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2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
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nur vergessen, dass sie Vegetarierin war?
    »Wir sind uns im Studium der Rechtswissenschaften begegnet. Doktor Marcus Mill. Natürlich studierte er damals noch. Ebenso wie ich. Er war mit seinem Vater da, ein international angesehener Frauenarzt, der über Abtreibungsmodalitäten in Deutschland referierte.« Hilden Senior sah Josi fragend an. »Marcus ist Allgemeinmediziner geworden, nicht wahr?«
    Sie nickte.
    »Nun ja, die Mills haben mir in einer wichtigen Angelegenheit geholfen. Ich war Marcus noch einen Gefallen schuldig.«
    Der Hausherr hielt sein Weinglas hoch. »Also, noch einmal, herzlich willkommen, liebe Josi. Ich bin froh, dich heute hier begrüßen und mich revanchieren zu können.«
    Sie hätte sich ohrfeigen können. Wie konnte sie nur so naiv sein zu glauben, dass diese Familie grundlos ein fremdes Au-pair aufnahm? Josi war nicht mehr als eine Gefälligkeit in einer heiklen Angelegenheit, falls sie richtig verstand, was dieser elegante Herr mit den silbernen Schläfen da angedeutet hatte. Verstohlen sah sie zu seiner Frau hinüber, aber Hillary Hilden tuschelte mit der Köchin und begutachtete den nächsten Gang.
    »Das nächste Mal das Fleisch bitte ein wenig roher für meinen Mann. Wissen Sie was Medium ist?«
    Die Köchin nickte.
    Josi blickte zu Ethan. Er hielt sein Besteck so fest umklammert, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    Die Köchin griff mit hochrotem Kopf nach Josis vollem Teller.
    »Josi, meine Liebe, hat es Ihnen nicht geschmeckt?«, flötete die Hausherrin.
    »Ich bin Vegetarierin.«
    »Ich weiß. Anne sagte es. Den Schinken können Sie aber unbesorgt essen. Es ist extra Bio-Schinken, von glücklichen Schweinen.«
    Vor allem von toten, dachte Josi. Doch bevor sie widersprechen konnte, kam Judy zur Tür herein und stellte einen Krug Wasser auf den Tisch. Ethans Mundwinkel wurden schmal. Er legte einen Arm um Judy. »Musst du nicht bald schlafen gehen?«, fragte er freundlich. »Kiki und Serafina schlafen auch schon.« Der Schimpanse nickte.
    »Hat sie dich verstanden?« Josi konnte es nicht glauben.
    »Selbstverständlich!«
    Ethan fixierte seinen Vater mit einem unfreundlichen Blick. »Affen haben den IQ eines vierjährigen Kindes. Dieser hier stammt aus einer Versuchseinrichtung und ist wesentlich klüger.«
    »Wir haben ihn gerettet«, pflichtete seine Mutter vom anderen Ende des Tisches bei. »Und natürlich ist Judy klüger als ihre Artgenossen, aber sie bleibt ein dummer Affe.«
    »Mama, rede nicht so in ihrem Beisein!« Ethan ließ das Besteck fallen, was in Anbetracht der strengen Tischmanieren einem Wutanfall glich. Judy flüchtete überrascht in seine Arme.
    »Sie versteht alles, was ihr sagt, und sie ist mindestens so klug wie ein schulpflichtiges Mädchen!«
    »Ethan, jetzt nicht schon wieder diese Diskussion«, herrschte sein Vater ihn an. »Was soll unser Gast Josi von dir denken?«
    Ethan verkniff sich einen weiteren Kommentar und schickte Judy mit freundlicher Mahnung ins Bett. Den Rest der Mahlzeit schwieg er.

     
    Nach dem Essen hatte Josi endlich Zeit, ihre Nachrichten abzurufen.
    »…hab dich lieb, mach keine Dummheiten! Dein Dad.«
    »…ich vermiss dich. Wünsch dir eine tolle Zeit. Bleib immer höflich. Deine Mom .«
    Die dritte Nachricht kam von ihrem Stiefvater. »Josi, Kindchen, hast du dich eingelebt? Habe dir hoffentlich einen Gefallen getan. Habe auch eine Bitte. Frag doch bei Gelegenheit, ob Ethan Hilden noch Mitglied in der Kommission für die Berufung an die Uni Chicago ist…«
    Josi hätte vor Wut und Enttäuschung schreien mögen. Obwohl sie wusste, dass es in Deutschland mitten in der Nacht war, wählte sie seine Nummer.
    »Doktor Marcus Mill«, erklang seine schläfrige Stimme.
    »Ging es dir jemals um mich, oder immer nur um gegenseitige Gefälligkeiten?«, brüllte sie ihn an. »Deshalb hast du mich also hierher abgeschoben. Eine Hand wäscht die andere. Hauptsache der Dreck bleibt nicht haften. Und mein Vater und meine Mutter sind auch auf dich reingefallen. Dad hatte immer recht. Du bist ein intriganter Kotzbrocken.«
    Ohne die Antwort abzuwarten drückte sie die Auflegen-Taste und schaltete das Gerät ab.
    Josi heulte, doch dann wischte sie über die Tränen und richtete sich kerzengerade auf.
    So nicht, mein scheinheiliger Möchtegerndaddy. Mom , Dad, nicht mit mir , dachte sie trotzig. Sie tuschte ihre Wimpern, puderte die gerötete Nase und legte den rosafarbenen Lippenstift auf – fest entschlossen, sich zu amüsieren. Sie war zwar in

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