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2033 - Tod im Türkisozean

Titel: 2033 - Tod im Türkisozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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selbst ohnedies zu groß, eines ihrer Pflanzenkleider zu schenken. Die zusammengenähten Blätter fühlten sich zu Jamaskes Überraschung auf der Haut keineswegs kratzig an, sondern legten sich weich und geschmeidig, als ob sie noch lebten, um ihren Körper.
    Jamaske fühlte sich entschieden besser. Sie fühlte sich weniger angreifbar, seit sie den unverschämten Blicken Belebrandos nicht mehr schutzlos ausgeliefert war.
    Dieser zog sich auch mit einer hastig gemurmelten Entschuldigung wieder zurück, nachdem er sie in eine zum Paumyrbrunnen hin offene, von blauen und grünen Ranken überwucherte Laubhütte geführt hatte, in der ihr Losdui reichlich Essen und Trinken vorsetzte. „Der Tod macht hungrig", sagte Losdui freundlich und warf dem zwischen den Chamäleonbäumen entschwindenden Belebrando einen letzten, vernichtenden Blick nach. „Ich bin zum ersten Mal gestorben", sagte Jamaske, die sich mit kaum gezügelter Gier über die Früchte, die Orchideenmilch und die Dinkelfladen hermachte. „Zumindest glaube ich das", fügte sie nachdenklich kauend hinzu. „Ich erinnere mich an keinen Tod. Bin ich schon einmal hiergewesen?"
    „Nicht, soweit ich mich erinnern kann", sagte Losdui mit einem leisen Auflachen. „Das wäre mir sicher nicht entgangen. Und meinem Mann erst recht nicht."
    Die kleine, aber dennoch kräftig wirkende Frau mit dem etwas zu breiten Becken, der etwas zu gebeugten Haltung und dem etwas zu strähnigen Blondhaar blickte Jamaske aus strahlend grünen Augen an, deren Konturen mit Pflanzenpigmenten nachgezogen waren. Sie war Jamaske sofort sympathisch.
    Und sie wurde ihr noch wesentlich sympathischer, als sie aufstand, eine Hohlnußflasche aus einer Ecke der Laubhütte holte und ihr ein angenehm duftendes, dickflüssiges Getränk in die bereits zweimal geleerte Trinkschale einschenkte. „Orchideenmilch ist nicht das richtige, wenn man gestorben ist", verkündete Losdui bestimmt. „Da muß etwas Stärkeres her!"
    Jamaske nippte an dem pfirsichfarbenen Getränk - und nahm noch einen wesentlich größeren Schluck. „Das ist Garrenda", sagte Losdui mit einem Schmunzeln. „Er wird aus vergorenem Baumhonig hergestellt. Und er sollte nur in Maßen genossen werden."
    Trotzdem schenkte sie Jamaske sofort nach, als diese das köstliche, ihre Kehle und ihren Magen mit einer wohligen Wärme durchflutende Getränk in einem weiteren, fast schon unanständig gierigen Zug ausgetrunken hatte. „So ist es recht!" meinte die Frau des Großpflanzers. „Ein neues Leben sollte mit einem ordentlichen Schluck Garrenda begonnen werden. Und wenn es ein paar mehr sind, wird's wohl auch nichts schaden."
    Sie holte sich selbst eine Trinkschale, füllte sie bis zum Rand mit Garrenda, blickte Jamaske tief in die Augen und sagte: „Willkommen, neue Schwester!", bevor sie die Schale leerte.
    Später - drei Hohlnußflaschen später -, als Jamaske ihre Umgebung nur noch durch einen angenehm dämpfenden Nebel wahrnahm, kamen andere Pflanzer und Pflanzerinnen in die Laubhütte. Jamaske ergriff Dutzende Hände, bedankte sich mit einem seligen Lächeln dutzendfach für die freundliche Begrüßung und hörte Dutzende Namen - die sie sofort wieder vergaß.
    Sie nahm nicht mehr wahr, wie sie von ihrer neuen Schwester Losdui in eine der Schlaf bluten geführt wurde. Sie nahm nicht wahr, daß das, woran sie sich schmiegte, nicht die weichen, pulsierenden Muskeln einer Muschel waren, sondern die nicht minder weichen, ebenfalls leicht pulsierenden und zitternden Blütenblätter einer Riesenknospe, die sich sanft um sie schloß.
    So - mit einem ausgemachten Rausch - begann Jamaskes Leben als Pflanzerin.
     
    8.
     
    Jamaske, die Pflanzerin
     
    Dem ausgemachten Rausch folgte glücklicherweise kein ausgemachter Sturmschädel. Im Gegensatz zu anderen berauschenden Getränken, die Jamaske bei den Fischern kennengelernt hatte, hatte Garrenda keine üblen Nachwirkungen.
    Jamaske fühlte sich frisch und ausgeruht, als sie die Deckblätter ihrer Schlafblüte beiseite schob und hinaus auf den Platz um den Paumyrbrunnen trat. Sie war entschlossen, ihr neues Leben mit Elan anzugehen.
    Und sie erhielt reichlich Gelegenheit dazu.
    Das Leben als Pflanzerin war abwechslungsreicher als das Leben als Fischerin. Die Aufgaben waren vielfältiger. Auf Paumyrs blumenübersäter und millionenfach verästelter Oberfläche, die aufgrund der zahlreichen Höhlungen, der zum Teil künstlich angelegten Terrassen und des organischen Gebirges aus ineinander

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