2012 - Schatten der Verdammnis
»Das Zeug wirkt au-βerordentlich schnell.«
Der Oberst nickt zustimmend. »Haut des Patienten ist klamm und fast gelb. An oberen und unteren Gliedmaßen erscheinen schwarze Flecken.« Behutsam betastet Ruetenik mehrere blutunterlaufene Stellen an den Armen des Kranken. »An beiden oberen Gliedmaßen ist Serum ins Gewebe eingedrungen...«
Dr. Juarez hat sich zu seinem Patienten gesetzt, der offenbar aus seiner Erstarrung erwacht. »Bitte bewegen Sie sich nicht, Mr. Ellis. Sie sind in Berührung mit irgendeiner...«
»Mein Kopf! Ich halt es nicht mehr aus!« Der Kranke setzt sich plötzlich auf. Aus beiden Nasenlöchern tropft schwarzes Blut. »Wer, zum Teufel, seid denn ihr? O Gott...« Ohne Vorwarnung schießt gewaltsam eine enorme Menge dickes schwarzes Blut und Gewebe aus dem Mund des Kranken. Der heiße Brei läuft ihm an der Brust entlang und spritzt auf die Hauben der Schutzanzüge von Teperman und der Schwester.
Chaney weicht mehrere Schritte zurück. Der Anblick des schwarzen Auswurfs verursacht einen Würgreflex. Er schluckt den Mageninhalt, der ihm in die Kehle steigt, und wendet sich ab, um seine Fassung wiederzugewinnen.
Die Schwester kniet noch immer vor ihrem Patienten und hält seine Hände fest. Nur ihr Mitgefühl verhindert,
dass sie den Blick von dem entsetzten Gesicht des Sterbenden abwendet.
Der Mann starrt Dr. Juarez und den Oberst aus den schwarzen Löchern seiner Augen an. Sein blutiges Gesicht lässt an einen Zombie denken. Starr sitzt er in aufrechter Haltung da, als habe er Angst, sich zu bewegen. »Es schmilzt da in mir drin«, stöhnt er.
Chaney sieht, wie der Oberkörper des Mannes zu zittern beginnt und sich verkrampft. Mit einem schaurigen Gurgeln tritt wieder der schwarze Auswurf aus, diesmal auch aus den Nasenlöchern und Augen. Er rinnt am Hals des Kranken hinab, gefolgt von einem hellroten Blutstrom.
Dr. Juarez packte die zuckenden Ellbogen des Kranken, dessen Oberkörper von heftigen Krämpfen geschüttelt wird. Chaney schließt die Augen und betet.
Der Arzt und die Schwester lassen die leblose Hülle auf das Feldbett sinken.
Oberst Ruetenik steht über der blutenden Leiche und setzt kühl sein Diktat fort. »Patient ist offenbar an Kreislaufversagen aufgrund heftiger Blutungen gestorben. Marvin, bringen Sie mal die Hutschachtel. Ich will ein paar Döschen mit diesem schwarzen Auswurf füllen und Gewebe- und Organproben entnehmen.«
Ennis Chaney braucht seine ganze Willenskraft, um sich nicht in seine Haube zu erbrechen. Seine Beine zittern sichtbar, während er zusieht, wie Marvin Teperman sich neben den Toten kniet und mehrere kleine Behälter mit dem verseuchten Blut füllt. Die Proben kommen nacheinander in die >Hutschachtel<, einen zylindrischen Isolierbehälter aus gewachster Pappe.
Chaney ist in Schweiß gebadet. Er hat das Gefühl, in seinem Schutzanzug zu ersticken.
Die vier Männer überlassen es der Schwester, den Toten zu reinigen.
Der Oberst zieht Chaney beiseite. »Sir, Mr. Teperman
wird mit Ihnen nach Washington zurückfliegen, um dort eine Analyse dieser Proben durchzuführen. Ich würde gern noch eine Weile hier bleiben. Könnten Sie wohl dafür sorgen...«
»Diego!« Die Schwester taumelt aus dem Isolierzelt und stößt qualvolle Schreie aus. Dr. Juarez packt sie an den Handgelenken.
»Icarajo!« Der Arzt starrt auf einen kleinen Riss am linken Ellbogen ihres Schutzanzugs. Die entblößte Haut zischt. Ein Spritzer des schwarzen Auswurfs, klein wie eine Münze, hat sich durchs Fleisch gefressen und schon fast den Knochen erreicht.
Oberst Ruetenik übergießt den Arm mit dem grünen Desinfektionsmittel.
»Ganz ruhig, Isabel, das war bestimmt noch rechtzeitig!« Dr. Juarez sieht den Vizepräsidenten an. Verzweiflung steht in sein Gesicht geschrieben. In seine Augen treten Tränen. »Meine Frau...«
Chaney spürt, wie seine Kehle sich zusammenzieht, während er in die angstvollen Augen der todgeweihten Frau blickt.
»Diego, schneid mir den Arm ab!«
»Isabel...«
»Diego, es wird das Baby infizieren!«
Erstarrt bleibt Chaney stehen und sieht zu, wie Juarez und Ruetenik die schreiende Frau ins Chirurgiezelt tragen. Dann läuft er davon. Über eine Sanddüne taumelnd, zerrt er an seiner Haube. Er fällt auf die Knie und tastet hektisch nach dem Reißverschluss- an seinem Nacken, während ihm schon die Galle in die Kehle steigt.
»Nein!« Teperman packt Chaney am Handgelenk, als der sich gerade die Haube vom Kopf reißen will. Er übergießt den
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