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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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zumindest zugeeignet worden war.
    Und 2 JS hatte natürlich den Bussard. Was war mit der Haut?
    Gegen die Vorschriften verdrehte Schakal die Augen weit nach rechts. Einen guten Meter von uns entfernt hockte ein nackter Teenager auf den Blüten in Bittstellerhaltung, im Gesicht ein leicht dümmlich-glückseliges Lächeln, das vermutlich die Wirkung von Opferdrogen war. Er war jünger als Schakal. Seine Haare bezeugten zwar, dass er seine letzte Initiation hinter sich hatte, aber offiziell war er im selben Lebensabschnitt. Wahrscheinlich hatte er einen ähnlichen Geburtstag und Namenstag, was wichtiger war als sein tatsächliches Alter. Er sah mir ein kleines bisschen ähnlich, das heißt, soweit ich mich durch Osmose an Schakals Gesicht erinnerte. Und davon hatte ich nicht mal ein gutes Bild, da Spiegel selten waren und Wasser der Unterwelt angehörte, sodass es gefährlich war, hineinzublicken; deshalb hatte Schakal sein Spiegelbild nur wenige Male gesehen. Doch die Gesichtstätowierungen waren die gleichen wie unsere, Doppelspiralen aus kleinen Punkten, die vom Mundwinkel aufstiegen und sich über die Wangen verbreiterten, und er hatte ein frisches Brandzeichen an der gleichen Stelle über der Hüfte, wo Schakal die große Narbe von dem Hüftballtreffer hatte.
    Das hat mir noch gefehlt, dachte ich, eine weitere Hirnverpflanzung. Also schätze ich, dass der andere Ersatzmann, der bei der Hirschjagd, der vorgetäuschte Ersatzmann war. Der wirkliche war dieser hier. Na, wie auch immer.
    »Das ist dein Garten,
    Dein Vorgarten, deine Herdsteine,
    Deine Hängematte. Hier!
    Hierher! Verlasse diesen Sack, oder
    Wir werden dich alle verachten,
    Dich aufgeben …«
    Was ist, Kumpel, wie steht’s, dachte ich. Das scheint mir eine ziemlich klare Entscheidung zu sein. Komm, sie haben sogar dein Zeug zusammengepackt. Nimm es als Wink.
    Schakal antwortete nicht, doch er schien zu schwellen wie eine verstopfte Nebenhöhle beim Druckabfall im Flugzeug. 3-Blaue-Schnecke kam Schritt für Schritt heran und hockte sich neben mich wie ein hundert Pfund schweres Neugeborenes. Er hielt einen hohen Topf an unsere Lippen, den wir leer tranken – entweder, weil wir noch ausgedörrt waren, oder weil Schakal nicht anders konnte, als wenigstens physisch zu gehorchen. Brrr. Ich hatte ja hier schon einige widerliche Cocktails gehabt, aber dieser war ein echtes Problem. Zuerst erschien er mir völlig reizlos, wie irgendeine Brühe mit Rostaroma und der Konsistenz gestampften Hirns wie gehacktes Kalbsbries, aber nachdem das Zeug unten war, kam ein fettiger, kreidiger Nachgeschmack. Das erinnerte mich an etwas – o ja, ich weiß schon. An dieses Scherzgetränk, das wir in der Schule immer zusammengeschüttet haben, »Philips-Schraubenzieher«, Wodka und Magnesiamilch. Jetzt fühlte ich mich, als hätte ich einen trocknen Schwamm im Magen, der zu Fußball-, nein, Basketball-, nein, Wasserballgröße aufquoll. Ich bemerkte, dass die letzten Tropfen in dem Topf veilchenblau waren. Blaumaissirup? Als Nächstes nahm 3BS einen Rochenstachel in die eine und zwei kleine Tonschalen in die andere Hand. Er beugte sich vor, und ich spürte, wie er mir mit dicken Fingern ins Ohrläppchen kniff. Er bohrte den Stachel hinein und zog ihn mit einem kleinen Reißlaut heraus.
    Ohren bluten stark, und in einer knappen Minute waren die Schalen voll. Meine beiden Garderobiers kamen kniend nach vorn, nahmen die Schalen und machten sich daran, mit Hilfe eines Löffels meinen Stellvertreter mit dem Blut zu bemalen oder vielmehr zu bestreichen.Als er völlig rot war und allmählich ins Braune überging, kamen sie zu mir zurück und nahmen mir den Kopfputz ab und das Hüftballjoch. In mir sagte Schakal andauernd:
Nein, nein, nein
, aber nicht in Worten. Du bist erledigt, dachte ich. Du bist Geschichte. Mach dich vom Acker, Macker.
    Inzwischen arbeiteten die Garderobiers an mir. Sie verpflasterten mir das Ohrläppchen und wuschen mir die Blutspritzer von der Brust. Sie nahmen mir den Faustkeil und das Hüftballjoch ab. Sie schnitten die Manschetten durch, die sie mir eben erst umgebunden hatten. Sie banden den Kopfputz los. Sie nahmen mir den Lendenschurz ab, meine Zehenringe, alles. Als ich nackt war, banden sie alle Insignien dem armen Jungen um. Er schwankte unter dem Gewicht. Sie kamen zurück und raspelten mir die tätowierten Blutspritzer von den Wangen. Sie bimsten mir die dicken Blumenkohl-Schwielen von Knien und Ellbogen. Ich wette, wenn ich eine auffälligere

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