2029 - Ein Planet im Visier
die Eysalerin fortgeschickt zu haben. Im Gegensatz zu den vergangenen Nächten fühlte er sich nicht müde. Für eine oder zwei Tontas hätte er in ihren Armen vergessen können, daß Arkon und das angenehme Leben bei Hof Tausende Lichtjahre entfernt lagen.
Mit einem knappen Befehl aktivierte er den holographischen Planungsablauf. Die 4.
Imperiumsflotte hatte die Unterwerfung des Kreit-Systems mit deutlich geringerem Zeitaufwand vollzogen, als aus den Simulationen hervorgegangen war.
Schon vor Tagen war die Landung der 800-Meter-Spezialschiffe KOMEDUS Iund II auf dem Raumhafen von Baretus als vertretbar erschienen. Beide Schiffe verfügten weder über Waffen noch die gängigen Hochleistungstriebwerke, was ihren Einsatz erst aus einer gesicherten Position heraus geraten erscheinen ließ, sondern waren zu einer mobilen Großsyntronik sowie einer Großbiopositronik ausgebaut worden.
Bei der Planung des Ertrus-Feldzuges durch die Sonderstäbe des Flottenzentralkommandos von Arkon II war natürlich berücksichtigt worden, daß ein Großteil der öffentlichen Syntroniken auf dem Planeten den KorraVir-Einsatz nicht überstehen würde, weil es einfach unmöglich war, sie rechtzeitig herunterzufahren. Auch die Vernichtung der Großsyntronik ARBOSSA war kalkuliert, was in letzter Konsequenz bedeutete, daß weite Teile der computergesteuerten Infrastruktur von vornherein brachlagen und von den Ertrusern aus eigener Kraft nicht wieder hochgefahren werden konnten.
Von Fachleuten erster Garnitur geleitet, waren die KOMEDUS-Schiffe in der Lage, umfassende Netzwerke einzubinden und Rechenleistung zur Verfügung zu stellen, die den gewohnten Alltag auf Ertrus wiederherstellen konnte.
Wegen der anhaltenden KorraVir-Gefahr waren die Großsyntronik der KOMEDUS Iund die Großbiopositronik der KOMEDUS II vernetzt und parallel geschaltet. Im Falle eines KorraVir-Alarms konnte die Biopositronik demnach als Backup-System dienen oder auch die wichtigsten Funktionen komplett übernehmen.
Viel zu hastig hatte Kraschyn das Glas geleert. Der Alkohol in Verbindung mit der inneren Wärme begann seine Wirkung zu entfalten. Er würde tief und traumlos schlafen, ein Luxus, den er sich erlauben durfte, nachdem die kurzfristigen strategischen Ziele erreicht waren.
Landungstruppen hatten das unterirdische Schulungszentrum für Emotionauten besetzt. Daß die ersten hier ausgebildeten Ertruser nicht auf ihre Gefangennahme gewartet hatten, war vorauszusehen gewesen und unerheblich, denn sie konnten ihre Heimatwelt nicht verlassen.
Die Raumschiffswerften des zweiten Planeten befanden sich unter arkonidischer Kontrolle.
Nach den notwendigen Umstellungen würden sie für das Imperium produzieren.
Die vernichtend geschlagene Heimatflotte des Kreit-Systems stellte keine Bedrohung dar.
Ebensowenig die LFT-Flotte, deren Präsenz in akzeptabler Entfernung wohl eher terranischer Selbstbestätigung diente. Kraschyn beglückwünschte sich selbst noch nachträglich zu seiner Entscheidung, die Bergung Schiffbrüchiger zu gestatten. Das nahm terranischen Anschuldigungen die Brisanz.
Das einzige, was ihm nicht in den Sinn wollte, war die im Vergleich mit anderen Städten für Baretus zögerliche Rückkehr der Bevölkerung. Daß sich nirgendwo Kollaborateure fanden, die zur Zusammenarbeit bereit gewesen wären, hatte er erwartet.
Immerhin hielt die Bevölkerung Ruhe. Größere Zwischenfälle wurden nicht gemeldet.
Obwohl das Widerstandspotential der Städter vom Flottenzentralkommando als sehr viel höher eingestuft worden war. Und dort auf Arkon II pflegte man sich gemeinhin nicht zu täuschen.
Diesmal vielleicht schon. Ein wohliges Seufzen auf den Lippen, dämmerte Mascant Kraschyn in den ersehnten Schlaf hinüber ...
Als das hartnäckige Summen des Interkoms ihn aufschreckte, glaubte er, daß nur wenige Minuten vergangen waren. Erst der Blick auf das Ortszeitchronometer belehrte ihn eines Besseren: Über Baretus ging soeben die Sonne auf. Trotzdem sollte der Anrufer einen sehr guten Grund für die Störung haben. Über Blickschaltung aktivierte Kraschyn den Empfang. „Mascant", tönte ihm eine vor Erregung bebende Stimme entgegen, „die Eingeborenen greifen an, wir haben Ausfälle auf breiter Front."
„Wie viele Angreifer?"
„Niemand weiß es. Einige hundert, vielleicht..."
„Wo?"
„Waffenarsenale, Nahrungsmittellager ..."
Kraschyn war mit einem Schlag hellwach. Die Voraussagen hatten also doch recht. „Raus mit den Katsugos!" befahl er.
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