2013 - Sternenvogels Geheimnis
Zärtlichkeit, gedehnte Zeit und die Wohltat vieler Stunden außerhalb des Gefüges des täglichen Lebens. Der Autopilot klinkte sich in den Landestrahl ein und sank langsam schräg abwärts. Stationäre und schwebende Scheinwerfer und Detektoren, die ebenso im Infrarot, in Wärmestrahlung wie im Ultraviolett arbeiteten, beleuchteten den Klotz des Gefängnisses, eine geschwärzte Arkonstahlkonstruktion von schwer zu überbietender Brutalität.
Der scheibenförmige Koloß schien den Angriff eines Schwarzen Lochs unbeschadet überstehen zu können. Der Gleiter schwebte auf eine beleuchtete Kanzel zu, die knapp unterhalb der Oberkante aus der Wandung hervorwuchs. „Oh, grausame Galaxis!" stöhnte Akellm, beide Hände an der Steuerung. „Lieber qualvoll gestorben als hier zwischengelagert!"
Die Geschwindigkeit des Gleiters verringerte sich abermals. Auf dem scheibenförmigen dunklen Gefängnisbau, der zwanzig Meter über dem eiskalten Sand der Tundra schwebte, sah Akellm mildes Licht hinter großen Fensterelementen. Jetzt schalteten sich zusätzliche indirekte Beleuchtungskörper der Gleiterplattform ein, auf der vier Maschinen standen. Es waren schwere, gepanzerte, dunkelgraue Konstruktionen mit Projektoren mittelschwerer Bewaffnung und ein großes, strahlend weißes Gefährt, Endras Gleiter.
Weich wie eine Handvoll Schneeflocken setzte Akellms Maschine auf. Ein Pfad aus beheiztem Belag, nur indirekt ausgeleuchtet, erstreckte sich bis zu einer würfelförmigen Schleusenanlage.
Akellm zog den Mantel an, desaktivierte die Nebenaggregate des Gleiters. Er schaltete ein spezielles Aufnahmegerät ein und schob es unter den Sitz. Dann hob er die Tasche auf, kletterte ins Freie und erschauerte in der feuchten Kälte, die auf ihn eindrang. Vierzig Schritte brachten ihn zur halbtransparenten Schleuse, in der sechs schwere, voll aktivierte Kampfrobots die Ecken ausfüllten, ihn aus glühenden Linsen anstarrten, Zischend schloß sich die äußere Schleusentür, die innere summte zur Seite und in die Höhe. Ein breiter, kurzer Korridor, an dessen Wänden Hologramme in zarten Farbmustern leuchteten, lag vor ihm. Es roch nach kühler, guter Luft, die mehr als einen Hauch von Endras Parfüm trug. Der Korridor beschrieb einen Halbkreis, an dessen Ende eine Stahlplatte zur Seite summte. Wieder passierte Akellm eine Reihe bewegungsloser Roboter. Jeder zweite war desaktiviert. Insgesamt elf Sicherheitsschotten, Gitter und blinde Endungen unterbrachen den aufwärts führenden Metallschacht, dessen Decke und Wände mit Sicherheitseinrichtungen gespickt waren.
Akellm blieb vor einem mechanischen Lift stehen. Die Türen waren geöffnet; es gab keine Stockwerksanzeigen, keine sichtbaren Bedienungselemente. Als Akellm die gepanzerte Kabine betrat, schlössen sich die Stahlplatten, und die Kabine bewegte sich aufwärts. „Ein Besucher, der es nicht besser weiß, könnte denken, daß hier nur Roboter eingekerkert sind."
Akellm hob die Schultern. „Ein verlassenes Gefängnis."
Die Kabine hielt an, die Türen glitten auseinander, warme Luft schlug Akellm entgegen. Akellm machte einige Schritte in einen kreisförmigen Raum hinein, an dessen Wänden blühende und grünende Pflanzen wucherten. Endra stand da, in einem halb durchscheinenden weißen Hosenanzug, mit aufgestecktem Haar, unsicher und schön, mit erwartungsvollem Gesichtsausdruck. „Ich bin nicht beschossen worden." Akellm ließ die Tasche zu Boden sinken, nahm Endra in die Arme und flüsterte: „Hundert Jahre oder mehr habe ich mich auf diesen Augenblick gefreut."
Sie löste sich von ihm, hob die Hand und hielt die Finger vor seine Augen. „Alle meine Fingernägel hab' ich bis zum ersten Glied abgeknabbert. Willkommen, Akellm, in meinem warmen Gefängnis, in der goldenen Höhle meines Alleinseins."
Er küßte sie und erwiderte nichts. Sie zog ihn mit sich und trat wenige Schritte zurück, das Schott summte in die fauchenden Widerlager. Nach wenigen Schritten sagte sie lächelnd: „Erschrick bitte nicht vor Arbtan, dem Harshan, einem eifersüchtigen Magnopardh."
„Keineswegs", murmelte Akellm. „Ich erwürge täglich ein viertel Dutzend von ihnen."
Hinter einer gläsernen Doppeltür grollte ein Raubtier. Endra lachte in gelöster Fröhlichkeit. Drei Stufen, eine kurze Rampe, abermals ein Schott, dann ein schwerer Vorhang aus kostbarem Stoff.
Akellm befand sich in einem riesigen Wohnraum, in dem die Pracht hoher Teppiche, herrlicher Bilder, aufsehenerregender Hologramme
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