2082 - Ein ganz normaler Held
verließen nacheinander die Kantine, ohne dass sich ein einziger eine Extraportion geholt hätte.
Das hatte es noch nie gegeben. Der Roboter ließ den Techniker und neuen Verwalter los. Richsen wirbelte blitzschnell zu ihm herum und starrte ihn wütend an. „Du magst ja ein vortreffliches Vernichtungsinstrument sein", schrie er. „Du magst mich ja beschützen sollen, aber weißt du, was ich denke? Du bist in erster Linie da, um mich zu überwachen! Dass ich ja nichts tue oder sage, was deinem Herrn Baranon nicht passt!"
„Ich bin zu deinem Schutz abgestellt", sagte Mistkerl monoton.
Richsens nächster Weg führte ihn zu Kinda Apfer ins Büro der Betriebsleitung. Die Firmenerbin tat nicht so, als hätte sie ihn erwartet. Im Gegenteil, auch sie wirkte ungemein beschäftigt. „Was willst du von mir, Verwalter?" fragte sie kühl, ohne von ihren Unterlagen aufzusehen. „Was gibt es zwischen uns noch zu besprechen?"
„Ich will mit dir reden. Du warst doch dabei. Du weißt, dass ich von dem Arkoniden erpresst worden bin." Sie sah zu ihm auf, feindselig, ablehnend. „Ich habe es gehört. Aber das ändert nichts daran, dass du ein Halbarkonide bist und zu ihnen gehörst."
„Wie kann man nur so verbohrt sein?" fragte Richsen. „Es stimmt wohl, ich bin ein halber Arkonide. Aber mein Herz schlug immer für Terra, und das wird es auch immer weiter tun. Hat es bis jetzt jemand gestört, dass ich anders bin? Nicht einmal gemerkt hat es jemand. Was soll ich jetzt tun, deiner Meinung nach? Mich umbringen?"
„Das wäre vielleicht nicht die schlechteste Lösung", sagte Kinda eiskalt. „Chefin", appellierte Richsen. „Wir müssen diesen Auftrag bis zum fünfzehnten März erledigt haben, oder es kostet mich wirklich das Leben. Ich bin doch nie unangenehm aufgefallen. Ich war doch immer da, wenn es darum ging, einen kleinen Fehler auszubügeln. Ist das jetzt der Dank dafür?"
„Die ganze Belegschaft ist gegen dich", antwortete Kinda Apfer. „Du wirst den Termin niemals schaffen."
„Ist das dein letztes Wort?" Richsen sah das kurze Aufflackern von Mitleid in ihrem Blick, aber dann verfinsterte sich dieser wieder, und die Werfterbin sagte: „Versuche dein Glück bei den Männern und Frauen. Ich habe ja nichts mehr zu sagen, also kann ich dich auch nicht unterstützen. Es ist deine Angelegenheit, Panther."
„Du hättest ihnen noch viel zusagen", entgegnete Richsen bitter, aber er erhielt keine Antwort mehr. „Na gut", sagte er in plötzlichem Trotz. „Wenn wir nicht vernünftig zusammenarbeiten können, schließe ich dich hiermit vom Produktionsprozess aus. Ich werde die Rolle spielen, die die Arkoniden von mir erwarten, denn ich will leben. Und das bedeutet, dass die MILANO zum fünfzehnten März fertiggestellt ist."
„Niemals", erwiderte Kinda Apfer. Banther Richsen warf einen Blick auf das weiße Band an ihrem Arm. Soweit er sich erinnerte, hatte sie es noch nicht getragen, als Baranon hier gewesen war.
Er zwang sich zur Ruhe. Ihm lagen die Worte auf der Zunge, die seine Chefin vielleicht zum Einlenken bewegt hätten, zur Unterstützung seiner Arbeit. Doch hinter ihm schwebte Mistkerl, und der Verdacht, dass er sein Aufpasser wäre; war inzwischen zur Gewissheit geworden. „Mit deiner Einstellung ruinierst du die Werft", sagte Banther nur noch. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging.
*
Er hatte seinen Entschluss gefasst, auch wenn er sich dafür hasste und verachtete. Aber um zu überleben, musste er sich in seine Rolle fügen. Dass damit allein noch nichts gewonnen war, war ihm klar. Es war eine fast' unmögliche Aufgabe, die ehemaligen Kollegen zu überreden, für ihn zu arbeiten. Er konnte nicht frei mit ihnen reden, solange der Kampfroboter bei ihm war. Wenn es wenigstens gelänge, ihn zu desaktivieren! Aber das konnte er selbst nicht, und mit denen, die es konnten, durfte er nicht reden, ohne dass Mistkerl, sein Schatten, gewarnt war. Es war eine verzwickte, scheinbar aussichtslose Situation, aber Richsen wollte nicht aufgeben.
Er musste in die Montagehalle zu seinen ehemaligen Kollegen; es noch einmal versuchen. 35 Jahre Freundschaft konnten nicht so einfach weggeblasen sein. Cisco Black, Armin Rohr, David Jennings - wenn er allein mit ihnen sprach, hörten sie ihm vielleicht zu. Richsen nahm Gleitbänder und den Lift. In der Halle angekommen, traf ihn fast der Schlag. Nicht wegen der überall herumlungernden Arbeiter und Arbeiterinnen, sondern wegen der Jet selbst. Der 35 Meter
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