2012 - Schatten der Verdammnis
hebt sie den Kopf vom Lenkrad. Die ersten Regentropfen klatschen an die Windschutzscheibe. Sie schließt die Augen, während die Gedanken an Iz und Edith und Mick unkontrollierbar durch ihr Hirn kreisen.
»Du schaust müde aus, Kleine...«
»Komm einfach heim...«
Lost in a romance, wilderness of pain...
»Wenn ich nicht hier eingesperrt wäre... glauben Sie... glauben Sie, Sie hätten sich in mich verlieben können?«
And all... the children... are insane,
waiting for the summer rain, yeahhh...
»Vier Ahau, drei Kankin. Sie wissen, welcher Tag das ist,
nicht wahr, Dominique?«
»Glauben Sie an, Gott?«
»Du schaust müde aus, Kleine...«
»Glauben Sie an das Böse?«
There’s danger on the edge of town...
»Sie müssen irgend etwas unternehmen! Der Chicxulub-Krater - die Zeit wird knapp...«
»Du bist auch nur ein Mensch. Du kannst nicht von dir erwarten, die Welt zu retten...«
»Die Zeit wird knapp... und wir werden alle sterben!« »Du kannst nicht von dir erwarten, die Welt zu retten...« »Die Zeit wird knapp...«
Father, I want to kill you...
Dominique sinkt wieder übers Lenkrad. Ihr Schluchzen vermischt sich mit Jim Morrisons schwülstiger Stimme, die vor ödipaler Lust vibriert.
Der Gesang wird sanfter, während die Gitarrenklänge wieder in den Vordergrund treten.
This is the End... beautiful friend,
this is the End... my only friend, the End.
»Keiner von uns hat irgendeinen Einfluss auf die Karten gehabt, die wir in diesem Spiel bekommen haben, aber wir sind voll und ganz dafür verantwortlich, wie wir sie ausspielen.«
Der Motor des Roadsters springt an. Dominique fährt zusammen.
This is the End...
Sie stellt den CD-Spieler ab und wischt sich die Tränen aus den Augen, während der Regen an die Windschutzscheibe trommelt. Dann hebt sie den Kopf und betrachtet ihr Bild im Rückspiegel.
Spiel deine Karten aus.
Mehrere Minuten lang blickt sie starr vor sich hin.
Entschlossenheit tritt an die Stelle ihres Kummers, während ihr ein Plan durch den Kopf schießt. Dann schaltet sie das Autotelefon ein und wählt die Nummer von Rabbi Steinberg.
»Ich bin’s. Nein, ich stehe noch drunten. Ich muss noch was Wichtiges erledigen, bevor ich nach Sanibel fahre, aber dazu brauche ich deine Hilfe.«
14
25. November 2012 Miami, Florida
21.54 Uhr Der schwarze Pronto Spyder biegt nach rechts in die Twenty-third Street ein, wendet und parkt vor einem Telefonmasten am Bordstein, gleich neben der sechs Meter hohen, grell weißen Betonmauer. Die Seitenstraße, die an der Nordseite der Anstalt entlangläuft, führt noch zwei Blocks weiter nach Westen, wo sie an einer verwaisten Baumwollspinnerei endet. Wie viele Straßen des verwahrlosten Viertels ist sie verlassen, nur ein Dodge-Van parkt am anderen Ende des Blocks.
Dominique steigt aus dem Wagen. Adrenalin schießt durch ihre Adern. Sie öffnet den Kofferraum, vergewissert sich, dass niemand zu sehen ist, und holt ein fünfzehn Meter langes und eineinhalb Zentimeter dickes Nylonseil heraus. Dann bückt sie sich, als wolle sie ihren rechten Hinterreifen inspizieren, bindet ein Ende des Seils an den Fuß des Telefonmasts und wendet sich wieder dem Kofferraum zu.
Sie öffnet einen großen Pappkarton und entnimmt ihm einen ferngesteuerten Modellhubschrauber, an dessen kleinem Fahrgestell ein mechanischer Greifer hängt.
Dominique legt den Knoten am losen Seilende zwischen die Zangen des Greifers und schließt ihn.
Okay, jetzt muss ich aufpassen. Das Seil darf sich nicht im Stacheldraht verfangen.
Sie schaltet den batteriebetriebenen Motor des Miniaturhubschraubers ein und zuckt zusammen, als sich die Rotoren mit einem lauten, hohen Jaulen zu drehen beginnen. Das Fluggerät hebt ab und schwankt bedenklich hin und her, während es das Nylonseil anhebt. Dominique lässt es steil in die Höhe steigen, bis das Seilende sich über die Mauerkrone erhebt.
Behutsam...
Mit dem Steuerhebel lässt sie den Hubschrauber über die Mauer schweben. Als er über dem Hof der Anstalt steht, öffnet sie den Greifer und lässt das Seil los.
Der befreite Knoten fällt zu Boden, während das Seil zwischen den Stacheldrahtrollen auf die Mauerkrone gleitet.
Geschafft. Weg mit dir! Dominique legt den Steuerhebel ganz nach rechts. Der Modellhubschrauber rast auf die Baumwollspinnerei am Ende der Straße zu und verschwindet über dem Dach des verlassenen Gebäudes. Sie schaltet die Fernsteuerung aus und hört in der Ferne das verräterische Geräusch von
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