2032 - Suche in der Silberwolke
der Alkoholmißbrauch einen dröhnenden Schädel zur Folge hatte. „Das wirft mich um Stunden zurück."
Raffa kippte nach hinten weg, wälzte sich ächzend zur Seite und legte sich ein Kissen über den Kopf. „Laß die Finger davon", murmelte er scheinbar zusammenhanglos. „Falschgeld. Kann dich nur warnen. Nicht alles aus der Schlacke holen, was du siehst."
„Was war das?" fragte Necker, der noch nicht einmal die Hälfte verstanden hatte. „Habe ich Falschgeld verstanden? Willst du mich vor irgend etwas warnen?"
Raffa ignorierte ihn, schlief ein und begann zu schnarchen, doch damit war Necker nicht einverstanden. Er packte den Freund an den Schultern, zog ihn hoch und forderte ihn auf, seine Worte zu wiederholen. Als der Betrunkene darauf nicht reagierte, hob er ihn sich kurzerhand auf die Schulter, trug ihn in den Nebenraum und setzte ihn unter der Dusche auf den Boden.
Raffa schlief weiter. Er wachte erst auf, als eiskaltes Wasser auf ihn herabrauschte. Brüllend fuhr er hoch, verfluchte seinen Freund, eine Hälfte der Schiffsbesatzung und sämtliche Dämonen und Geister des Weltraums, stand mühsam auf und versuchte, die Dusche abzuschalten. Das geschah mit einem mündlichen Befehl und setzte eine einigermaßen klare Sprache voraus. Gerade die aber war ihm abhanden gekommen.
Grinsend beobachtete Necker seine Bemühungen. Als der Freund Hilfe einforderte, weigerte er sich. „Du mußt nüchtern werden", sagte er wütend. „Und das sehr schnell, oder es gibt gewaltigen Ärger. Was glaubst du, was Tangens der Falke mit dir macht, wenn er mitbekommt, daß du dich hast vollaufen lassen?"
Raffa schien zu erschrecken. Er riß sich zusammen, und nun schaffte er es, die Dusche auszuschalten. Mühsam entkleidete er sich, um danach nackt und schweigend an Necker vorbeizugehen und den Hygieneraum zu verlassen. Necker nahm die durchnäßten Kleidungsstücke auf und warf sie in den Abfallschacht.
Als er danach zu Raffa ging, um ihm ins Gewissen zu reden, lag dieser erneut auf dem Bett. In den groben Händen hielt er eine nahezu leere Flasche. In der kurzen Zeit, in der er allein gewesen war, hatte er erneut getrunken. Raffa war, nun nicht mehr in der Lage, auf Fragen zu antworten. Necker fluchte ebenso laut wie wütend. Abermals versuchte er, dem Freund zu helfen, doch vergeblich.
Mit geschlossenen Augen grinste Raffa ihn an. Er fühlte sich offensichtlich wohl. Die Kopfschmerzen waren verflogen, und in seinem Rausch hatte er die Bedrohung, die für sie alle galt, vergessen. „Raffa!" beschwor Necker den Freund. „Sei vernünftig! Wirbrauchen dich!"
Der Mann auf dem Bett rülpste, und wenn ein Dookie so etwas tat, fühlte man sich unwillkürlich an das ominöse Donnergrollen eines heraufziehenden Gewitters erinnert.
Necker schlug ein Schwall alkoholgeschwängerter Luft entgegen.
Unangenehm berührt wich er zurück. Nun blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als einen Medosyn zu rufen. Damit war allerdings eine offizielle Registrierung unumgänglich geworden.
Raffa mußte damit rechnen, daß sein Verhalten bis zu Tangens dem Falken hinauf bekannt wurde und härteste disziplinarische Folgen hatte.
Doch das war ihm bei seinem augenblicklichen Zustand sicherlich vollkommen gleichgültig. „Verdammt!" sagte Necker zu sich selbst, bevor er zu seiner Arbeit zurückkehrte. „Und ich habe immer geglaubt, daß dich überhaupt nichts erschüttern kann!"
Minuten später saß er wieder vor seinen Geräten, und nun schälte er das in die Schlacke eingebettete Tier heraus. Nachdem er es ganz kurz von einem Taschengerät auf Verträglichkeit überprüft hatte, erlebte er eine herbe Enttäuschung. Das Fleisch war erstaunlicherweise nicht verdorben, aber es war dennoch nicht genießbar. Er probierte einen Bissen und hatte danach einen derart unangenehmen Geschmack auf der Zunge, daß er sich beinahe übergeben hätte.
Anschließend spülte er sich minutenlang den Mund, um den Geschmack wieder loszuwerden. Dabei hatte er das Gefühl, die mysteriösen Stimmen lauter als je zuvor zu vernehmen.
*
Die Ortung reichte nur wenige zehntausend Kilometer weit, und das bedeutete, daß die SOL buchstäblich blind durch die kosmische Wolke flog, die von ihrem Erscheinungsbild besser den Namen Silberwolke denn Dunkelwolke verdient hätte. Die Unsicherheit für den Emotionauten Roman Muel-Chen, den Ortungschef Viena Zakata und die Schiffsführung stieg. Es gab so gut wie keine Orientierung mehr.
Atlan veranlaßte, daß mehr
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