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209 - Die fliegende Stadt

209 - Die fliegende Stadt

Titel: 209 - Die fliegende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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– und prallte im nächsten Moment hinterrücks gegen etwas, das wie ein Pfeiler im tosenden Meer fest verwurzelt stand.
    »In der Tat, da ist er – quicklebendig und frei«, tönte da eine bekannte Stimme hinter ihm.
    ***
    Hau Mikh stand auf dem Balkon über dem Paradeplatz und ließ von den Lakaien Nahrungsmittel auf die jubelnde Menge werfen. Ihm selbst war nicht nach Feiern zumute. Ganz und gar nicht.
    Sein Blick wanderte an den prall gefüllten Trägerballons vorbei Richtung Süden. Dorthin, wo der Donnergott Hausakoy der Legende nach wütete. Die vulkanischen Ausläufer westlich des Kilmaaro (Kilimandscharo) standen in Flammen, genau wie Hau Mikhs Innerstes. Zorn, Angst und Enttäuschung trieben seinen Herzschlag in die Höhe. Alles war verloren. Die Mistress hatte den lang ersehnten Vater ihres Wunschkindes gefunden, einen perfekten Albino, der dazu noch göttergleich gebaut war. In nichts konnte er selbst – ein eingekaufter Sklave aus Egeeti – da mithalten.
    Die schmerzlich-süßen Schäferstündchen waren endgültig vorbei, sein Traum, an der Seite von Crella zu stehen und als ihr Geliebter und Partner anerkannt zu werden, vergangen.
    Schon jetzt hatte sie nur noch Augen für diesen Rulfan.
    Wie lange habe ich unter diesen Umständen noch zu leben?
    Würde Hau Mikh sein Amt als Organisator und Kontrollinstanz halten können? Wohl kaum. Und wenn? Wie viele dieser zufälligen Anschläge würde er ohne den Schutz der Herrin überstehen? Aspergina hatte klar gemacht, wie sehr sie ihn verabscheute.
    Am Ende werde ich im Baobab-Wald landen, wohin ich all die verbrauchten Liebhaber und deren Kinder entsorgt habe.
    Als Klumpen Fleisch, weggeworfen, zwischen Grünzeug und Opfergaben, umkreist von Einsamkeit und den verblichenen Knochen der Entseelten.
    Bei dieser Vorstellung durchzuckte Hau Mikh ein kalter Schauer. Selbstmitleid und Depression trieben ihm Tränen in die Augen. Warum nur hatte ihm das Schicksal so böse mitgespielt? Warum hatten diese Mamissi und ihr Verbündeter Jakk Son hier am Hof auftauchen müssen? Sie hatten der machthungrigen Mistress den Weißen Wahn eingeredet!
    Hau Mikh schluckte und blinzelte sich die Tränen aus den Augen. Sogar ihre eigenen zwei Kinder hatte sie diesem Irrsinn geopfert. Verstoßen, ausgesetzt!
    Wut und Scham über seine Mittäterschaft stritten mit bleierner Trauer und nackter Existenzangst.
    Oder gab es doch noch einen Ausweg? Er zupfte ein Spitzentaschentuch aus seinem Frackärmel und schnäuzte sich verhalten. Warum mit Rulfan nicht das tun, was er schon mit all den anderen Liebessklaven getan hatte? Nach dem Ende des zweistufigen Rituals waren sie stumpfsinnige Marionetten, willen- und wehrlos. Er müsste es nur wie einen Unfall aussehen lassen, irgendeinen Handlanger beauftragen, um nicht selbst unter Verdacht zu geraten.
    Aber würde ihn die Voodoo-Priesterin nicht doch durchschauen? Die Folter, die auf das Töten eines Auserwählten stand, war sicher auch für Hau Mikh kein Spaß mehr.
    Hau Mikhs Blick wanderte von den rauchenden Vulkankuppen zurück zu den Einwohnern, die wie Schweine im Kalkstaub wühlten, um eine der hingeworfenen Bataten, Maniokknollen oder Okrabohnen zu ergattern.
    Ein weiteres Mal stellte er fest, wie schmutzig und heruntergekommen diese Welt doch im Gegensatz zu seiner alten Heimat war.
    Dann plötzlich stutzte er. Waren das nicht der Safaariman und seine Jägerbande, die dort unten mit einem Mann vom Sprühdienst und seinem Hund rauften?
    Hau Mikh beugte sich vor und schaute genauer hin.
    Tatsächlich. Was zum Amentu hatte das zu bedeuten?
    Als der Kalk-Sprüher jetzt seine Schutzmaske verlor und ihm die Kapuze in den Nacken rutschte, fiel es ihm wie Weißfischschuppen von den Augen. Dieser Fremde, der sich so heroisch gegen eine Übermacht schlug, war kein Ambassai!
    Die Haut seines Gesichts schimmerte hell, und sein Haar glich den Strahlen der Mittagssonne.
    Das ist… Hau Mikhs Gedanken überschlugen sich. Das muss Rulfans Freund sein, den er bei seinem Auftritt vor der Mistress erwähnt hat!
    Ein Plan nahm Gestalt an. Er gab den anderen Sklaven ein Zeichen, die Ghanabell-Glocken ein weiteres Mal zu läuten, um das Spektakel zu beenden, und zog sich eilig zurück.
    ***
    Hau Mikh erreichte den Zeremoniensaal, als der Albino gerade trotz heftiger Gegenwehr vor Crellas Augen auf den Altartisch gebunden wurde.
    »Ich weiß nichts von irgendeinem Orzo, und ich bin kein Auserwählter, verdammt!«, wetterte er. »Mein Name ist Rulfan, ich

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