2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos
stimmt nicht, dass er die Sonne ist, dieser Sieben Ara, und doch erhebt er sich, seine Flügel, sein Metall.« Der Autor verrät uns auch, dass Sieben Ara eine Achillesferse besitzt: »Aber sein Gesicht erreicht nur die Umgebung seines Nests; sein Gesicht erreicht nicht jeden Ort unter dem Himmel.« Diese Enthüllung wird in den nächsten Kapiteln noch wichtig werden.
Alles in allem beschreibt das Popol Vuh eine Welt, die von einer Naturkatastrophe verheert wurde und in der es kein menschliches Leben mehr gibt. Irgendwie hat ein Stamm der Quiché-Maya diese Welt am Ende einer Eiszeit erreicht, nur um dort auf einen bösartigen Halbgott zu stoßen. Doch so mächtig dieser Sieben Ara auch zu sein scheint, er kann nicht alles vorhersehen – besonders nicht, dass sich ein mächtiger Krieger erheben wird, der dieses dämonische Wesen herausfordern und sein Volk in die Freiheit führen wird.
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»Die Zukunft existiert nicht, oder wenn sie existiert, dann ist sie sozusagen umgekehrt veraltet. Die Zukunft läuft immer rückwärts. Unsere Zukunft neigt dazu, prähistorisch zu sein.«
ROBERT SMITHSON
D ie Angst hatte ihn bis über die Grenzen seiner psychischen Gesundheit hinausgetrieben. Sie flüsterte in seinem Kopf und lauerte wie ein Folterknecht ständig in den Schatten seines Geistes. Sie kroch ihm unter die Haut und erstickte alles rationale Denken. Unter dem Einfluss der von Medikamenten herbeigeführten Narkose verzerrte sie seine Kindheitserinnerungen zu einer Reihe von Szenen, die seine ohnehin geschädigte Seele mit einem noch tieferen Schrecken erfüllten: Mengele, der in seinem Labor in Auschwitz genetische Experimente an Zwillingen durchführt; ein katholischer Priester, der ihn aus den Tiefen einer leeren Kirche heraus mit einem Blick anstarrt, der dem Nosferatus gleicht.
Jeder Traum endete in einem Schrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ, und jeder Schrei löste einen weiteren Faden aus dem Gewebe seiner Existenz, bis seine Identität nur noch aus nacktem Entsetzen bestand.
Wach auf!
Die Flammen in seinem Gehirn erlöschen, so dass die weißglühenden Synapsen sich abkühlen können. Von einer beruhigenden Stille umfangen, kriecht sein Geist aus seiner Muschelschale und erkundet eine Existenz, in der das dämonische Locken seines Folterknechts verstummt ist.
Er öffnet die Augen. Alles um ihn herum ist fahlgrau. Er weiß nicht, wo er ist, wer er ist oder wie er an den Ort kam, an dem er sich befindet. Er steht aufrecht. Seine nackten Füße stemmen sich gegen die raue Erde, seine Hände ertasten Felsgestein über seinem Kopf. Um ihn herum flüstert ein kühler Wind. Er geht in die Richtung, aus der er weht, durch einen gewundenen, aufsteigenden Tunnel, bis er über sich ein strahlend weißes Licht sieht. Langsam gewöhnen sich seine Augen an die Helligkeit, während er immer weiter nach oben klettert.
Das Leuchten erweist sich als Tageslicht unter einem wolkenlosen blauen Himmel.
Er klettert aus der Höhle und starrt verwundert auf eine Reihe schneebedeckter Berge am Horizont. Er befindet sich in großer Höhe, und es ist schneidend kalt. Die Temperatur beträgt nicht einmal fünf Grad. Er zieht die Felljacke, die ihm um den Hals hängt, über die braunen Schultern und entdeckt dabei seine indianische Herkunft. Der pochende Schmerz an der rechten
Seite seines Kopfes lässt ihn zusammenzucken, und er bemerkt, dass er blutet.
Vor seinem geistigen Auge steigen Erinnerungen auf und lindern die Furcht, die sich von neuem in ihm erheben will.
Ich habe den heiligen Berg erstiegen, um von unserem großen Lehrer Worte der Weisheit über meinen Feind zu hören. Der Stein schwankte, ich bin gestolpert und habe mir den Kopf angeschlagen.
»Ich bin Chilam Balam, der Jaguar-Prophet, Same der Hunahpu.«
Der dunkelhaarige Krieger sieht hinunter auf sein Reich, ein fruchtbares Tal, das von vielen kleinen Bächen bewässert wird, die von den schneebedeckten Bergen strömen. So weit das Auge reicht, wurden auf jedem Berghang Terrassen angelegt, die eine reiche Ernte einbringen. Die Stadt unter diesem landwirtschaftlichen Potpourri erstreckt sich von einem zentralen Palast und Marktplatz aus in alle Richtungen, bevor sie in ein klug organisiertes Netz aus Aquädukten und Kanälen, Brücken und Tempeln übergeht, die allesamt für die Handelszentren der Itza angelegt wurden. Noch weiter draußen liegen die Wohnviertel seines Volkes; dort wimmelt es von einer neuen Generation seiner
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