2012 - Schatten der Verdammnis
unsere kleinlichen Streitereien ein für allemal beiseite legen und endlich erwachsen werden.«
Der amerikanische Präsident tritt vor seinen Tisch. »Auch ich bin der Meinung, dass es einer drastischen Veränderung bedarf. Die Menschheit kann ihre drohende Selbstzerstörung nicht mehr tolerieren. Es darf auch keinen Unterschied mehr zwischen Reich und Arm geben. Wir müssen unser Wirtschaftssystem so gestalten, dass eine neue Weltordnung entsteht, die den Frieden zum Ziel hat. Präsident Grosny, die Vereinigten Staaten bieten Russland die Hand zur Versöhnung. Sind Sie bereit, sie zu ergreifen?«
Donnernder Beifall erfüllt den Hangar, als Viktor Grosny auf den amerikanischen Präsidenten zugeht und ihn umarmt.
Auch Dominique ist aufgesprungen und klatscht Beifall, Tränen in den Augen. Da sieht sie, dass Mick zum Podium geht.
Es wird still im Raum.
Mick steht vor der Versammlung, die apokalyptische Botschaft auf den Lippen.
»Präsident Chane y ist ein weiser Mann. Die Botschaft, die ich in mir trage, stammt auch von einem weisen Mann, von einem Mann, dessen Schutzschirm uns gerettet hat. Während wir hier politische Debatten führen, wird die Erde klimatisch darauf vorbereitet, eine andere Spezies aufzunehmen. Die Spezies ist unendlich viel älter als wir und denkt weder an Krieg noch an Frieden. Für diesen Feind ist die Erde nicht mehr als ein Brutkasten, zufällig seit zwei Millionen Jahren bewohnt von der Menschheit, die nebenbei beseitigt werden muss.
Egal, ob wir uns hier versöhnen oder nicht, wir dürfen uns nichts vormachen: morgen ist der entscheidende Tag. Beim Morgengrauen wird sich ein kosmisches Tor auftun, ein Tor, das verschlossen werden muss, wenn die Menschheit überleben soll. Gelingt uns das nicht, wird alles, was in diesem Raum gesagt oder getan wird, bedeutungslos sein. Dann sind morgen bei Sonnenuntergang alle Lebewesen auf diesem Planeten tot.«
27
21. Dezember 2012 (4 Ahau, 3 Kankin) An Bord der John C. Stennis
0.47 Uhr Michael Gabriel blickt durch das offene Bullauge der kleinen Privatkabine aufs dunkle Meer hinaus. Er ist zu weit entfernt, um das smaragdgrüne Leuchten zu sehen - der Flugzeugträger ist drei Kilometer östlich des im Meeresboden vergrabenen Raumschiffs stationiert -, aber er spürt irgendwie seine Gegenwart.
»Willst du etwa die ganze Nacht da rausstarren?« Dominique kommt aus dem Bad, nur in ein Handtuch gehüllt. Sie schmiegt den Kopf an seine Brust und legt ihm die Arme um die Hüften.
Er spürt die feuchte Wärme, die von ihrem nackten Körper aufsteigt.
Ihr Fingerspitzen gleiten an seinen Bauchmuskeln hinab. Sie schaut ihm in die dunklen Augen und flüstert: »Komm zu mir.«
Dann hebt sie den Kopf, um ihn zu küssen. Ihre Zunge spielt in seinem Mund, während er sich hastig auszieht. Bald sind beide nackt und umarmen sich wie ein lange getrenntes Liebespaar. All ihre aufgestauten
Emotionen und Ängste verlieren sich in dem Moment, in dem sich ihre Körper miteinander vereinigen. Es ist, als seien sie alleine auf der Welt.
Mick dirigiert Dominique zum Bett und küsst ihren Hals, während sie ihm den Weg zu ihr weist. Sie stöhnt lustvoll auf und schmeckt den Schweiß auf seiner Schulter, als sie sein Gesicht an ihr Brüste zieht und mit den Locken in seinem Nacken spielt.
3.22 Uhr Mick liegt nackt unter dem Laken und lässt zart die Hand über den Rücken von Dominique gleiten. Ihr Kopf ruht an seiner bandagierten Brust. Er blickt an die Decke, völlig erschöpft, weil ihm die Worte des Hüters wie ein Mantra im Kopf kreisen.
Das Tor zu Xibalba Be wird an vier Ahau, drei Kankin sichtbar werden. Nur ein Hunapu kann hindurchgehen. Nur ein Hunapu kann das Böse aus eurem Garten vertreiben...
Dominique bewegt sich und dreht sich auf die Seite. Mick zieht das Laken über sie und schließt die Augen.
Komm zu mir, Michael...
»Was?« Mit wild schlagendem Herzen fährt er hoch und blickt desorientiert um sich. Kalter Schweiß läuft ihm über den Rücken. Schon gut, schon gut, es war nur ein Traum.
Mick lässt sich wieder aufs Bett sinken und wartet mit weit offenen Augen darauf, dass die dämonische Stimme sich wieder erhebt.
Hör auf! Du machst dich nur verrückt. Er lächelt matt. Nach elf Jahren in der Einzelzelle verliere ich jetzt wirklich den Verstand.
Er schließt die Augen.
Weshalb fürchtest du mich, Michael?
»Scheiße!« Er springt auf die Beine wie eine nervöse Katze. Bleib jetzt ganz ruhig. Geh ein bisschen raus, um
einen
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