Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
Vom Netzwerk:
ihn angewiesen. Nach dem was passiert war, konnte er unmöglich noch mit dem Zug fahren. Das Risiko erwischt zu werden, war einfach zu groß. Und ein Flug kam erst recht nicht in Frage. Ihm blieb nur der Weg über die Landstraße. Er hoffte, dass die Polizei in einer Woche keine aufwändigen Straßensperren mehr machte, um einen einzelnen Mörder zu fassen.
    Ein Polizeifahrzeug hielt am Zugang zum Park. Erschrocken drehte Leon sich weg. Im Augenwinkel sah er wie sie eine Kamera aufbauten. Dann erblickte er das Plakat. Die »Neue Freiheit Menschen« gab heute ein Open-Air-Konzert. Auch das noch. Hektisch sah Leon sich um. Ich bin ein Idiot, dachte er. Deshalb waren so viele Menschen im Park. Die Polizei filmte die Gesichter, falls es zu Ausschreitungen käme, und um Bewegungsprofile zu erstellen. Er musste schleunigst hier weg. Menschen konnte er mit seiner Maskerade täuschen, aber nicht die Scanner der Polizei, die sekundenschnell jedes Gesicht identifizierten. Mit einem Satz sprang er auf sein Mountainbike und verschwand in die andere Richtung.
    Pochend hämmerte die Erkenntnis in seinem Schädel: Ich werde gesucht. Und sie halten mich für einen Mörder.
    Mit jedem Auftauchen in der Öffentlichkeit riskierte er, dass seine Tarnung aufflog.
    Er fuhr Slalom um entgegenkommende Fans, die bereits die ersten Lieder anstimmten. Scheiß Lieder , dachte er. Radikales Pack, für das Chimären keine Menschen mehr sind, sondern Halbmenschen.
    Vor dem Park eskalierte es bereits. Eine Gruppe Fans hatte sich vor einer Handvoll Chimären aufgebaut. Jemand schrie »Tod den Chimären«. Kuh-Chimären mit geflecktem Fell drängten sich zusammen und versuchten seitlich zu entkommen. Jemand stellte ein Bein. Eine Chimäre mit einer Hufe stolperte und fiel. Ein Radikaler trat mit dem Stiefel nach. Die Chimären drängten sich dazwischen. Ein Konzertbesucher zog ein Messer. Augenblicklich verkeilten sich die Gruppen in eine blutige Schlägerei.
    Ein Polizeifahrzeug raste heran. Leon fuhr direkt daran vorbei. Erleichtert registrierte er, dass sich die Polizisten nicht für ihn interessierten. Weder gehörte er zu den randalierenden Fans, noch sah er aus wie eine Chimäre. Seine Pferdestärken steckten unsichtbar in seinen Beinen. Der Tacho am Bike schnellte auf siebzig Stundenkilometer hoch.
    Leon fuhr auf direktem Weg nach Dahlem zu den verlassenen Schrebergärten. Dort nahm er eine ruhige Seitenstraße, drängte sich ins Gebüsch, hob das Bike über den Zaun und sprang hinterher. Die Gräser und Büsche standen mannshoch. Die meisten Hütten waren ausgeräumt und von Obdachlosen besetzt. Niemand von ihnen interessierte sich für Leon, und die Polizei interessierte sich nicht für sie. Manche behaupteten, die Politiker ließen das Gelände mit Absicht brach liegen, damit die Obdachlosen nachts aus dem Stadtviertel raus waren und hier unter sich blieben.
    Leon suchte die Gartenlaube anhand der GPS-Daten, die Olga ihm geschickt hatte. Niemand hatte sich dort einquartiert, weil das halbe Dach fehlte. Die Obdachlosen scheuten die undichte Hütte, solange es bessere Unterkünfte auf dem Gelände gab.
    Olga hatte die Hühner wie angekündigt freigelassen. Leon sah sich um. Vogelkot und blutige Federn lagen in einer Ecke. Vermutlich hatten wildernde Füchse die Tiere gerissen. Am Eingang der Hütte türmten sich leere Bierdosen, der Boden war aufgeweicht. In der einzigen überdachten Ecke lag ein Stapel Bretter. Warum hatte er nicht an einen Schlafsack gedacht? Es wurde nachts noch empfindlich kalt. Unschlüssig grübelte er, ob er Olga bitten sollte, ihm eine Decke zu bringen, und entschied sich dagegen. Er durfte sie da nicht mit reinziehen.
    Plötzlich gaben seine Beine nach. Er sank auf den Boden und begann zu zittern. Bis jetzt hatte er wie in Trance funktioniert. Nun brach seine Fassade zusammen. Er kämpfte mit den Tränen und seiner Wut.

     
    Stunden später drang der Geruch eines Lagerfeuers in seine Nase. Mittlerweile fror er erbärmlich. Wie lange hatte er auf dem Boden gesessen? Leon sah auf die Uhr. Es ging auf Mitternacht zu. Trippelnde Schritte kamen auf die Hütte zu. Sofort sprang er auf und versteckte sich hinter der Tür. Merde . Sein Herz raste.
    »Hallo?«
    Erleichtert vernahm er Olgas Stimme.
    Ihr Kopf erschien im Türrahmen. »Wusste ich‘s doch.«
    Sie hatte einen Schlafsack, eine Decke, Brote und eine Thermokanne mit heißem Kaffee dabei.
    »Weiß Marc, dass du hier bist?«
    »Der würde mich lynchen. Der ist

Weitere Kostenlose Bücher