2012 - Schatten der Verdammnis
können. Mach die Eltern verantwortlich. »Mick, mir scheint, dass Ihre lange Haft - einmal abgesehen von einem isolierten Ausbruch von Gewalttätigkeit - vor allem mit Ihrem fanatischen Glauben an den Weltuntergang zu tun hat. Diesen Glauben teilen Sie mit vielen Millionen Menschen. Wenn Sie sagen, dass die Menschheit zugrunde gehen wird, hört sich das nach einem Glaubenssystem an, das man Ihnen seit der Geburt eingetrichtert hat. Wäre es nicht möglich, dass Ihre Eltern...«
»Meine Eltern waren weder religiöse Fanatiker noch Anhänger des Millenniumswahns. Sie haben ihre Zeit nicht damit vergeudet, unterirdische Bunker zu bauen. Sie haben sich nicht mit Waffen und Proviant versorgt, um für die Apokalypse vorbereitet zu sein. Ebensowenig haben sie an die Wiederkunft Christi oder irgendeines anderen Messias geglaubt, und sie haben auch nicht jeden Diktator mit einem geschmacklosen Schnurrbart beschuldigt, der Antichrist zu sein. Sie waren Archäologen, Dominique, Wissenschaftler, die intelligent genug waren, nicht all jene Zeichen zu ignorieren, die auf eine Katastrophe mit tödlichem Ausgang für unsere ganze Spezies hinweisen. Es ist mir völlig egal, ob Sie die Maya-Prophezeiung als Armageddon oder als Apokalypse bezeichnen, aber holen Sie mich endlich hier raus, damit ich was dagegen tun kann!«
»Immer mit der Ruhe, Mick. Ich weiß, dass Sie frustriert sind, und ich versuche Ihnen zu helfen - und zwar mehr, als Ihnen bewusst ist. Aber um Ihre Entlassung zu erreichen, muss ich eine neue psychiatrische Evaluation beantragen.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Keine Ahnung.«
»Meine Güte...« Er beschleunigt seine Schritte.
»Nehmen wir mal an, Sie würden morgen frei kommen. Was würden Sie tun? Wo würden Sie hinwollen?«
»Nach Chichen Itzá. Die einzige Chance, die wir haben, wenn wir uns retten wollen, besteht darin, einen Zugang zum Inneren der Kukulkan-Pyramide zu finden.«
»Was ist denn in der Pyramide?«
»Ich weiß es nicht. Das weiß niemand. Man hat den Eingang noch nie entdeckt.«
»Aber woher wissen Sie dann...«
»Weil ich spüren kann, dass etwas da ist. Fragen Sie mich nicht, auf welche Weise, ich spüre es einfach. Es ist
so ähnlich, als ob man eine Straße entlanggeht und irgendwie spürt, dass man verfolgt wird.«
»Die Ausschussmitglieder werden etwas Substantielleres als ein Gefühl in die Hand bekommen wollen.«
Mick bleibt stehen und wirft ihr einen verzweifelten Blick zu. »Deshalb hab ich Sie ja gebeten, das Tagebuch meines Vaters zu lesen. Es gibt zwei Bauten in Chichen Itzä, die mit unserer Rettung verbunden sind. Der eine ist der große Ballspielplatz, der genau so ausgerichtet ist, dass er am Datum vier Ahau, drei Kankin einen Spiegel von Xibalba Be, dem dunklen Band der Milchstraße, bilden wird. Der andere ist die Kukulkan-Pyramide, der Schlüssel zur gesamten Prophezeiung. An jeder Tagundnachtgleiche erscheint der Schatten einer Schlange an der Nordseite der Pyramide. Mein Vater war der Ansicht, dieser Effekt sei eine Warnung, die uns Kukulkan hinterlassen hat, also ein Symbol des Unheils, das der Menschheit droht. Der Schatten erscheint genau drei Stunden und zweiundzwanzig Minuten lang, und ebenso lange hat das Funksignal aus dem Weltraum angehalten.«
»Wissen Sie das ganz sicher?« Vergiss nicht, diese Fakten in deinem Bericht zu dokumentieren.
»So sicher, wie ich hier in dieser Zelle vor mich hinfaule.« Er schreitet wieder durch den Raum.
Sie hört das Klicken des Tonbands, das voll ist und sich ausschaltet.
»Dom, da kam noch ein anderer Bericht auf CNN, von dem ich allerdings nur das Ende mitbekommen habe. Es ging um ein Erdbeben auf der Halbinsel Yukatan. Ich muss herausbekommen, was da geschehen ist. Ich muss wissen, ob das Zentrum des Bebens in Chichen Itzä war oder im Golf von Mexiko.«
»Wieso im Golf?«
»Offenbar haben Sie noch nicht mal den Tagebucheintrag über die Karten von Piri Re’is gelesen?«
»Tut mir Leid. Ich hatte ziemlich viel um die Ohren.«
»Mein Gott, Dom, wenn ich Ihr Praktikum betreuen würde, hätte ich Sie längst rausgeschmissen. Piri Re’is war ein berühmter türkischer Admiral, der Ende des vierzehnten Jahrhunderts irgendwie auf eine Sammlung mysteriöser Weltkarten gestoßen ist. Auf der Basis dieser Karten hat er eine Reihe eigener Karten angefertigt, mit deren Hilfe Kolumbus nach Meinung der Historiker den Weg über den Atlantik gefunden haben soll.«
»Moment mal, diese Karten waren
Weitere Kostenlose Bücher