2016 - Die Einsamen der Zeit
Frachtschiffe auf. Er hatte in bewußter Überschreitung seiner Kompetenzen begonnen, die kläglichen Reste der Kronenflotten neu zu organisieren und zu kleinen Eingreifverbänden zusammenzufassen.
Mehr noch: La-Pharoke war gerade eben von einer Inspektion einer tief im Festlandschelf gelegenen unterirdischen Schiffswerft zurückgekommen, in der eine neue Klasse von Blütenschiffen entstehen sollte. Sie waren kleiner, billiger zu produzieren und wesentlich stärker bewaffnet.
Was La-Pharoke vorschwebte, war keineswegs eine herkömmliche Aufrüstung, war nicht die Vorbereitung offener Raumschlachten mit den Mundänen. Nach seiner Überzeugung gab es für die Kräfte der Galaktischen Krone nur eine Möglichkeit, der totalen Vernichtung zu entgehen: geordnete Dislokation.
Die Galaktische Krone mußte sich von Grund auf ändern. Sie mußte sterben, um weiter existieren zu können.
La-Pharoke verfolgte sein Ziel mit zorniger Entschlossenheit. Die Schrumpfseele des toten Pilzers von Uum erinnerte ihn ständig daran, was mit den Völkern der Galaktischen Krone passieren würde, wenn sie nicht endlich aufwachten.
Und da die Tharoidoner oder das „Blaue Blond", wie sie sowohl von ihren Feinden als auch von ihren Verbündeten genannt wurden das politisch und ethisch tonangebende Volk in Segafrendo waren, hieß das zuallererst, daß sich die Tharoidoner ändern mußten.
Eine komplette Änderung der tharoidonischen Politik konnte nur vom Galaktischen Prinzipal in die Wege geleitet werden. Und der Galaktische Prinzipal war Zeiban Vit-Terous.
Ein Mann, der sich lieber in seiner Biolithburg verschanzte und von vergangener künstlerischer Größe träumte, statt sich den Katastrophen der Gegenwart zu stellen. Ein Mann, der vor seinen Vertrauten aus der Kaste der Wahren Künstler endlose Monologe hielt oder aber tagelang das Regentropfenspiel spielte, während die Galaktische Krone führungslos in den Untergang trieb. Ein Mann, der immense Ressourcen in die Förderung der experimentellen Philartistik steckte und selbst die dringendsten Versorgungsprobleme in ganz Segafrendo ignorierte.
Der alte Prinzipal war untragbar geworden.
Eine Beteiligung an den Ereignissen auf Uum war ihm zwar nicht nachzuweisen gewesen; trotzdem war Zeiban Vit Terous eine Gefahr für die Galaktische Krone.
Und darum würde La-Pharoke beim bevorstehenden 101. Kronenkonvent selbst für das Amt des Galaktischen Prinzipals kandidieren.
Was Segafrendo brauchte, waren keine Pflanzencollagen und Holoskulpturen, keine AsteroidenZyklotrone und KometenMobiles. Was Segafrendo brauchte, waren ausgebaute Fluchtwelten, funktionierende Vorwarnsysteme und viel mehr Schiffe.
Nicht, daß La-Pharoke etwas gegen Kunst gehabt hätte. Schließlich war Pur Straviente, die Stadt, die er liebte, ein einziges Kunstwerk. Ein Kunstwerk, das lebte und dessen organische Gebäude weniger der Wartung durch Techniker und BioIngenieure als der proteinreichen Schwebstoffe aus den Wasserfällen bedurften.
Aber La-Pharoke vergaß nie, daß Pur Straviente nur ein Versteck war, einer der wenigen Zufluchtsorte vor den doppelgesichtigen Invasoren aus der fernen Galaxis Dubensys.
Für wie lange? Für die Dauer eines Tharoidonerlebens also für an die 3500 Segaf?
Oder blieben der Stadt in der Gischt nur noch die höchstens 250 Segaf, die ein Angehöriger des bevölkerungsreichsten und kurzlebigsten aller Kronenvölker, der Serimer und ihrer zahlreichen Abkömmlinge, zu leben hatte?
Angesichts der Flüchtlingsmassen, die über die WeitstreckenVersetzer und in vollgepferchten Raumschiffen nach Orllyndie strömten, konnte die geheime Zentralwelt der Galaktischen Krone noch sehr viel früher von den Mundänen entdeckt werden.
Wenn der Fluß Pur das nächstemal trockenfiel, würden die Bewohner der wundersamen Regenstadt die Rückkehr des Wassers noch feiern können? Oder würde die Stadt in der Gischt schon zuvor im Feuer mundänischer Strahlenkanonen verdampfen? Sah so die Zukunft des wunderbaren Pur Straviente aus: zwei radioaktive Regenbogen, die unter einer schwarzen Aschenwolke rasch verblaßten?
La-Pharoke schüttelte die nassen Haare und kehrte über einen schmalen Stengelsteg zum „Fruchtstiel" des blütenförmig angelegten Orllyndiums zurück.
Er betrat das Gebäude durch eine ovale Schleuse in der schwach pulsierenden Pflanzenwand und sah sich einer Galerie von hohen, oben abgerundeten „Fenstern" gegenüber, die Ausblicke in völlig unterschiedliche Teile des planetaren
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