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2015 - Mein Freund der Tod

Titel: 2015 - Mein Freund der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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aber wirklich sicher war ich mir dessen nicht.
    Yomanril bewegte meine Aufforderung nicht. Seiner Miene entnahm ich, daß er auf meinen Tod wartete. Womöglich stand mein Ableben für den Folterknecht schon in allen Einzelheiten fest. „Wie willst du es wirklich machen?" fragte ich leise. „Wer hat die infinite Todesstrafe gegen mich verhängt? Bestich, dieses Scheusal, oder ein ordentliches Gericht? In meiner Abwesenheit? Nennt Arkon so etwas ein faires Verfahren?"
    „Dein Kopf im Tausch gegen die solare Verteidigungsstrategie", erinnerte er. „Lieber sterbe ich." Ich lachte heiser, aber sonderlich wohl fühlte ich mich dabei nicht. „Niemand sucht freiwillig den Tod."
    Aus den Augenwinkeln heraus hatte ich auf einer Konsole neben dem Bett ein medizinisches Gerät entdeckt, eine Art Sonde oder Kanüle, auf jeden Fall schien es sich um eine dünne und stabile Röhre zu handeln.
    Tief atmete ich ein. „Eins ist gewiß, Yomanril", sagte ich leise, „die Genugtuung, Reginald Bull getötet zu haben, überlasse ich dir nicht. Eher lege ich selbst Hand an mich."
    Mit der Rechten wischte ich über meinen nackten Oberkörper und fegte die Funksensoren zur Seite.
    Zugleich drehte ich mich halb auf die Seite und griff mit der linken Hand nach der Kanüle. Das war der Moment, in dem Yomanril auf mich zusprang, um zu verhindern, daß ich mir das fast dreißig Zentimeter lange Gerät selbst in die Brust rammte.
    Glaubte er wirklich, daß ich das tun würde? Vielleicht hätte er sich besser informieren sollen; ich zweifelte nicht daran, daß ein einigermaßen zutreffendes Psychogramm in arkonidischen Rechnern schlummerte und genaue Vorhersagen über mein Verhalten unter Belastung zuließ.
    Als Yomanril zupackte, drehte ich die Hand mit der Kanüle. Der Widerstand riß mir die provisorische Waffe fast aus den Fingern, doch in Yomanrils Kleidung klaffte plötzlich ein tiefer Schnitt quer über die halbe Brust und färbte sich ebenso schnell rot.
    Gurgelnd wollte der Folterknecht nachsetzen, da bohrte sich mein Ellenbogen in seine Magengrube und ließ ihn einknicken. Irgendwie schaffte ich sogar das Kunststück, den zugreifenden Händen des Medoroboters zu entgehen und Yomanril die angesplitterte Kanüle an den Hals zu setzen.
    Die Erkenntnis, daß ich dennoch herzlich wenig gewonnen hatte, traf mich ohne Vorwarnung. Wie hatte ich so naiv sein können, mir von einer Geisel die Freiheit zu versprechen? Oder - der Gedanke erschreckte mich zutiefst - war ich wirklich drauf und dran gewesen, mir wirklich das Leben zu nehmen? Dann hatten die zwei Monate arkonidische Gefangenschaft ein psychisches Wrack aus mir gemacht. War meine Widerstandskraft längst gebrochen und ich bemerkte es nur nicht, weil ich mich in das Schneckenhaus jahrtausendelanger Erfahrung zurückzog und mich wie ein Ertrinkender an den Strohhalm der Unsterblichkeit klammerte?
    Verdammt, Bully, du kommst hier nicht raus! hämmerte es unter meiner Schädeldecke. Was ich je über das Golkana-Gefängnis auf Arkon Igehört hatte, bestätigte den Gedanken. Seit Yomanril den Namen dieses Knasts erwähnt hatte, wußte ich wenigstens, wo ich mich befand. „Keinen Schritt näher", hörte ich mich keuchen, „oder Yomanril stirbt!"
    Der Medoroboter griff nicht ein. Außer dem Arkoniden, mir und dem Robot befand sich niemand im Raum. Bis zum Schott hatte ich zehn Schritte. Die Frage war nur, was mich draußen erwartete.
    Natürlich hatte der Roboter seine Alarmmeldung längst über Funk abgesetzt.
    Mit grimmiger Entschlossenheit zerrte ich Yomanril mit mir. Ich fühlte mich schlapp und ausgelaugt und hatte Mühe, den Arkoniden zu halten. „Die Frau hier, die Kommandantin des Saftladens", stieß ich hervor, „sag ihr, ich verlange ungehinderten Abzug."
    Eine Farce war das, mehr nicht. Ich hatte gehandelt, ohne nachzudenken, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, wie es weitergehen sollte. Angst? Wahrscheinlich, obwohl Schwäche und Trotz sie überdeckten. Aber sobald ich in mich hineinhorchte, glaubte ich zu verstehen, was mich antrieb. „Wie ist das, Yomanril, wenn du den Tod vor Augen hast?" Ich gab mir Mühe, meine Stimme unnachgiebig klingen zu lassen. Antworten konnte er nicht, dann hätte er sich selbst den Hals aufgeschlitzt, und ich ertappte mich dabei, daß ich Genugtuung empfand. Wie vielen Verurteilten mochte der Folterknecht auf mehrfache Weise das Leben genommen haben? „Du sollst spüren, wie das ist."
    Ich redete, um mich abzulenken. Weil die Furcht mit

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