202 - Unter schwarzer Flagge
zum Sternenhimmel auf. »Was denn?«
»Das grüne Band! Es ist gewaltig! Wie es sich unter den Sternen her schlängelt. Ich glaube, es kommt von dort – von diesem roten Stern da. Es muss das Vakuum zwischen den Welten durchqueren. Es reicht bis auf die Erde!«
Matt sah nichts. Er schluckte. Er wusste allerdings, dass tatsächlich ein Band existierte, das den Mars mit der Erde verband. Er selbst hatte den Transportstrahl vor etlichen Monaten genutzt, um zurück zur Erde zu gelangen. Er bestand aus Energie und war unsichtbar. Wie konnte Yann ihn sehen?
Und wieso wusste er von dem Vakuum zwischen den Planeten?
»Siehst du es?«, wiederholte Yann.
»Nein«, erwiderte Matt. »Leider nicht.« So sehr ich es mir wünsche…
Er hörte Yann seufzen. »Niemand sieht es.« Er förderte ein Lederbeutelchen zu Tage und entnahm ihm eine fertig gerollte Kiffette. Die klemmte er zwischen seine Zähne und zündete sie mit einem Schwefelhölzchen an.
»Wo kommst du her?«, fragte Yann unvermittelt.
Matt gab sich und Rulfan als eureeische Forschungsreisende aus. Ein diebischer Diener habe ihre Reisekasse gestohlen, sodass sie sich den Rückweg nun erarbeiten mussten.
Dies gefiel Yann, denn er lachte.
Dann deutete er an, dass Ihrer Majestät etwas Ähnliches widerfahren sei. »Deswegen sind wir jetzt nach Westen unterwegs,«
»Nach Madagaskar, nicht wahr?«, fragte Matt, um nichts dem Zufall zu überlassen.
Yann zeigte sich überrascht. »Du weißt davon? Es ist doch streng geheim!«
Matt erschrak. »Nun… Irgendjemand hat wohl trotzdem darüber geredet.« Rulfan hatte die Information den beiden Deserteuren abgepresst. »Ja, ich glaube, ich habe diesen Ewijk in einer Taverne in Alunga darüber reden hören…«
»Sein Glück, dass er nicht mehr an Bord ist«, murmelte Yann. »Damit entgeht er einer harten Bestrafung.« Er wandte sich dem Meer zu.
Matt, der eine gute Gelegenheit sah, sich nach Keetje zu erkundigen, ohne sich verdächtig zu machen, fuhr fort: »Ewijk saß mit einer jungen Blondine am Nebentisch. Sie war weniger eine Frau als ein Mädchen und sehr attraktiv. Sie machte den Eindruck, als wolle sie ihn aushorchen.« Er räusperte sich. »Sie hat sich besonders für einen Mann interessiert, in dem ich nun, wenn ich an ihre Beschreibung denke, dich zu erkennen glaube.«
»Mich?« Yann wandte sich um. Die Kiffette in seinem Mundwinkel ließ ihn leicht verwegen erscheinen. Nun erst sah Matt, dass Yann mindestens fünfzig Jahre auf dem Buckel hatte. »Ich müsste mich wohl geschmeichelt fühlen, wenn sich hübsche Blondinen dieses Alters für mich interessieren.« Er wandte sich seufzend wieder ab. »Leider hatte ich nicht das Vergnügen, ihr zu begegnen, obwohl ich in der Nacht vor dem Auslaufen durch Alunga spaziert bin.« Er seufzte noch einmal.
»Es wäre mir beinahe übel bekommen.«
In einer Gasse war er von Halbwüchsigen bedroht worden, doch zum Glück waren Vanduyn und einige Matrosen vorbei gekommen und hatten ihn zum Kai eskortiert.
Matt hatte ihn in Begleitung der Seeleute gesehen. Dass Yann die Blondine nicht kannte, fand er eigenartig. Doch bevor er nachhaken konnte, verfiel Yann wieder in eine Phase krauser Reden. Matt erfuhr immerhin, dass seine Aura so stark blaurot sei, dass er mit Sicherheit zweihundert Jahre alt würde. Dann richtete er Matts Aufmerksamkeit auf andere unglaubliche Dinge: die Energieströme, die Meeresvögel am Himmel und Menschen hinterließen, die durch die Nacht spazierten.
Je länger Matt Yanns Phantasmen lauschte, umso öfter fragte er sich, ob er es mit einem Verrückten zu tun hatte.
Wahrscheinlicher war jedoch, dass ein bösartiger Tumor auf sein Sehzentrum einwirkte, ihm Dinge vorgaukelte und ihn irgendwann töten würde.
Doch andererseits… Was war mit diesem sanften und geheimnisvollen Mann los, dass Keetje so versessen darauf war, ihn zu töten? Nun ja, jetzt war sie fort, und Matt würde es wohl nie erfahren…
***
Ein neuer Tag dämmerte herauf.
Matt und Rulfan begegneten sich zumeist nur beim Frühstück in der Messe. Dort tauschten sie Neuigkeiten aus und setzten sich über gewisse Erkenntnisse ins Bild.
»Slodders Kumpane sind ausnahmslos Tagediebe. Wenn sie keinen Dienst haben, schleichen sie unentwegt durchs Schiff und schauen sich um. Ich will einen Besen fressen, wenn die nicht was ausbaldowern.«
Matt nickte. »Piet und Karel sind eindeutig Säufer. Sie haben fast immer eine Fahne.« Er hatte die beiden an der Tür des Raums herummachen
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