2015 - Mein Freund der Tod
eineinhalb Meter vor dem Bett. Der Kerl mit dem Stahlgebiß? Er hatte bei mir eine Rechnung offen. Ich spannte die Muskeln an. Auch wenn ich auf die Weise nicht aus dem Gefängnis freikommen würde, sollte er erfahren, daß ich nicht zurücksteckte.
War ich der LFT gegenüber verpflichtet, unnötige Gefahren zu meiden? Unsinn. Ich verspürte nicht die geringste Lust, alles mit mir machen zu lassen. Mir war, als wären meine Widerstandsgeister plötzlich zu neuem Leben erwacht. Hatte die holographische Echse mich aus der beginnenden Lethargie aufgerüttelt, oder war es die Visage des Unbekannten?
Ein kaum wahrnehmbares Rascheln verriet den Kerl. In dem Moment fuhr ich herum, stieß mich mit den Unterarmen ab und trat mit aller Kraft zu. Ein greller Schmerz raste mein Rückgrat entlang, aber ich traf auf Widerstand, der gurgelnd nachgab. Den eigenen Sturz konnte ich nicht mehr abfangen, ich krachte mit dem Hinterkopf gegen die Liege und versuchte, mich seitlich abzurollen.
Schräg hinter mir erklang ein stoßweises Keuchen; jemand rang gequält nach Atem. Das machte es mir leichter; auf den Knien stemmte ich mich hoch, kam torkelnd auf die Beine und ließ die Rechte nach vorne schnellen.
Eine eiserne Klammer legte sich um mein Handgelenk, als wollte sie mir alle Knochen brechen. Ich holte mit der Linken aus, aber auch der Arm wurde jäh und mit einer Gewalt gestoppt, die mir fast die Schulter auskugelte. Der Schmerz jagte mir Tränen in die Augen, zumal gleichzeitig die Beleuchtung aktiviert wurde.
Etwas Unsichtbares hielt mich fest. Der Versuch, mich loszureißen, blieb vergeblich. Langsam wurden meine Arme in die Höhe gezerrt.
Mein Gegner stand vornübergekrümmt da, beide Arme auf den Unterleib gepreßt. Wütend funkelte er mich an. „Dafür wirst du büßen, Bull!" ächzte er. „Spätestens morgen oder übermorgen redest du wie ein Wasserfall..."
Obwohl eine innere Stimme mich davor warnte, antwortete ich mit einem spöttischen Lachen.
Natürlich war es unklug, den Arkoniden weiter zu reizen, aber längst war ich an einem Punkt angelangt, ap dem mir völlig egal war, ob ich etwas Unkluges tat oder nicht. Lieber lief ich ins offene Messer, als mir täglich von neuem vorwerfen zu müssen, daß die Gefangenschaft mich zur Marionette machte.
Auge um Auge, Zahn um Zahn - ich spürte die Wandlung, die mit mir vorging. Irgendwann war selbst der Friedfertigste an einem Punkt angelangt, an dem er nur noch Gleiches mit Gleichem vergelten wollte, jedes wrackgeschossene Raumschiff mit einer Transformsalve auf die gegnerische Flotte und jeden zerstörten Planeten mit dem Abwurf von Arkonbomben.
Schon solche Gedanken waren es, die eine Spirale von Mord und Zerstörung in Bewegung hielten.
Aber das wollte ich nicht wirklich - nicht einmal Imperator Gaumarol da Bestich, der als Bostich I. in die galaktische Geschichte eingehen wird, konnte den Wunsch haben, die Milchstraße in Feuer und Zerstörung versinken zu sehen. „Wer bist du?" stieß ich hervor.
Mein Gegenüber ließ einen kurzen, befehlenden Laut hören. Im nächsten Moment schrie ich gequält auf, denn die unsichtbare Kraft riß mir die Arme auseinander, und ich fürchtete, die Schultergelenke müßten ausbrechen. Der Schmerz war entsetzlich, ließ mich für Sekundenbruchteile an den Rand einer Ohnmacht geraten. „... Yomanril", verstand ich dumpf und verzerrt. „Yomanril vom Gerichtsplaneten Celkar."
Nicht einmal das konnte mich mehr erschüttern. Ich kannte Celkar, die erste von fünf Welten einer roten Sonne, ungefähr 102 Lichtjahre von Arkon entfernt und das juristische Zentrum des Kristallimperiums. Sollte ich auf die Gerichtswelt verlegt werden? Möglicherweise bereitete Bostich einen Schauprozeß gegen mich vor, der die Milchstraße in Atem halten würde. „Was denkst du?" fuhr Yomanril mich an. Er erinnerte mich an ein Raubtier, das mit seiner Beute spielt, ehe es zubeißt.
Er kam auf mich zu, hielt sich zwar immer noch mit einer Hand den Leib, aber seine Rechte schoß vor und verkrallte sich um mein Kinn, als wollte er mir den Kiefer zerquetschen. „Ich wurde nach Arkon geholt, um dich zum Reden zu bewegen, Bull. Verstehst du?"
Seine Hand zuckte zurück, er wollte mit dem Handrücken zuschlagen, hielt jedoch inne und entblößte sein Stahlgebiß in einer triumphierenden Gebärde. Yomanril schlug mich nicht, weil das unter seiner Würde war, doch das Funkeln in seinen Augen verriet mir, daß er den Zweikampf suchte. Er hatte mich in der
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