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2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
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nicht gut genug. Keine Upperclass.« Mit betont lauter Stimme sagte sie, so dass Ethan sie hören konnte: »Wir sehen uns, ich rufe dich an.« Sie zog den riesigen Rollkoffer über den Asphalt und verschwand im Gewimmel der vorbeihastenden Passanten.
    Ein schaler Geschmack legte sich auf Josis Zunge. Sie schluckte, stieg ins Auto und kam sich wie eine Verräterin vor.
    Ethan Joshua Hilden drehte die Musik auf und gab Gas zu den Klavierklängen von Liszt, Liebestraum Nummer 3, wie Josi auf der digitalen Anzeige las. Nach einer halben Stunde fuhren sie den Lake Shore Drive nordwärts an der Küste entlang. Rechterhand glitt der Navy Pier an ihnen vorbei. Ethan zeigte nach rechts auf den Lake Point Tower. »Siebzig Stockwerke! Zwar ein wenig in die Jahre gekommen, aber immer noch etwas Besonderes. Ein Einzelgänger, so dicht am Lake Michigan. Schau links, die berühmte Skyline! Eine Superlative an Hochhäusern und Investmentobjekten, wie du sie selten so geballt beisammen hast.«
    Josi blickte flüchtig auf die Türme der Banken und Versicherungen und den Protz aus Glas und Stahl. Das bunte Treiben der Lebenskünstler würde sie sicher nicht dort oben finden.
    Schon bald tauchten rechterhand die Strände auf: Oak Street Beach, Gold Coast, North Avenue Beach… Ethan hatte an allem etwas auszusetzen: Zu schmutzig, zu viele Touristen und plärrende Kinder.
    Vom Lake Michigan blies kühle Luft in Josis Gesicht und hinterließ ein prickelndes Gefühl auf ihren Wangen. Sie genoss den Fahrtwind und beobachtete den Flug einer Möwe über den Lake.
    Sie fuhren am Diversey Harbor vorbei und dann am Belmont Harbor. Yachten schaukelten auf dem Wasser.
    »Tolle Sicht auf die Skyline, aber kein Strand«, kommentierte Ethan die Aussicht. Er bog rechts in den Montrose Drive und parkte hinter dem Yacht-Hafen.
    »Das ist der schönste Strand Chicagos.« Er lächelte. »Honey, ich hoffe, ich bekomme die Gelegenheit, deine Freundin davon zu überzeugen, dass ich doch ein ganz netter Kerl bin.«
    Und eingebildet bist du auch noch .
    »Ich hatte den Eindruck, sie mochte mich nicht. Darf ich euch beide kommendes Wochenende auf eine Tour durch die Clubs einladen?«
    Josi drehte den Kopf weg. Vielleicht war er ein Arsch. Doch sie hatte sich zwei Stunden verspätet, der Feierabendverkehr war dicht, und möglicherweise hatte er noch etwas vor. Sie beschloss, ihm eine zweite Chance zu geben. Aber er musste mit Kathi klarkommen. Als Fremdenführer für den Anfang? Vielleicht. Solange er keine Klette wie ihr Ex Andrew war. Und sie war keine Honigbiene, auch wenn er sie gleich so genannt hatte. Er sah nicht schlecht aus und hatte Kohle. Das reicht aber nicht, dachte sie. Im Gegenteil, das macht alles viel schlimmer. Deine Welt und meine Welt liegen auf verschiedenen Planeten. Ich gehöre nicht hierher. Ich lebe in Verbannung. Im Exil. Ich gehöre in Leons Welt, aus der man mich mit Gewalt vertrieben hat. Ach Leon...
    Ethan legte seine Strickjacke über Josis Schultern und ließ den Arm auf ihr ruhen. »Der Wind ist heute kühl«, sagte er mit warmer Stimme. Josi zog die Schulter weg. »Was soll das, ich bin kein Begleitservice.«
    »Entschuldige«, murmelte er, »ich wollte nur nett sein. Ich seh ‘ doch wie du frierst. Behalt die Jacke an.«
    Erst jetzt bemerkte Josi ihre Gänsehaut. Versöhnlich zog sie die Jacke über. Der holzige Geruch seines Aftershaves drang in ihre Nase. Nicht Leon , dachte sie und kaute an der Unterlippe.

     
    Eine halbe Stunde später erreichten sie die Villa Hilden. Josi verkniff sich ein A und O und tat so, als wären Wohnschlösser mit unzähligen Terrassen, Balkonen und Erkern in Deutschland völlig normal. Doch sooft Josi in den nächsten Tagen das Anwesen betrat, blickte sie hoch und fragte sich, wie viele Leichen man im Keller haben musste, um so viel Protz anzuhäufen.
    Das Ehepaar Hilden war auf einer Kongressveranstaltung, die Zwillinge wurden gerade von der Nanny ins Bett gebracht. Ethan führte Josi nach oben. Ihr Zimmer war, wie sie entsetzt feststellte, eingerichtet wie eine Prinzessinnen-Suite für Fünfjährige. Mit Tüllgardinen und Rosen-Tapeten. Sie hatte ein eigenes Bad und ein Zimmer mit Erker und Balkon. Josis Blick schweifte über den Pool im Garten weiter zu den Segeln auf dem Michigansee. Die tiefstehende Abendsonne tauchte das Wasser in goldenes Licht, und eine Yacht kreuzte vor der untergehenden Sonne.
    »Wir haben eine kleine Segelyacht und ein Motorboot im Hafen. Wenn du willst, mache ich mit

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