2046 - Neun Stunden zur Ewigkeit
kennen, aber ich weiß nicht, woher, weiß einfach nicht, wo ich ihn einordnen soll. Das lässt mir selbstverständlich keine Ruhe."
„Kann ich mir gut vorstellen", sagte Tangens. „Und was soll ich da tun?"
„Ich möchte", antwortete Atlan, „dass du versuchst, mit einem Morphing-Programm das Aussehen des Chronisten in jüngeren Jahren zu rekonstruieren. Ich will sehen, wie er früher, in mittlerem Alter oder meinetwegen als junger Mann, ausgesehen hat. Vielleicht hilft das meinem Gedächtnis auf die Sprünge. Schaffst du das? Es muss schnell gehen. Ich glaube, es ist wichtig für die weiteren Gespräche."
„Das macht mir sicher keine Schwierigkeiten", sagte Tangens. „Natürlich wird das Ergebnis gewisse Ungewissheiten beinhalten. Aber eine neunzigprozentige Sicherheit kann ich garantieren. Ich muss nur eine Altersobergrenze festsetzen. Von welchem Alter soll ich ausgehen?"
„Non achtzehn Millionen Jahren." Tangens lachte. „Atlan - ich bitte dich. Das soll wohl ein Witz sein?"
„Nein." Der Arkonide schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Ich weiß auch, dass kein Mensch 18 Millionen Jahre alt werden kann. Außer er ist ein Aktivatorträger. Und nach eigener Aussage war der Chronist von Anfang an dabei, hat die Geschichte von ES von Beginn an protokolliert. Also müsste er, wie ES auch, an die achtzehn Millionen Jahre alt sein."
„Da muss ich aber den Turbo zuschalten, damit ich das Ergebnis noch erlebe."
Atlan klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Ich werde gelegentlich vorbeikommen, um mir die Zwischenergebnisse anzusehen, Tangens".
Mit diesen Worten entließ er den Korphyren und folgte den anderen in die Kommandozentrale.
Der Chronist von ES saß immer noch reglos auf dem Kokon. Das seltsame Wesen verhielt sich so, als seien die ihn Umstehenden für ihn nicht anwesend. Es schien auch nicht zu registrieren, dass mehrere syntronische Ortungsgeräte mit allen Mitteln versuchten, mehr über seine Struktur und Beschaffenheit herauszufinden. „Ich gestehe, dass wir uns nicht ganz im Klaren über deine wahre Bedeutung sind, Chronist" sagte Atlan zur Einleitung. Da ihn der Weißbärtige mit Missachtung strafte, fuhr der Arkonide ungerührt fort: „Bevor wir über die nächsten Schritte diskutieren, gebe ich dir' einen Bericht über unsere bisherigen Erfolge."
Atlan verzichtete absichtlich auf den Einsatz aller technischen Mittel, ließ beispielsweise keine Hologramme im Raum materialisieren. Stattdessen schilderte er schlicht ihren Einflug in die Auroch-Maxo-Dunkelwolke und wie er auf Auroch-Maxo-55 den Kym geborgen hatte. Er berichtete auch, wie die Menschen dann mit der SOL ins INSHARAM gelangt und ... Weiter kam der Arkonide nicht. „Genug, lass es gut sein, Atlan!" rief der Chronist von ES und hob ergeben die Arme. „Ich will solche Marginalien gar nicht erst hören. Denkst du denn, diese Nebensächlichkeiten, interessieren mich?"
„Für uns waren diese Marginalien oft genug eine Frage des Überlebens", sagte Atlan scheinbar gekränkt. „Und sie haben über Erfolg oder Misserfolg unserer Mission entschieden."
„Letztlich zählen nur die Ergebnisse", sagte der Chronist. Er wechselte den Tonfall und fragte interessiert:. „Was ist eigentlich aus dem Kym geworden?" Atlan gab Myles Kantor ein Zeichen, was dieser mit einem verkniffenen Lächeln quittierte, „Der Kym ist wohlauf", antwortete der Multiwissenschaftler. „Er ist in einem unserer Labors sicher untergebracht und findet dort die günstigsten Überlebensbedingungen vor. Wir haben ihn auch - überaus vorsichtig, versteht sich - untersucht und herausgefunden, dass er immer noch Leben in sich trägt. Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass aus ihm unter den erforderlichen Bedingungen jederzeit ein Kym-Jorier schlüpfen könnte ..."
„Ja, und warum habt ihr ihn dann nicht schlüpfen lassen?" fiel ihm der Chronist ins Wort. „Ihn schlüpfen lassen?" wiederholte Myles Kantor und blickte hilfesuchend zu Atlan. Der Arkonide wusste seinerseits ebensowenig, wie er darauf reagieren sollte. „Jawohl", sagte der Chronist von ES ungehalten. „Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt? Ich wiederhole mich gerne: Warum habt ihr den Kym nicht einem Biotop zugeführt, damit er darin gedeihen und aus ihm ein Kym-Jorier schlüpfen kann? War es diesmal deutlich genug?"
„Ja, sicher, aber ...", stotterte Myles Kantor. „... ein ... Biotop, in dem der Kym gedeihen kann?"
„Klar", sagte Atlan schnell. „Das wäre unser nächster
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