2012 – Das Ende aller Zeiten
Frau war, aber sie lehnte sich schon gegen die Trennwand, und es erschien mir noch unbeholfener, wenn ich aufstand, also blieb ich sitzen.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte sie.
»Hi«, sagte ich. »Oh, ja. Mir geht’s gut.«
»Ich habe eine Nachricht …«, begann sie, »eine von … oh, Moment mal, he, hat Ihr Typ das Beiblatt von Hammerhead, Mako und White bekommen?«
»Ja«, sagte ich. »Ja, wir sind im Geschäft.« Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich am Vortag endlich meinen Anwalt – Jerry Weir von Grey, Timber und Weir – ans Telefon bekommen hatte. Er war an seinem Schreibtisch und bereit zu arbeiten, auch wenn die abendländische Zivilisation zusammenschmolz. Jerry würde noch auf dem Totenbett Verträge prüfen. Noch im Grab sogar. Er war den Vertrag mit dem Rotstift durchgegangen und hatte mir gesagt, ich solle nicht unterschreiben, bis sie alle seine Ergänzungen gebilligt hätten. Erstaunlicherweise hatten sie es getan. Deshalb war ich jetzt ein freier Mitarbeiter der Warren Group, einem der am schnellsten wachsenden und progressivsten Arbeitgeber der Welt. Ein Arbeitgeber, der auf Chancengleichheit setzte, wofür ich ein lebender Beweis war.
»Ich habe eine Nachricht aus der Personalabteilung. Wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen«, sagte Marena.
»Okay.«
»Tut mir leid. Dr. L sollte es tun, aber ich habe gesagt, ich mache es. Es sei denn, Sie möchten es lieber mit ihr bereden.«
»Oh. Nein, nein …«
»Es ist nur wegen der Versicherung.« Sie klappte ihr Netphone auf.
»Gut«, sagte ich. »Es ist vernünftig, sich gegen möglichst alles abzusichern.«
»Ja.«
»Ach, übrigens, wo wir davon reden – sind wir gegen den Weltuntergang versichert?«
»Mann, ich weiß selber, wie lächerlich das alles ist«, entgegnete sie. »Es ist eine Firma .«
»Richtig. Okay.«
»Also gut. Die erste Frage hängt mit dieser Hämophilie zusammen. Wissen Sie, ob irgendwelche dieser Medikamente mit irgendwelchen bekannten Psychopharmaka unverträglich sind?«
»Davon hat man mir nichts gesagt.«
»Nehmen Sie im Augenblick irgendwelche Medikamente, die nicht auf der Liste stehen, die Sie uns gegeben haben?«
»Nein.«
»Drogen?«
»Koffein.«
»Das müssen wir nicht aufführen.«
»Gut fünfzehn Tassen Kaffee am Tag.«
»Hmm. Ich lasse es trotzdem weg. Aber Sie sollten da wirklich ein bisschen kürzertreten.«
»Danke, Mom.«
»Kein Problem.« Sie kritzelte eine Notiz auf ihren Bildschirm. »Äh … das andere ist auch etwas Medizinisches. Hier steht, als Sie in die USA kamen, litten Sie an … hmmm, man führt Sie hier auf mit ›Posttraumatischer Belastungsstörung, die sich ähnlich wie das Asperger-Syndrom äußert‹.«
»Das stimmt auch«, sagte ich.
»Beeinflusst das noch immer Ihr Verhalten?«
»Also, wenn Sie mich so fragen, dann nicht als Funktionsstörung«, antwortete ich. »Wieso, wirke ich komisch?«
»Nicht auf mich«, sagte sie, »aber Sie wissen ja, das bin nur ich.«
»Hmm. Na ja, ich kann komisch wirken. Das sagt man mir. Es heißt, ich wäre mehr an Gegenständen interessiert als an Menschen.«
»Stimmt das?«
»Nein, für Gegenstände interessiere ich mich auch nicht.«
»Wofür interessieren Sie sich denn?«
»Moment, was war noch mal der Unterschied? Menschen sind doch die Dinger, die rumlaufen und reden, oder?«
»Ich werde einfach sagen, dass ich Sie danach gefragt habe und dass Sie okay sind«, sagte sie.
»Danke.«
»Schon gut. Ich habe selbst ein Syndrom.«
»Wirklich?«
»Ja, man nennt es Laurin-Sandrow-Syndrom.«
»Ist es was Ernstes?«
»Nein, es ist ein sehr leichter Fall. Man bemerkt es nicht.«
»Das ist gut.«
»Wie geht es Ihnen so?«, fragte Boyles Stimme. Wir wandten uns um. Er und Taro waren zu uns gekommen.
»Wir sind fertig«, sagte Marena.
»Ist Tony Sic hier?«
»Er ist zu diesem Care-Raum«, sagte sie.
»Wie geht es mit den vier Steinen voran?«, fragte mich Taro.
»Nicht besonders«, antwortete ich. Hoppla, dachte ich. Pass auf, Jeddo. Das sind jetzt deine Vorgesetzten. Von dir erwartet man, dass du vorsichtigen Optimismus ausstrahlst. »Ich habe allerdings noch eine Idee«, setzte ich an, »vielleicht …«
»Ich überlege, ob wir nicht fünf Steine benutzen müssen, um das Problem auch nur ansatzweise in den Griff zu bekommen«, sagte Taro.
»Wie können wir ein … sagen wir, Neun-Steine-Spiel in Gang bringen?«, fragte Boyle.
»Wir wüssten nicht einmal, wo wir anfangen sollten«,
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