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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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anderen Jed dachte – den Jed, den wir Jed 1 nennen –, betrachtete ich ihn nicht gerade als Volltrottel, aber doch als Naivling mit mehr Glück als Verstand, der Scheiße nicht von Schuhcreme unterscheiden konnte. Und diese Entfremdung würde weitergehen.
    »Und welches Ansinnen führt dich in diese peinvolle Wildnis?«, fragte Maximón.
    »Ich bin gekommen, um eine Botschaft in die Erdkrötin zu pflanzen«, sagte ich.
    »Für deine n’aax caan « – der Ausdruck hieß in etwa »Lieblingsdomina« oder »Weicheier peitschende Prostituierte« – »im letzten B’ak’tun.«
    Ich nickte. Sollte ich ihm etwas anbieten?, überlegte ich. Was hatten wir denn bei uns? Wir hatten Jadefaustkeile, die ungefähr sechshundert erwachsene männliche Sklaven wert waren, nur für den Fall, dass wir uns aus irgendeiner Klemme freikaufen mussten, aber ich bezweifelte, ob er sie haben wollte.
    »Deine Marena, tía buena « , sagte er und schmatzte einmal mit den Lippen.
    Ich nickte nur. Woher wusste er davon? Na ja, ich nahm an, er wusste vieles. Nicht alles, so wie Jehova, aber trotzdem eine Menge. Mit Frauen durfte man den Kerl jedenfalls nicht allein lassen. Ich erinnerte mich an eine Geschichte, die meine Mutter mir erzählt hatte, als ich ungefähr sechs Jahre alt war. Als ihr Großvater noch jung gewesen war, waren eines Tages alle Männer aus ihrer Heimatstadt in Honduras in den Krieg gezogen, um die Spanier zu vertreiben. Sie ließen Maximón zurück, damit er die Frauen beschützte, aber als die Männer wiederkamen, waren sämtliche Frauen schwanger. Die Männer häuteten Maximón bei lebendigem Leib und hängten seine Haut an einem Affenschwanzbaum auf. Die Frauen waren darüber so untröstlich, dass sie die Männer zwangen, sein Bildnis in der Kirche aufzustellen. Und er blieb sowieso nicht sehr lange tot.
    »Du brauchst also ein stilles Plätzchen«, sagte Maximón.
    »Ja.«
    »Still für wie lange?«
    »Ungefähr vier B’ak’tunob’«, antwortete ich. Gut vierzehnhundert Jahre.
    Er hob den Kopf und blickte beiläufig über seine linke Schulter nach Westen, wo ganz schwach ein orangefarbener Schmierstreifen zu sehen war. Es war nicht die Sonne, sondern die Reflexion von Coixtlahuaca, die nächstgelegene der Hunderte von Städten, die aus Sympathie für die zerstörte Hauptstadt Teotihuacán in Flammen standen. Frau Kohs Karawane befand sich zwischen uns und der Stadt, fast ein halbes k’intaak zurück – eine Jornada, eine Tagesreise. Wir konnten nicht viel weiter ziehen, wenn wir zurückkehren und vor Sonnenaufgang wieder zu ihr stoßen wollten. Und wir konnten nicht offen im Tageslicht herumlaufen, auch wenn es so dunkel war wie in der Dämmerung. Irgendwo lebten noch immer irgendwelche Bauerntölpel, die uns entdecken würden, und die Nachricht gelangte dann rasch zu einem Kriegstrupp der Puma-Sippe. Wenn sie uns erwischten, machten sie sich Tangas aus unseren Eingeweiden. Andererseits, wenn die Sachen dreizehneinhalb Jahrhunderte überdauern sollten, bis Marena sie ausgrub, mussten sie irgendwo liegen, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten. Verdammt, verdimmt, verdummt.
    »Lllll«, machte Maximón. Er zog wieder an der Zigarre und blies eine Rauchschlange aus, die ich in der förmlichen, archaischen Maya-Schrift las als: »So versuche es droben.« Er wies mit der Lippe nach Norden auf einen Zwillingstafelberg. »Niemand wagt sich dorthin.« Er benutzte eine unbestimmte Verlaufsform, die nicht jetzt, nicht früher und nicht jemals bedeutete. »Selbst unser Großer Vater Rucan-400-Wirbelnd« – das war der nach Osten ziehende Sturmwind – »mag dort nicht tanzen.«
    »Buen consejo. Vielen Dank, Señor.«
    »No problemo« , sagte er. Diesmal sprach er es aus, auf Spanisch. Die knappe Antwort bedeutete, dass er das Gespräch als beendet betrachtete, aber ich zögerte.
    »Ja?«, fragte er ein wenig ungeduldig.
    »Ich … ich habe mich gefragt, ob dir weiter die Straße hinunter etwas aufgefallen ist.«
    »Du meinst die Straße nach Ix?«
    »Nun …«, sagte ich.
    Mich beschlich das Gefühl, dass er die Antwort genau kannte und mir die Frage nur stellte, um zu sehen, wie aufrichtig ich war oder wie ich mein Tun rechtfertigte.
    »Ja.« Eigentlich sollte es ein Geheimnis bleiben – das heißt, dass wir die Menschen nach Ix führen würden, sobald wir das Tiefland erreichten, und nicht nach Palenque, wie Koh hatte verbreiten lassen.
    »Du solltest die Augen nach den Pumas und den übrigen Rudeln offen

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