Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
Vom Netzwerk:
selbst nicht verstanden –, dass ich und die anderen Harpyien-Geblüte aus dem ausgesandten Trupp zusammen mit Frau Koh und einer kleinen Eskorte aus Rassler-Geblüten geehrt wären, uns das Hüftball-Großspiel anschauen zu dürfen, das in Ix an 12 Kan, 12 Xul veranstaltet wurde, also 4 Haus, 11 Weiße, oder am 25. Mai, in siebzehn Tagen. Sie würden allerdings kein Wort über die Große Wanderung verlieren. Davon werde 2 JS mittlerweile ohnehin gehört haben, sagte Koh. Wenn wir ihn darauf aufmerksam machten, stände nur die Frage im Raum, was wir mit den Leuten anfangen wollten. Was, wenn es Koh nicht gelang, die strahlende Stadt auf dem Berg zu gründen, und wenn wir als hungrige Meute vor Ix’ Toren standen?
    Ich ging zu den langen, schmalen Toboggans der Ball-Bruderschaft – aus irgendeinem Grund wurden sie heute von vier Wachhunden gezogen und nicht von zwei Leibeigenen – und haute mich zwischen meinen Mannschaftskameraden aufs Ohr. Das war Männerkuscheln von einer Sorte, die mich als Jed 1 entsetzt hätte. Während der Nacht schleppte sich der Zug weiter. Was ich für niedrig stehende Sterne hinter dem Rauch gehalten hatte, erwies sich als Scheiterhaufen in den Hügeln, die sich unsichtbar zu beiden Seiten des Weges erhoben. Kurz vor dem nächsten Sonnenaufgang wurde Alarm geschlagen. Um uns waren ständig haarlose Hunde, die andauernd bellten, jaulten und jippten, aber wir hörten die Stimmen der echten Wachhunde heraus; wenn deren Tonlage schriller wurde, hieß das, wir wurden angegriffen. Die Teotihuacáner waren vor uns, genau wie Frau Koh es gesagt hatte, aber irgendwie war es ihnen gelungen, zwei Zwanzigschaften unserer Wegbereiter aus dem Hinterhalt zu überfallen, und nun waren sie uns näher, als wir es eingeplant hatten. Vor mir erteilte Koh erste codierte Befehle. Gürteltierschiss streifte meine Arm- und Beinmanschettenund andere Rangabzeichen ab und wickelte mich ein, als wäre ich ein Ältester aus einer niederen Sippe. Meine Manta wirkte normal, bestand jedoch aus gesteppter Baumwolle, die mit Sand gefüllt war, und hielt wirksam die meisten geschleuderten Geschosse auf. Natürlich hatte Koh mir das Kämpfen verboten, doch aus einem unerfindlichen Grund wollte ich unbedingt Blut an die Hände bekommen – vielleicht war es ein emotionales Überbleibsel von Schakal.
    Widerstehe dem Drang, sagte ich mir. Spielt doch keine Rolle, stimmt’s? Wieso denn auch? Besser, ich empfand nichts für diese Menschen. Die ich bekämpfe, hass ich nicht, dachte ich. Die ich beschütze, lieb ich nicht. Na, vielleicht doch.
    Von weiter vorn waren bereits das Stöhnen langer Schwirrhölzer, Grunzen und gelegentliches Gebrüll zu hören. Dann ertönte ein weiterer schriller Laut, als würden Kinder durch Megafone schreien. Das Geräusch ist schwer zu beschreiben; es klang wie Katzen in einer Falle, oder wie ein Dudelsack, wobei ich mich fragte, ob Dudelsäcke nicht erst erfunden werden müssten, ehe man sie nachahmen konnte. Abgetrennte Rechte Hand folterte einige seiner jüngsten Gefangenen. Dann hörte man in der letzten Dunkelheit das Klirren von Feuersteinspitzen wie kleine Glocken aus Stein, das kaum vernehmliche Klicken, mit dem Geschosse die Speerschleudern verließen, und das Zischen und Fauchen, mit dem die ersten Brandspeere einschlugen. Die Linie roch immer mehr wie eine gewaltige Latrinengrube. Hinzu kam der Gestank nach Erbrochenem und nach Chili-Rauch. So ist es in jeder Schlacht. Jaguar-Skorpion-Schlachtrufe gellten auf, und die Rassler-Geblüte schrien einander codierte Anweisungen zu. Wir hatten eigene Schlachtrufe, aber ich habe nie etwas gehört, das auch nur in die Nähe des Geheuls kam, das die Präriestämme in den alten Westernfilmen ausstoßen.
    Im nächsten Moment hob eines der Harpyien-Geblüte, die mich abschirmten, die Hand ans Gesicht und zog sich einen dünnen Blasrohrpfeil aus dem Auge. Der Pfeil sah aus wie ein langer geblümter Dorn, der sich in die Unendlichkeit streckte. Selbst in dem schwachen Feuerschein, der von dem Dach aus Rauch zurückgeworfen wurde, erkannte ich, dass um die Spitze ein Fetzen schwarz-gelb gestreifter Haut eines Oophaga histrionicas gewickelt war, eines Baumsteigerfrosches. Ich beherrschte mich und zuckte nicht zusammen. Vor diesen Leuten ließ man sich nichts anmerken.
    Wir kauerten uns unter die erhobenen Schilde und wichen in die Masse der Rassler-Geblüte hinter uns zurück. Das Geblüt, das getroffen worden war, löste sich aus der Gruppe,

Weitere Kostenlose Bücher