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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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standen am Westrand des Hofes: 24-Fichte, also Trainer Putzibär, der den Part meines halach ayadoj übernahm, dem Gegenstück zu meinem Paten, und ein älterer Harpyienadler namens 4-Zaunkönig, den ich als Ersatzvater adoptiert hatte. Um Putzi hatte ich gebeten, als ich hörte, dass er während der Schlacht nicht gänzlich getötet worden war, und er und ich standen uns wieder ziemlich nahe. Zaunkönig entlockte mir weniger Entzücken, doch Koh war nicht davon abzubringen gewesen, dass dieser Bursche dynastisch und politisch gesehen die einzige denkbare Möglichkeit verkörperte. Unser Hauptproblem bestand nun in der Legitimierung. Wie auch immer, die Rollen der Sponsoren waren rein zeremonieller Natur. Ältere mussten als Vermittler und Ersatzeltern bei den Heiratsverhandlungen zugegen sein, die eigentlich vor Braut und Bräutigam geheim gehalten werden mussten – aber in diesem Fall zog natürlich Koh sämtliche Fäden.
    Wir sechs verließen den Hof durch die Westtür, folgten einer Gasse zwischen hohen, gitterförmig durchbrochenen Mauern und stiegen einen gefegten und mit roten Federn bestreuten Weg hinunter zu den landetreppenähnlichen Stufen, die zum kanalisierten See führten. Gardisten in schwarzer Nachtangriffsbemalung hielten auf beiden Seiten mit uns Schritt. Vor und hinter uns waren weitere von ihnen; sie waren Teil eines rotierenden Kommandos von sechzig Rassler-Geblüten. Da sie nicht zum offiziellen Gefolge gehörten, mussten sie uns aus der Entfernung schützen, aber wir hatten ihnen höchste Wachsamkeit befohlen. Die Schnupfer- und Ara-Sippen und ihre Abhängigen waren wie immer voller Groll, und in den verbliebenen Ozelot-Abhängigen kochte mörderische Wut, ungeachtet aller Beilegungseide, die sie geschworen hatten. Na ja, was auch immer, darum kümmern wir uns ja heute Abend, überlegte ich. Und wenn es ihnen nicht passt, steht ihnen eben noch eine weitere kleine Säuberung bevor. Ich hing immer mehr den Sieben Grundregeln für Hocheffiziente Stalinisten an. Und Regel Nummer 1 lautete: »Erst liquidieren, dann verhören.«
    Die Rassler hatten die Schwimmbrücke zu den besetzten Ozelot-Gebäuden und dem Ballplatzbezirk instand gesetzt. Zehn unserer finsteren Gardisten überquerten sie nun und stellten sich längs der Brücke auf, ehe wir auf das knarrende Holz traten. Wir gingen in Einzelreihe, zuerst der sogenannte Pate, dann mein sogenannter Vater, danach ich, dann meine zwei Kostümierer, dann Zur Linken, mein Hochzeitssymposiarch, und schließlich ein Schläger, der eine gedämpfte Wassertrommel so leise schlug, dass man es kaum hörte, denn die Prozession zum Haus der Brautfamilie war angeblich geheim, tatsächlich aber wusste natürlich jeder in der Stadt davon.
    Von hier konnte man die Halbinsel nicht sehen, die den ixianischen Tempelbezirk mit den Bergen verband; die dicht stehenden Mulob’, mit Wachfeuern gesprenkelt, wirkten im kalten Nebel alterslos und reserviert, fast wie die Insel Mont Saint-Michel. Am anderen Ende der Brücke erkannten wir schemenhaft das jüngst vergrößerte Rassler-Haus, das unmittelbar nördlich des Mattenpalasts auf Ozelot-Land errichtet worden war. Der Himmel und sein Spiegelbild hatten ein transparentes Preußischblau angenommen, und Ketten von Präriebussarden zogen genau nach Terminplan darüber hinweg. Ein Fischadler tauchte links von uns ins Wasser und verschwand fast ohne einen Spritzer. Ich hatte schon Angst, er würde nicht wieder auftauchen, doch dann kehrte er mit einem großen zappelnden Wels in den Krallen zurück an die Wasseroberfläche und flog schwer beladen Richtung Ufer. Hätte der Fisch ihn nach unten gezerrt, wäre es wahrscheinlich allgemein als ein so schlechtes Omen erachtet worden, dass man die ganze Sache abgeblasen hätte. Gestern hatte einer von Kohs Spionen berichtet, dass einige Schnupfer-Geblüte von der Hochzeit gehört hätten und entschlossen seien, sie zu verhindern. Sie hatten hinter mehreren »kleinen Störungen« gesteckt, oder wie immer man den Widerstand gegen die »Staatsgewalt« oder die Bandenunruhen nennen will, die sich in den letzten zehn Tagen ereignet hatten und trotz oder vielleicht auch wegen Kohs Todeskommandos immer gewalttätiger wurden. Deshalb waren alle ein bisschen angespannt.
    Mitten auf der Brücke trafen wir den Spion. Er näherte sich uns auf zwanzig Schritte, fuhr herum und rannte zum Rassler-Haus zurück, um Kohs Verwandte zu warnen. Sein Auftritt gehörte natürlich zum Schauspiel und war von

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