2030 - Chimaerenblut
Pfoten hat, kann keinen Ticketschalter bedienen. Die Frau hat die Klage gewonnen. Das hat Chicago zwei Milliarden Dollar gekostet. Mit simpler Gleichberechtigung kommst du in so einem Fall nicht weiter. Das Ganze zog Kreise. Seither gibt es in allen Bussen Spezialsitze und Ladeflächen für Kuh-Chimären und andere Vierbeiner.«
»Und wenn jemand einen Fischschwanz bekommt?«
»Worauf willst du hinaus? Busse mit Aquarium? Da hilft wohl nur der Rollstuhl.«
Gegen zwei Uhr probierte Josi erneut, ihren Vater zu erreichen, aber er war beruflich unterwegs wie die automatische Antwortmail mitteilte. Josi wunderte sich, da es Samstagabend in Deutschland war.
Schließlich schlich sie auf Zehenspitzen durchs Haus. Hilden Senior telefonierte in seinem Arbeitszimmer. »Nein, ich sage Ihnen doch, die Börsenkurse werden fallen. Das war erst der Anfang. Wir schichten um! Die Chimären-Gesetze sind bereits vorbereitet… der US-Kongress wird…«
Schnell huschte sie ins Parterre und dann an der Küchentür vorbei. Anne las laut vor: »…die bösen Schwestern aber hatten kein Mitleid. Sie ließen das arme Kind in der Asche hocken. Es musste die Erbsen auflesen, während sie sich für den Ball des Prinzen schön machten…«
Judy lachte. Es war ein merkwürdiges Lachen, eher wie eine Kinderstimme, die »ah, hah , hah « gluckste, und weniger wie ein Affe, der »uh, huh, huh« rief. Josi erinnerte sich an ein Referat im Biologie-Unterricht. Damals hatte sie ihren Mitschülern erklärt, Affen stoßen Pant - hoots -Laute aus. Sie können weder lachen noch schluchzen.
Erinnere ich mich falsch oder stimmt nicht, was ich gelernt habe?
Sie schlich weiter. Den Weg hatte sie tags zuvor entdeckt, weil Serafina unter Mordsgeschrei »will, will, will!«, darauf bestanden hatte, das blaue Punktekleid anzuziehen, das noch auf der Leine im Keller hing.
Vorsichtig drückte Josi die Klinke und trat erleichtert ins Freie.
Geschafft!
Sie überlegte, wie sie sich unbeobachtet vom Anwesen entfernen konnte. Auf gar keinen Fall über die Süd-Ostseite. Da lagen die wichtigsten Zimmer. Nordwärts, auf der Seite mit dem Fuhrpark, waren die Chancen am größten…
Jemand tippte ihr von hinten auf die Schulter. Erschrocken fuhr sie herum.
Ethan.
Er sagte eine Weile nichts, aber sie konnte sehen, wie seine Kieferknochen arbeiteten. Dann steckte er die Hände in die Hosentaschen und kniff die Augen zusammen.
»Ich wollte...«
»Nein, erzähl mir nichts.«
»Aber...«
»Ich will dich nicht lügen hören.« Er senkte den Blick. Als er wieder aufsah, sprach er langsam, jedes Wort wohl überlegend. »Ich mache dir jetzt einen Vorschlag. Es ist an dir, was du daraus machst. Ich fahre zur Magnificent Mile. Meine Mutter hat nächsten Monat Geburtstag. Du kannst mir helfen, ein Geschenk auszusuchen. Anschließend zeige ich dir die Summer Lounge auf dem Dach der Marina-Future-City. Wir trinken einen Fruchtcocktail.« Ethan trat einen Schritt näher und strich mit dem Zeigefinger langsam über einen Zipfel ihres Seidenschals. »Selbstverständlich ohne Alkohol. Ich verführe keine Minderjährigen…«
Josi wollte protestieren, sie würde in vier Monaten Achtzehn und er könne ihr gestohlen bleiben, aber er legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. »Wenn sich die Lage bis zum Abend entspannt hat, kannst du dich im Helixtower mit deinen Freunden treffen. Das liegt neben der Chicago Sun-Times, direkt an der Michigan Avenue Bridge.«
Plötzlich wurde sein Blick weich. »Gegen elf Uhr hole ich dich dort wieder ab.«
Josi kochte innerlich. »Ein fairer Deal«, sagte sie schließlich, um ihn daran zu erinnern, dass er ihre Notsituation ausgenutzt hatte.
»Wir nehmen sicherheitshalber den gepanzerten Rolls.«
Josi rollte mit den Augen.
»Ich hab’s gesehen.«
»Und?«
»Dann den L.«
25
Die Einfahrt zur Magnificent Mile war versperrt durch eine vergoldete Schranke, auf der in geschwungenen Buchstaben »Welcome« geschrieben stand. Ethan zeigte seinen VIP-Ausweis und wurde durchgewunken .
Im Juweliergeschäft ließ er sich die Auslagen zeigen und schien hilflos wie alle Männer. Josi riet zu etwas Persönlichem. Über Ethans Gesicht ging ein Leuchten. Er wählte einen Schmuckanhänger mit einem saphirbesetzten Herz, das sich öffnen ließ. Über seinen NanoC lud er ein Bild von sich herunter, das der Juwelier anpasste und auf Hochglanz ausdruckte. Sie warteten. Josi betrachtete einen türkisblauen Perlmuttanhänger. Ethan winkte den Verkäufer
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