2022 - Para-City
liebevoll die „sanfte Riesin", was daran lag, daß sie ihre Kräfte als Suggestorin stets nur eingesetzt hatte, um anderen zu helfen. Sie war keine Führungspersönlichkeit, sondern ordnete sich stets unter.
Sie fühlte sich zum Leiden geboren, und Schwermut hatte schon immer ihr Dasein charakterisiert.
Ihre Hilfsbereitschaft ging so weit, daß sie in einigen Fällen sogar Sterbehilfe geleistet hatte, ein Dienst, den wohl niemand besser hätte ausüben können als sie.
Falo Gause dankte ihr mit einem freundlichen Lächeln und überflog die Notizen.
Auf einmal entstand im Vorraum Unruhe, und laute Rufe drangen bis in den Konferenzraum.
Mogan Barr fühlte, wie sich sein Innerstes verkrampfte, und als er sich umsah, fiel ihm auf, wie blaß die anderen geworden waren. Sie alle hatten die gleichen Gedanken. Draußen mußte etwas geschehen sein, was alle aufwühlte - und das konnte nur bedeuten, daß jemand überraschend gestorben war.
Bevor jemand etwas sagen konnte, öffnete sich die Tür. Nun zeigte sich, daß alle Befürchtungen falsch gewesen waren. Vier Besucher hatten die Unruhe bewirkt.
Einer von ihnen hatte eine ungewöhnliche Ausstrahlung, so daß er den Raum buchstäblich bis in den letzten Winkel ausfüllte. Er besaß fettige, schwarze Haare, trug einen Pelzmantel, der vorn offen stand und seine nackte Brust erkennen ließ. Auf seiner Schulter hockte eine Puppe mit dunklen Plastikscheiben als Augen.
Neben ihm trat eine Frau ein, die das Gesicht eines Engels auf wies, aber eiskalt wirkte.
Nicht weniger beeindruckend waren ein grobschlächtiger Riese, dem man seine Brutalität ansehen konnte, und ein kultiviert erscheinender Mann, der nahezu kahlköpfig war und kaum mehr als fünfzehn dünne Haare als Augenbrauen hatte.
Aller Blicke richteten sich auf den Mann mit der Puppe auf der Schulter. Die Mitglieder des Komitees empfanden ihn auf Anhieb als unsympathisch, doch erlagen sie seiner verstörend intensiven, charismatischen Ausstrahlung. Keiner von ihnen zweifelte daran, daß sie es mit einer besonders begabten Persönlichkeit zu tun hatten. „Wir sind gerade in einer Besprechung", sagte Falo Gause in dem schwachen Versuch, sich gegenüber den unerbetenen Besuchern zu behaupten und sie abzuwehren. „Wartet bitte draußen!
Wenn ihr einen von uns sprechen möchtet, können wir später miteinander reden."
„Mein Name ist Parkinson", sagte der Mann mit dem beeindruckenden Charisma. Mit knapper Geste deutete er auf seine Begleiter und stellte sie der Reihe nach vor. „Yonder K'rigan, Engel und Rune Karuga. Wir kommen von Lepso. Wir sind jetzt hier, und wir reden hier Und jetzt miteinander."
Parkinson sprach mit einem solchen Nachdruck, daß sich ihm niemand außer Falo Gause entgegenstellte. „Dennoch müßt ihr die Regeln des Mutantenrings einhalten und beachten", widersprach Gause. „Wir sind eine demokratische Organisation, die nur funktionieren kann, wenn jeder die nötige Disziplin mitbringt."
„Steh mal auf!" befahl der grobschlächtige Yonder K'rigan auf einmal Mogan Barr.
Barr spürte seine Hände an den Schultern; er wurde so energisch aus seinem Sessel gezogen, daß ihm keine Möglichkeit blieb, sich zu wehren. Parkinson setzte sich auf den frei gewordenen Platz. „Und du auch!" Yonder K'rigan deutete auf Clayra Puschkin. Die Telekinetin sprang so schnell auf, daß er sie nicht mit seinen groben Händen berühren konnte.
Lassan Be und Aiva Wendrekheimer standen unaufgefordert auf. „Wie du siehst, haben wir diese Frage bereits geregelt." Parkinson blickte Falo Gause durchdringend an. Der Kopf der Puppe auf seiner Schulter wippte unaufhörlich auf und ab. Es schien, als nicke sie und wollte mit dieser Geste seine Worte unterstreichen. „Wer bist du?"
„Falo Gause. Der Sprecher des Mutantenrings."
Der Mutant von Lepso deutete auf die Puppe. „Das ist Lucky, mein Ratgeber." Kein Muskel regte sich in seinem Gesicht. „Lucky hat mir vor einigen Tagen das Datum meines Todes mitgeteilt. Es liegt nicht in allzu ferner Zukunft. Möchte einer von euch eine entsprechende Auskunft? Du vielleicht, Falo Gause? Willst du wissen, wann deine Lebensuhr stehenbleibt?"
Der Sprecher des Mutantenrings schüttelte stumm den Kopf. „Nun gut", fuhr Parkinson fort. Wieder nickte Lucky auf seiner Schulter voller Eifer. „Aus diesem Grunde habe ich und meine Freunde beschlossen, von Lepso nach Terra zu fliegen und mit Hilfe der übrigen Monochrom-Mutanten den Kampf gegen meinen bevorstehenden Tod
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