2013 - Sternenvogels Geheimnis
nichts Besseres zu tun!"
Hier las sie den Beweis: Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hatte sie nahezu täglich eine Routinekontrolle durchgeführt; ein einziger Tag war ohne Test geblieben. Endra stützte das Kinn in die Handfläche und blickte Ziffern und Zahlen an. Die bunten Schrifttypen des Holoschirms verschwammen vor ihren Augen, ihr Blick irrte ab und heftete sich auf Akellms Holo.
Positronische Chips, erinnerte sie sich, waren in der Galaxis und erst recht im Einflußgebiet Arkons ein abwegig teures Mangelgut. Seit das Korragische Virus überall in der Milchstraße zuschlug und die Syntroniken störte, waren die guten alten Positroniken wieder bedeutsam geworden. Es hieß, die Fabriken liefen auf höchsten Touren und in drei Schichten, um Imperator Bostichs wachsende Kriegsflotte auszurüsten. Bis das Golkana-Gefängnis mit den kostbaren Bauteilen aufgerüstet wurde, verging wohl noch einige Zeit.
Die Arbeitszeit am Terminal vor drei Nächten hatte nur siebzehn Minuten betragen. Zu diesem Zeitpunkt war Akellm hiergewesen.
Hatte sie davor pflichtbewußt ihre Kontrollen durchgeführt? Natürlich, was sonst? Ihr Pflichtbewußtsein war stark ausgeprägt, ihre Zuverlässigkeit nicht weniger. Aber ... sie erinnerte sich nicht.
Eisige Kälte kroch lähmend in ihre Gelenke. Sie fühlte, wie ihr Gesicht blutleer wurde. Ihre Gedanken rasten; sie zwang sich, in der Erinnerung zurückzugehen, und rief das Geschehen einer jeden Minute bis zu seinem Eintreffen ah.
Wann? Nachts! Welche Uhrzeit? Sie verglich die Zeitangaben mit ihrer Erinnerung: Wenn sie nicht einem furchtbaren Irrtum unterlag, war sie in dieser halben Stunde in Akellms Armen gelegen.
Sie keuchte: „Aufzeichnung vorspielen!"
Das Mikro des Terminals modifizierte ihren Sprachbefehl. Das Bild im Projektor wechselte. Im Büroraum, den das Terminal halb ausfüllte, waren Batterien von Kameras und Sensoren eingebaut.
Die Kameras hatten ihr Bild aufgenommen, der Rechner reproduzierte es gestochen scharf und deutlich: Sie kam herein, näherte sich dem Terminal, setzte sich und begann zu arbeiten wie an jedem Tag. Siebzehn Minuten lang, wie die Uhren bewiesen. Dennoch: Irgend etwas war falsch. „Bildsequenz anhalten!" Der Wein schmeckte plötzlich schal. Ihr Pulsschlag hämmerte bis in die Schläfen. Ein Verdacht, noch unerklärbar, kroch durch ihre Gedanken und schien sie zu lahmen. „Ich habe mit ihm geschlafen", sagte sie leise, stockend, „neben ihm, in meinem Bett. Wäre mir, während er schlief, eingefallen, das versäumte Pensum nachzuholen, würde ich einen Bademantel, das Nachthemd oder einen Hausanzug getra..."
In der Holodokumentation trug sie die verführerische Kleidung, in der sie Akellm am zweiten Abend empfangen hatte. „Was habe ich bearbeitet? Das Muster sollte ähnlich dem aller anderen sein." Sie rief: „Spiel mir jede einzelne Schaltung vor, die ich betätigt habe! Schnelldurchgang!"
Datenmengen wisperten durch den Rechner. Riesige rotgelbe Lettern blinkten dreidimensional auf allen Holomonitoren: AUFZEICHNUNG GELÖSCHT!
Ihre Finger glitten von den Tasten. Sie warf einen langen Blick auf die gekrümmte Wand voller Holoschirme und flüsterte: „Gelöscht? Ich habe noch nie meinen Tätigkeitsnachweis gelöscht!"
Sie versuchte mit allen Hilfen, Ersatzprogrammen, Tricks und Not-Backups, zu erfahren, was sie anscheinend oder scheinbar getan hatte. Der erste Versuch scheiterte ebenso wie alle anderen und der letzte, den sie, halb erschöpft, in Schweiß gebadet, eineinhalb Stunden später versuchte. Kalte Panik überflutete sie: Die Inhalte ihrer vorgeblichen Arbeitssitzung konnte sie deshalb nicht mehr ansehen, weil sie für alle Ewigkeiten gelöscht schienen; sie verfügte nicht über das Wissen, solch eine Löschung bewußt herbeizuführen. Bewußt...?
Sie lehnte sich zurück, schloß die Augen und begann mit heiserer Stimme aufzuzählen: „Ich habe in dieser Nacht das Büro nicht betreten. Akellm war seit dem frühen Abend bei mir. Wir waren in der Schwimmhalle, im Wohnraum und meistens im Schlafraum."
Sie warf seinem Bild einen langen, gequälten Blick zu, als wisse er die Antwort. Das vergangene Geschehen zog rasend schnell an ihrem inneren Auge vorbei. „Noch nie in meinem Leben bin ich im Schlaf umhergegangen. Ich habe keine Drogen genommen, kein Schlafmittel, war nicht betrunken ... nur diese herrliche Massage Akellms, der neben mir schlief..."
Sie tippte mit dem Finger an ihre Stirn und erinnerte sich an die vielen
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