2023 - Der Para-Fürst
vorangegangenen.
Die Luft schien zu knistern, als sei sie elektrostatisch aufgeladen.
Zusammen mit den anderen Ratsmitgliedern trat Falo Gause auf das Vorderdach des mehrstöckigen Rathauses hinaus. Von hier aus konnten er und seine Begleiter auf die Menge der Monochrom-Mutanten hinabsehen, die sich auf dem Platz und in den zuführenden Straßen versammelt hatten.
Die jungen Männer und Frauen sowie die zahlreichen Kinder standen dicht gedrängt. Eine eigenartige, deutlich spürbare Spannung ging von ihnen aus, die so intensiv war, daß Gause nicht überrascht gewesen wäre, hätte er irgendwo Funken überspringen sehen..Alle Mutanten blickten zu Gause und seinen Ratsmitgliedern hoch, voller Erwartung und mit einer gewissen Unsicherheit, denn bisher hatte niemand angekündigt, was sie tun sollten. Sie wußten lediglich, daß geplant war, einen Para-Block zu bilden, das war aber auch schon alles.
„Bist du sicher, daß wir es machen wollen?" fragte Mimannae Khilischott leise.
Die Pyrokinetin schien am Erfolg der Aktion zu zweifeln. Je näher der Zeitpunkt rückte, an dem sie beginnen wollten, desto unsicherer wurde sie. Das Feuer in ihren Augen, das so sehr an Sinti erinnerte, schien nicht so recht brennen zu wollen. Sonst wirkte sie stets lebhaft und temperamentvoll, doch nun schien sie sich in sich selbst zurückgezogen zu haben, um sich gegen das äußere Geschehen abzuschirmen.
„Vielleicht hat Moharion Mawrey recht, und wir lösen eine Katastrophe aus", fügte die in Luna-City geborene Frau hinzu.
„Ganz ruhig!" bat Falo Gause. Er spürte, daß sie nun seine Unterstützung brauchte. Sie war ihm nicht nur wegen ihres ausgeprägt weiblichen Wesens sympathisch, sondern auch wegen der Zuversicht, die sie gewöhnlich verbreitete. „Wir werden uns konzentrieren, und wir werden uns Zeit lassen."
„Aber was dann?" fragte Jana Jonn, die für die gesamte Aktion verantwortlich war und die Monochrom-Mutanten der Stadt zu dieser Versammlung zusammengerufen hatte. Sie galt als eine gewöhnlich hart und energisch zupackende Frau, die viel zu selbstbewußt war, um sich irgendwo anlehnen zu müssen. Nun aber schien sie die Orientierung verloren zu haben.
„Quält mich bitte nicht!" Der Sprecher der Mutanten fühlte sich bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gefordert. Ihm fehlte die Kraft, auch die anderen aufrichten zu können. „Und vertraut mir! Ich habe mir alles genau überlegt."
Falo Gause richtete sich auf und hob beide Arme, um die Menge auf sich aufmerksam zu machen.
Die Gespräche auf dem Platz und in den Straßen verstummten, und aller Blicke richteten sich auf ihn, den Sprecher der Mutanten.
„Wir werden unsere Kräfte bündeln und in den Weltraum abstrahlen!" rief er seinen Zuhörern zu.
„Wir haben kein klar definiertes Ziel, abgesehen davon, daß wir das gentechnische Todesprogramm korrigieren wollen, Irgendwo da draußen könnte die Macht sein, die uns dabei helfen kann. Wir müssen es versuchen. Wenn wir alle zusammenhalten, werden wir Kräfte entwickeln, die bis ans Ende der Milchstraße spürbar sein werden. In ihnen müssen wir den Wunsch konzentrieren, vom Todesprogramm befreit zu werden."
Es war eine Aktion der Verzweiflung, denn durch nichts war bewiesen, daß eine Rettung ausgerechnet aus dieser Richtung kommen konnte. Doch alle Wissenschaftler der LFT hatten versagt. Sie hatten die Waffen gestreckt und eindeutig erklärt, daß sie Monos' Gen-Programm nicht beeinflussen und daß sie den Tod für die Monochrom-Mutanten nicht aufhalten könnten. Da von ihnen keine Hilfe zu erwarten war, welche Hoffnung blieb dann noch?
„Laßt uns beginnen!" forderte Falo und hob erneut beide Arme, um alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
5.
Irgend etwas hatte .sich verändert. Es schien, als sei die Luft nicht mehr so klar und rein wie zuvor; es war, als ob sich die Konturen der Berge verwischten. Zugleich gewann Ramon Alvarez den Eindruck, daß der Boden unter seinen Füßen bebte, als sei sehr lief unter ihm eine gewaltige Macht wach geworden, die sich nun regte, um sich Platz in ihrem engen Verlies zu verschaffen.
Als sich seine Blicke auf die geheimnisvolle Pyramide richteten, an der Moharion Mawrey und er Alaska Saedelaere gesehen hatten, lösten sich dort einige Felsbrocken und stürzten polternd herab.
Er zweifelte nicht mehr daran, daß sich unter den Steinen der Zeitbrunnen verbarg.
Den alten Mann hielt nichts mehr in seinem Zelt aus Formenergie. Er eilte ins Freie,
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