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2085 - Kintradims Heim

Titel: 2085 - Kintradims Heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Ewigen, wie Inkaty Chirpagnon diese Lagerstätte mit den Lebenstanks für sich nannte, erfüllt von einem verhaltenen Singsang, einer Klagemelodie, die aus Schmerzen geboren war. „Du siehst, es ist ganz einfach", sagte Kintradim Crux, als sie das Ende des Ganges erreicht hatten. „Versuch es jetzt .selbst, Drache!" Der Kergorah nahm das Bedienungselement mit leicht zitternden Flügelkrallen entgegen, während er die beiden Hüftarme mit den sensibleren Vierfingerhänden über die Sensorreihen hob. Er verglich die Symbole auf dem Tank vor ihm, bevor er die dazugehörigen Sensoren betätigte. Danach bediente er die Regler für Frequenz und Feldstärke. Er tat es überaus vorsichtig, wie er meinte. Aber in dem Tank regte sich zuerst gar nichts.
    Erst als er den Feldstärkeregler mit einem kurzen Ruck hochfuhr, begann das Geschöpf in dem Tank derart heftig zu zucken, dass es mit dumpfem Geräusch immer wieder gegen die transparente Wandung des Tanks prallte. Dabei stieß es schrille, durch Mark und Bein gehende Geräusche aus. Inkaty Chirpagnon ließ vor Schreck das Bedienungselement los, so dass es zu Crux segelte. Der Architekt nahm es auf, tätigte ein paar Einstellungen, und die schreckliche Kreatur in dem Tank beruhigte sich allmählich wieder.
    Inkaty befürchtete, dass der Architekt ihn nun für sein Missgeschick bestrafen würde. Im ersten Moment sah es auch so aus, als wolle Kintradim Crux zornig reagieren, aber dann sagte er in versöhnlichem Tonfall: „Das kann jedem Anfänger passieren. Du lernst das schon noch."Und so war es auch. Innerhalb kürzester Zeit erlernte der Kergorah dieselbe Virtuosität bei der Bedienung des Stimulators wie der Architekt, ja, er hatte ihn an Virtuosität bald sogar überflügelt. Und ... was Inkaty Chirpagnon zuerst nie für möglich gehalten hätte: Er fand Gefallen daran, die Monstren in den Tanks nach seinem Willen „tanzen" zu lassen.
    Es war das einzige Vergnügen, das ihm gegönnt wurde: die Parade der Ewigen abzuschreiten und sie nach seinem Takt ihren gespenstigen Reigen aufführen zu lassen.
    Im Lauf der Zeit gewöhnte sich Inkaty Chirpagnon sogar an, mit seinen Schutzbefohlenen mitzutanzen, wenn er mal ausgelassen war und den Drang verspürte, sich ein wenig gehenzulassen. Dafür gab es eigentlich nie einen Grund, aber manchmal wurde er vom Reigen der Monstren einfach mitgerissen. Dann vollführte er mit ausgebreiteten Flügeln weite Sprünge, segelte durch den Gang. Er legte die Flügel an, drehte sich in Pirouetten und wagte elegante Überschläge. Dabei hielt er den Stimulator mit einer Flügelkralle und schlug mit den Fingern des Hüftarmes leidenschaftliche Akkorde.
    Und die Ewigen wanden sich gequält in ihren Tanks, krümmten sich zusammen, schlugen unter Schmerzen gegen die transparenten Wände, bäumten sich zuckend auf, beugten sich unter unsichtbaren Knüppeln. Über allem schwebte die vielkehlige Melodie ihrer Klagelieder. „Joho, meine Schönen, zeigt, was ihr könnt!" stachelte Inkaty seine Schützlinge an und schlug weitere Akkorde auf seiner Orgel, zog alle Register auf der Tonleiter der Schmerzen. „Zeigt mir euer Temperament! Ich will sehen, was in euch steckt."
    Und der Tanz ging weiter, bis Inkaty selbst vor Erschöpfung in sich zusammensackte und ringsum tobendes Chaos in den Lebenstanks herrschte. Das brachte ihn zumeist zur Besinnung, und er fragte sich, was in ihn ge fahren war, dass er sich so gehen lassen konnte. Nicht, dass ihn das Mitleid für die gequälten Kreaturen übermannt hätte. Oder Reue wegen seines Treibens. Warum sollte er Mitgefühl entwickeln? Er tat nur seine Pflicht. Er musste seine Schützlinge quälen, denn Schmerz war ihr Lebenselixier. Er wunderte sich nur über sich selbst, dass er, der größte Feigling seines Volkes, sich zu einem Folterknecht entwickeln konnte, der sich an der Qual dieser Kreaturen weiden konnte.
    Etwas war mit ihm geschehen. Mit ihm war eine Wandlung vor sich gegangen. Er war zu einem anderen geworden. Zu einem Inkaty Chirpagnon, der nicht minder egoistisch und skrupellos war als der alte. Der aber keinerlei Selbstbeschränkung mehr kannte, keinerlei Bedenken und nicht die geringsten Hemmungen. Er hatte früher stets solch panische Furcht vor Schmerzen gehabt, dass er nicht einmal zusehen konnte, wenn andere litten.
    Denn zu sehr erinnerten ihn solche Szenen daran, was ihm selbst widerfahren könnte. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie er zusammengebrochen war, als er zusehen musste, wie

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