2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Strukturwandel zu finanzieren sowie um die Verbraucher zu bewegen, ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.
Der Einfluss von Biokraftstoffen
auf Nahrungsmittelpreise und Hunger
Biokraftstoffe der ersten Generation werden aus normalen landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellt, indem Mais, Zuckerrüben und Zuckerrohr zu Ethanol verarbeitet werden. In den letzten 20 Jahren führten Forschung, Entwicklung und Erfahrung zu höherer Effizienz und niedrigeren Kosten. Die Kosten für Biokraftstoffe reichen von etwa 45 US-Dollar pro Barrel für das billigste Zuckerrohr aus Brasilien über 100 US-Dollar pro Barrel für Mais und Zuckerrüben in den Vereinigten Staaten bis zu 120 US-Dollar pro Barrel für teures Ethanol aus Weizen in Europa. Durch mehr Erfahrung und eine Vergrößerung des Produktionsumfangs können die Kosten weiter gesenkt werden. Wie bei der Verarbeitung von Rohöl wird auch bei der Herstellung von Biokraftstoff viel Kraftstoff verbraucht und die Kosten steigen bei höheren Kraftstoffpreisen sprunghaft an.
Viele Verbraucher fossiler Brennstoffe können ganz ohne oder mit geringen Anpassungen Biokraftstoffe verwenden. Daher ist der Preis für Biokraftstoffe an den Ölpreis gekoppelt. Es gilt aber zu beachten, dass die Nachfrage nach Kraftstoff die Nachfrage nach Nahrungsmitteln deutlich übersteigt. Gemessen am Energiegehalt wird derzeit fünfmal mehr Öl gefördert als landwirtschaftliche Erzeugnisse geerntet werden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass bei einer Umwandlung von Nahrungsmitteln zu Kraftstoff etwa 40 Prozent des Energiegehalts verloren gehen, würden alle weltweit produzierten Nahrungsmittel zusammen nur etwa zwölf Prozent der aktuellen globalen Ölförderung ersetzen. Neue Pflanzensorten könnten diesen Anteil noch etwas erhöhen, aber wenn mehr als zwölf Prozent der weltweiten Ölförderung ersetzt würden, bliebe fast nichts mehr für die Ernährung der Menschen übrig.
Die Entwicklung der Biokraftstoffe hängt davon ab, wie groß der Unterschied zwischen Ölpreis und Produktionskosten für Biokraftstoffe sein wird. Wenn der Ölpreis für längere Zeit über den Produktionskosten liegt, werden langfristig die Produktionskapazitäten für Biokraftstoffe ausgebaut werden. Wenn der Ölpreis unter die Produktionskosten für Biokraftstoffe sinkt, wird zwar in keine neuen Produktionsanlagen mehr investiert werden, aber bestehende Anlagen werden in Betrieb bleiben, solange die Kraftstoffpreise die Betriebskosten decken. Wenn mehr Biokraftstoffe produziert werden, steigen die Preise für Rohstoffe und Nahrungsmittel, was wiederum den Aufschwung der Biokraftstoffe dämpft. Auch wenn die Produktion von Biokraftstoffen nur einen kleinen Anteil der globalen Kraftstoffproduktion ausmacht und das auch so bleiben wird, könnten die Nahrungsmittelpreise deutlich steigen. Im Verhältnis zum Nahrungsmittelbedarf der Menschen ist der zusätzliche landwirtschaftliche Ertrag, der möglich ist, erheblich, bei einem erhöhten Bedarf an Biokraftstoffen fällt er aber kaum ins Gewicht. Wenn wir uns den Grenzen landwirtschaftlicher Produktionskapazitäten nähern, werden die Grenzkosten steigen und langfristig ohnehin zu höheren Nahrungsmittelpreisen führen. Viele arme Menschen werden sich die hohen Preise für Grundnahrungsmittel, die sie zum Überleben brauchen, nicht leisten können. Die Produktion von Biokraftstoffen könnte also schnell zulasten der Nahrungsmittelversorgung gehen.
Die Rolle der Regierung
Wie könnte vermieden werden, dass diese Voraussage in den nächsten Jahrzehnten Realität wird? Die Erschließung neuer, ergiebiger Rohstoffquellen könnte die Rohstoffpreise begrenzen und einen Höhenflug der Biokraftstoffe verhindern. Doch es dauert Jahrzehnte, bis neue Technik entwickelt, Kosten reduziert und Produktionskapazitäten ausgeweitet sind. Auch Effizienzsteigerungen und die Ausbildung einer Kultur, in der Energie keine zentrale Rolle einnimmt, dauern Jahrzehnte. Maschinen, Gebäude und Infrastrukturen mit hohem Energieverbrauch haben eine lange wirtschaftliche Lebensdauer. Die meisten der von Menschenhand geschaffenen Vermögenswerte im Jahr 2052 sind schon heute hergestellt worden.
Zu internationalen Vereinbarungen darüber, die landwirtschaftliche Produktion auf die Erzeugung von Nahrungsmitteln zu begrenzen und die Produktion von Biokraftstoffen aus landwirtschaftlichen Produkten zu verbieten, wird es erst kommen, wenn die Menschen Grund und Boden nicht mehr als
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