2030 - Chimaerenblut
bereits einen Musterverschluss fotografiert. Ich soll ihm auch meine anderen Entwürfe zeigen.«
»Bitte!«, Josi faltete die Hände, »schau dir erst den Job bei Cats and Dogs an! Wenn du so gut bist, wie der Typ gesagt hat, dann werden sie das auch feststellen.« Josi war sich bewusst, dass sie maßlos übertrieb. Gleichzeitig ärgerte sie sich darüber, dass Chimären viele Chancen verwehrt blieben. Es sei denn man besaß Vitamin B – Beziehungen! Sie blieb stehen und sah sich nach ihrer Freundin um.
Kathi zerrte am Griff ihres Rollkoffers. Eine Kralle brach ab. Sie stieß einen katzenähnlichen Laut aus, eine Mischung aus Miau und Autsch.
»Tut mir leid.«
»Mir auch.« Kathi lutschte am Finger.
»Wieder gut?«
»Okay. Hast du noch ein Kaugummi?«
»Hier, mein letztes.«
Die Schiebetür schloss sich hinter dem Rücken der beiden Frauen. Milde Frühlingsluft schlug ihnen entgegen.
»Ist er das?« Kathi zeigte auf einen schlanken, jungen Mann mit halblangen blonden Haaren, der sich lässig gegen ein weißes Cabrio lehnte.
»Hoffentlich nicht«, flüsterte Josi. Ein chrom- und porzellanblitzender Aufreißerschlitten – der Typ muss Probleme haben .
Der Blondschopf hob den Kopf in ihre Richtung, winkte und lächelte.
»Nimm deinen Zeigefinger runter oder grüße«, zischte Josi und ärgerte sich, weil ihr Puls vor Aufregung raste.
»Bin ich dir peinlich?«, fauchte Kathi. Sie kaute noch heftiger als sonst auf dem Kaugummi und machte eine große Blase.
»Hallo Josefine. Herzlich willkommen im wunderschönen Chicago.« Ethan Joshua Hilden hielt ihre Hand fest. »Das Foto wird dir nicht gerecht.« Er hauchte Josi einen Kuss auf die Wange. »Ach, entschuldige, was bin ich unhöflich. Darf ich?« Offenbar bestens gelaunt griff er nach ihrer Schultertasche und warf sie mit Schwung auf den Rücksitz. »Nicht mehr Gepäck dabei?«, stutzte er.
»Erzähl ich später. Darf ich vorstellen, das ist Kathi van der Maart .«
»Hast du sie im Flugzeug kennengelernt?«
»Nein, sie ist meine Schulfreundin.«
»O wir haben nur ein Au-pair bei den Behörden gemeldet.«
»Meine Schuld. Das habe ich vergessen zu schreiben. Sie wird bei Cats and Dogs arbeiten. Das hat sich kurzfristig so ergeben.«
»C and D? Schneidern die nicht diese grässlichen Fummel für Chimären? Die haben soweit ich weiß ein Modehaus irgendwo im Loop. Beliebt bei Schauspielern und Bands. Ich versteh nicht, warum die alle so hipp darauf sind, wie eine Chimäre auszusehen. Du hast doch nur Nachteile...«
Kathi ließ die Kaugummiblase platzen.
»Vielleicht wird es jetzt Zeit, sich von... der Freundin... zu verabschieden«, sagte er langsam, hielt inne und überlegte kurz, »damit ich dir unser Domizil noch im Hellen zeigen kann.«
Angeber. Snob, ging es Josi durch den Kopf. Laut sagte sie: »Ich dachte, wir können sie ein Stück in die Innenstadt mitnehmen?«
Der Hilden-Spross schwenkte den Blick kurz zum Himmel. »Okay, weil du es bist, Honey, dann ändere ich mal kurzerhand die Pläne, und wir machen einen Schlenker am Loop vorbei. Ich kann sie an einer Station der El raussetzen, die Stadtbahn führt im Kreis um das Stadtzentrum, den Loop. Sie kommt von dort überall hin.«
» Sie hat auch einen Namen«, schaltete Kathi sich dazwischen, »nur noch mal zur Wiederholung für alle Anwesenden, ich heiße Kathi, und es wäre nett, wenn ihr nicht so tun würdet als wäre ich Luft.«
Ethan Joshua runzelte die Stirn. »Kathi, also du erinnerst mich irgendwie an meine Cousine Alice.« Er drehte sich weg und öffnete die Beifahrertür seines Lamborghini.
»Who the fuck is Alice«, zischte Kathi und sprang mit katzenhafter Eleganz auf den Rücksitz. »Ethan oder Joshua, würdest du bitte meinen Koffer in deinen Kofferraum packen, ich habe Probleme mit dem Öffnen von Türen.«
Josi ahnte, dass Kathi auf der Rückbank mal wieder ihre Krallen ausgefahren hatte.
Ethan packte wortlos das Gepäck in den Kofferraum und schwang sich hinters Lenkrad.
»Und? Was ist nun mit deinem Gepäck?«
»Fehlgeleitet. Kreist irgendwo in Dubai auf dem Flughafen.«
»Typisch Billigflieger!« Ethan zog eine Augenbraue hoch. »Wer nur Holzklasse anbietet, von dem kannst du auch nichts Besseres erwarten.«
Wie verabredet hielt er an einer Station der El . Kathi und Josi stiegen aus und umarmten sich. Josi raunte Kathi ins Ohr. »Er ist ein arroganter Snob. Aber lass uns das später bereden.«
»Er kann mich nicht leiden«, flüsterte Kathi zurück. »Ich bin ihm
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