sandelholz duftendes Haar, sein nach Zimt schmeckender Kuss, die überraschende Härte seines Körpers und vor allem das schockierende Geschick, mit dem er sie liebkoste.
Andererseits war ihr alles an ihm so seltsam vertraut, wie seine Größe, das markante Gesicht und die aufregende Wärme, die er ausstrahlte. Claire hatte das Gefühl, ihn ihr Leben lang zu kennen, und doch war jeder Moment mit ihm eine neue, fesselnde Entdeckung.
Er streichelte sie auf eine Weise, dass ihr der Atem stockte und sie sich noch fester an ihn schmiegte. Als er mit der Zunge in ihren Mund eindrang, wurde ihr noch heißer. Nie hatte sie sich vorgestellt, geschweige denn erlebt, wie herrlich dekadent es war, so geküsst zu werden.
Ohne sich richtig bewusst zu sein, was sie tat, schlüpfte sie mit den Händen unter sein Jackett und strich über seinen breiten, starken Rücken. Sie wünschte, sie könnte sich noch fester an ihn drücken – ohne ihr verflixtes Korsett, ohne irgendeinen Teil ihrer Kleidung – und ihn direkt an ihren Brüsten fühlen, ihrem Bauch und ihren Schenkeln. Der Drang, genau das geschehen zu lassen, und zwar hier und jetzt, war so heftig, dass sie schließlich doch noch zur Vernunft kam.
Schwer atmend und mit weichen Knien, an ihn geklammert, als müsste sie sonst fallen, sah sie zu ihm auf.
„Glaubst du immer noch, dass mit dem Mistelzweig etwas nicht stimmt?“, fragte er genauso atemlos und mit seltsam belegter Stimme.
Claire löste sich widerwillig von ihm. Ihr fiel sein leicht zerzaustes Haar auf – hatte sie das getan? – und seine vor Leidenschaft funkelnden dunklen Augen.
„Vielleicht handelt es sich um eine Sorte, die ich nicht kenne.“ Sie bemühte sich, wieder zu Atem zu kommen. „Ein langsam wirkender Mistelzweig.“
„Hm. Am besten wäre es, wir unterziehen ihn einer weiteren Untersuchung.“ Er zwinkerte ihr zu und zog sie mit sich unter den Mistelzweig, der in der Nähe des Eingangs hing.
Als er sie dieses Mal an sich presste, schlang Claire die Arme um seinen Nacken und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm entgegenzukommen. Sein Haar fühlte sich weich und dicht an unter ihren forschenden Händen. Er verteilte heiße Küsse auf ihrem Gesicht und ihrem Hals, und bei jedem Kuss überlief sie ein Schauer der Erregung. Ein lautes Stöhnen entrang sich ihrer Kehle. Oder war das Rafe gewesen?
Zu ihrem Erstaunen fiel es ihr schwer, das zu bestimmen. Wenn sie nur noch ein bisschen mehr Haut für seine aufregenden Liebkosungen entblößen könnte ...
Heiße Lust erfasste ihren ganzen Leib, ihre Brüste kribbelten erwartungsvoll. So fühlt sich Verlangen an, dachte sie unwillkürlich. Rückhaltlos gab sie sich dieser beglückenden Erfahrung hin, die Dichter und Künstler seit Anbeginn der Zeiten sich bemüht hatten zu beschreiben, nur um daran zu verzweifeln. Es war überwältigend und betörend und kam gerade jetzt und mit diesem Mann völlig unerwartet. Noch nie hatte sie sich so lebendig gefühlt.
Rafe löste sich von ihr, und sie sah in seinen Augen dieselbe Verwunderung, die auch sie spürte.
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