2012 - Schatten der Verdammnis
bedienten, um die Pyramiden von Giseh auszurichten.
In der weiteren Umgebung des Strahlenkranzes sind mehr als ein Dutzend Zeichnungen von geflügelten räuberischen Wesen über das Plateau verstreut. Ich spreche hier nicht von den neueren Darstellungen des Kolibris oder des Pelikans, also von Tieren, die in der Gegend leben, sondern von einer Reihe diabolisch aussehender Wesen, die ich noch immer nicht identifizieren kann. Obgleich diese mysteriösen, klauenbewehrten Kreaturen so häufig auf der Leinwand von Nazca zu finden sind, gelingt es mir nicht, ihre Funktion zu deuten.
Die längste zoomorphe Darstellung der Ebene ist die einhundertachtundachtzig Meter lange Nazca-Schlange. Leider wurden wichtige Einzelheiten des Bildes von der Panamerikana ruiniert, die den Körper des Tieres durchschneidet. Einerseits könnte diese Schlange das dunkle Band der Milchstraße darstellen, andererseits verweist sie durch ihre Nähe zur Nazca-Pyramide womöglich - wie auch der Affe
und die Wale - auf Chichén Itzá, die vom Symbol der gefiederten Schlange beherrschte Maya-Stadt.
Wie der Strahlenkranz und die Spinne, so ist auch der Schwanz der Schlange nach dem Sternbild Orion ausgerichtet.
Es gibt noch mehrere andere Zeichnungen, die sich auf Teile der Maya-Prophezeiung beziehen. An dieser Stelle will ich nur noch unsere Lieblingsfigur erwähnen, die wir den Nazca-Astronauten getauft haben. Während unse res Aufenthalts in der Wüste war die Gegenwart dieses zweitausend Jahre alten außerirdischen Wesen ein tröstlicher Anblick, denn sie erinnerte uns deutlich daran, dass wir uns nicht alleine auf der Suche befanden, zumindest nicht im Geiste. Die eulenhaft anmutende Gestalt eines männlichen Humanoiden ist mit Uniform und Stiefeln ausgestattet und hebt die rechte Hand zu einer Geste, die nur als freundschaftlicher Gruß gedeutet werden kann. Eindeutig abgehoben von der übrigen Botschaft von Nazca, ist der riesige Außerirdische in einen der Hänge gescharrt, als sei er die Signatur des Künstlers am Rande seines Gemäldes.
23. Dezember 1989
Als wir bereits über vier Jahre in der peruanischen Wüste verbracht hatten, beschloss ich, mit Maria und Michael die eindrucksvollste aller alten Zeichnungen zu besuchen, den Dreizack von Paracas. Hundertsechzig Kilometer nördlich von Nazca gelegen, ist diese Figur, oft als El Candelabro oder Anden-Kandelaber bezeichnet, nie öffentlich in Bezug mit den Nazca-Zeichnungen gesetzt worden, obgleich ihre präzise Ausführung, ihre Größe und ihr Alter sie gut als Werk unseres geheimnisvollen Künstlers charakterisieren könnte.
Der Schöpfer des Dreizacks hat sich entschlossen, dieses kolossale Symbol auf einen ganzen Berghang an der Bucht von Paracas zu gravieren. Dargestellt ist ein dreiarmiger Kandelaber, der an den Dreizack des Teufels erinnern würde, wären die nach oben weisenden Spitzen nicht mit blütenblattähnlichen Ornamenten geschmückt. Weil das Bild wesentlich härteren klimatischen Bedingungen ausgesetzt ist als die Zeichnungen von Nazca, ist der Künstler viel intensiver in den Boden eingedrungen und hat die Linien einen ganzen Meter tief in die salzige, krustenähnliche Oberfläche des Berges geritzt. Hundertachtzig Meter lang und fast sechzig Meter breit, ist der Dreizack von Paracas ein nicht zu übersehendes Wahrzeichen.
Ich erinnere mich noch genau an jenen schicksalhaften Dezembertag, an dem wir drei von einem gemieteten Boot aus auf das uralte Symbol blickten. Während sich die untergehende Sonne hinter uns rötete, begann der kristallene Boden des Hanges im schwindenden Licht zu funkeln, sodass der Umriss des Bildes rot aufglühte. Dieser Effekt faszinierte Maria, die sofort vermutete, dass der Dreizack ein Wegweiser war, der den heutigen Menschen zur Wüste von Nazca führen sollte.
Marias Worte ließen mich an den Bogen in St. Louis denken, jene symbolische Brücke zum Herzen der Vereinigten Staaten. Das wollte ich auch gerade sagen, als meine geliebte Frau sich plötzlich vor Schmerzen krümmte und ein qualvolles Wimmern von sich gab. Dann sahen Michael und ich voll namenlosem Schrecken, wie sie bewusstlos auf dem Deck zusammenbrach.
Auszug aus dem Tagebuch von Prof. Julius Gabriel
Vgl. Katalog 1985-90, Seite 31-824
Fotojournal Disketten 8 u. 9, Datei: NAZCA, Fotos 34 u. 56
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13. Dezember 2012 An Bord der USS Boone Golf von Mexiko
4.46 Uhr Als Vizepräsident Ennis Chaney und Marvin Teperman benommen aus dem Sikorsky SH-60B Seahawk
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