2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
paar kleinere Mordanschläge und Exilierungen erfordert. Aber Koh hätte niemals etwas als schwierig bezeichnet. Sie stellte einen immer vor vollendete Tatsachen. Selbst wie sie nach der ersten Schlacht aus Ix verschwunden und zu ihrem Heer zurückgekehrt war, bekam ich kaum aus ihr heraus, ganz zu schweigen von zehntausend anderen Dingen. Bei ihrem Verschwinden hatte sie sich offenbar »unter den Schutz der Ozelots« begeben, also gefangen nehmen lassen. Nach2-Juwelenbesetzter-Schädels Sieg hatte sie sich ihre Freiheit erkauft, indem sie ihm das Tzam lic und die Apparaturen übergab sowie zwei Gefangene, von denen er glaubte, sie seien die Skorpion-Addierer aus dem Puma-Haus von Tamoanat. Das Geschäft trug wahrscheinlich dazu bei, dass 2 JS seine eigenen Möglichkeiten überschätzte; auf jeden Fall kostete es die Ozelots von Ix eine Trumpfkarte. Doch irgendwann, nachdem Koh wieder zu 1-Gila gestoßen war, fand 2 JS wohl heraus, dass die angeblichen Skorpion-Addierer nur Hochstapler waren. Jedenfalls sandte er Leute aus, die Koh töten sollten. Doch es gelang ihr, den Mordkommandos auszuweichen, denen zwei ihrer Doubles zum Opfer fielen, bis sie von der schlechten Lage in Ix hörten und aufgaben.
Aber während der zweiten Schlacht um Ix – »nachdem 2-Juwelenbesetzter-Schädels kurze Herrschaft in einem halluzinogentrunkenen Gelage zusammenbrach«, wie ich es formulieren möchte – musste Koh die beiden echten Skorpion-Addierer doch noch an 2 JS übergeben, um mich herauszuhauen. Sie musste natürlich auch ihn ziehen lassen, und er hatte die beiden vermutlich auf den Rückzug mitgenommen. Seine Streitmacht bestand nach Kohs Worten aus nur etwa acht Zwanzigschaften Geblüte. Ich ging davon aus, dass Koh die Herstellung des Tzam lics dennoch gemeistert hatte und die beiden Addierer nicht mehr brauchte.
Ich fühlte mich keineswegs wie ein Bauer beim Schach, sondern als Wertsache. Dennoch, Koh hatte ihren Teil der Abmachung eingehalten und mich herausgehauen, und das bedeutete eine ganze Menge, auch wenn ich nur ein Werkzeug in ihrem Plan war, sich als Herrscherin zu etablieren. Es veranlasste mich, über meine Lage nachzudenken, über das, was geschah und vor der Bewusstseinsübertragung geschehen war. Ich schaute zu den immer länger werdenden Rissen im frischen Gips hoch, blätterte durch die Bilder meines Lebens und versuchte an Dinge zu denken, die mich von meinem juckenden Beinstumpf ablenkten.
Ich fragte Koh, wohin 2-Juwelenbesetzter-Schädel ihrer Meinung nach gezogen sei. Ohne direkt darauf zu antworten – viele hier hatten die nervtötende Angewohnheit, eine Frage nicht zu beantworten,sondern nur zu kommentieren –, sagte sie, sie halte es für möglich, ihn wieder gefangen zu nehmen, denn ihn verfolgten Leute. Ich nahm an, damit meinte sie die Karakara-Sippe von Teotihuacán, die sie zusammen mit allen anderen hierher eingeladen hatte. Wahrscheinlich hatte sie schon damals auf der Mul in Teotihuacán, als sie mit 3-Kralle sprach, ohne dass ich hören konnte, was sie redeten, diese Abmachung getroffen: Falls sie die Herrschaft erlangte, würde sie der Karakara-Sippe von Teotihuacán helfen, ins ixianische Gebiet zu expandieren, indem sie ihren Anführern ehemaliges Ozelot-Land übertrug – unter der Bedingung, dass man ihr 2-Juwelenbesetzter-Schädel übergab. Vermutlich hatte sie die Karakaras überzeugt, dass er ohnehin eine Gefahr für deren Haus darstelle.
Was in gewisser Weise ja auch stimmte. Zumindest war 2 JS unberechenbar. Letzten Endes hatte er zu viel von einer feigen Katze. Er überdachte neue Informationen nicht weit genug und wurde mit verschiedenen Paradoxa nicht fertig, die mein Bewusstsein in ihn gebracht hatte. Es war wirklich kein Wunder, dass er völlig durcheinander war und kaum noch wusste, was er tat.
Koh war neugierig und wissbegierig. Von Geschichte bekam sie nie genug. Immer wieder ließ sie mich die Daten und Ereignisse der Eroberung abspulen, bis sie sie selbst rezitieren konnte, was sie mit einer Art morbider Freude bei jeder Gelegenheit auch tat. Ihr Leben lang war sie dazu ausgebildet worden, wenigstens einen kurzen Blick auf die Zukunft zu erhaschen, doch so gut sie darin auch sein mochte, war es für sie bestenfalls so, als hätte man ihr die Augen verbunden und gäbe ihr zehn Schläge Zeit, sich durch eine Kathedrale hindurchzutasten. Jetzt war plötzlich jemand da, der die Zukunft gesehen hatte. Koh faszinierte die Vorstellung einer Zeit, in der die Frauen
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