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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Säfir hier?“
    „Nein; wir nehmen ihn mit.“
    „Und wie steht es mit den Hieben, die seinen Rücken und meine Seele erfreuen werden?“
    „Hat das so große Eile?“
    „Ja, sehr große, Sihdi! Ich behalte das, was andere zu bekommen haben, nicht gern auch nur eine Minute länger, als unbedingt nötig ist, also auch die Hiebe, welche schon längst in seinen Besitz hätten übergegangen sein sollen. Ich will und muß sie loswerden, denn es stört mich in meinem Wohlbefinden, wenn ich sie noch länger mit mir herumtragen soll!“
    „So wollen wir uns jetzt sputen, damit du ja so schnell wie möglich von dieser schweren Last befreit wirst!“
    Ich schloß die Truhe wieder zu und steckte den Schlüssel wieder ein. Als wir dann zum Säfir traten und der Lichtschein auf ihn fiel, bemerkte ich auf der rechten Seite seines Gesichtes eine beginnende Geschwulst. Das war die Folge des Hiebes, mit welchem sein krasser Fluch vorhin von Halef beantwortet worden war. Wir banden ihn von den Stäben los und gaben seine Füße frei, schnürten ihm aber die Ellbogen so fest auf dem Rücken zusammen, daß er, trotzdem er nun laufen konnte, ganz in unsere Hände gegeben war. Dann stiegen wir hinauf. Er ging mit, ohne sich zu weigern und aber auch ohne ein Wort zu sprechen. Es war, als ob der in ihm kochende Grimm ihn ersticken wolle. Als wir oben in das Freie traten, wirkte sein Gesicht ganz anders als unten bei dem unzureichenden Licht des kleinen Lämpchens. Zu der schon vorhanden gewesenen und ihn entstellenden Narbe auf der linken Seite seines Gesichts war jetzt die schnell wachsende und sich dunkel färbende Geschwulst der andern Seite gekommen; dazu der lange, zerzauste Bart, der drohende Blick der blutunterlaufenen Augen und die weit herabhängende Unterlippe. Es überlief mich ein Grauen, ein körperlicher und geistiger Ekel, als ich dieses mehr als abstoßende Gesicht so vor mir sah!
    Er wollte abwärts schreiten; ich befahl ihm aber, sich niederzusetzen, was er still, aber mit einem Blick tat, der mich vernichtet hätte, wenn es auf den Besitzer des Auges angekommen wäre.
    „Wir wollen den Eingang verschließen“, sagte ich zu Halef.
    „Womit?“ fragte er.
    „Mit den Ziegeln, welche hier liegen.“
    Als der Säfir diese Worte hörte, ließ er ein höhnisches Räuspern hören. Ich fuhr als Antwort auf diese Verspottung fort:
    „Das ist nämlich ganz leicht, wenn man die Sache kennt. Du kannst dich doch, lieber Halef, auf die Schrift besinnen, welche ich dem Pädär-i-Baharat aus der Tasche genommen und, nachdem ich sie gelesen hatte, wieder hineingesteckt habe?“
    „Ja, Sihdi.“
    „Sie enthielt eine Zeichnung, welche sich auf diesen Eingang bezog. Es ist kaum glaublich, wie unendlich dumm alle diese Menschen gewesen sind! Durch diese Zeichnung wurde mir das Geheimnis verraten. Es war der Weg von da unten bis hier herauf ganz genau angegeben und auch die Schrift abgebildet, an welcher der letzte Stein, der eigentliche Verschlußziegel, zu erkennen ist. Es war babylonische Keilschrift, die ich lesen kann; darum war es sehr leicht, mir die Zeichen einzuprägen, so daß ich sie nicht wieder vergessen habe. Diese Menschen aber verstehen nichts von dieser Sprache und von dieser Schrift und müssen sich also mit Abbildungen des Steins behelfen. Die betreffenden Zeichen bedeuten die Worte ‚ – – – romen 'a. Illai in tat kabad bad 'a. Illai‘. (, – – – darbringen dem höchsten Gott, nur allein um seine Herrlichkeit zu zeigen'.). Ich werde jetzt nachsehen, welcher Stein diese Worte enthält.“
    Die Ziegel waren so vorsorglich nach der Reihe gelegt, daß es nur eines Blicks bedurfte, den zu finden, welchen er meinte. Ich deutete auf ihn und fuhr fort:
    „Hier sehe ich ihn. Er enthält ganz genau die Zeichen, welche mir durch die unverzeihliche und unbegreifliche Unvorsichtigkeit des Pädär-i-Baharat verraten worden sind, und ist also der letzte, welcher eingefügt werden muß. Daraus folgt, daß ich mit den Ziegeln, die auf der ihm entgegengesetzten Seite liegen, beginnen muß.“
    „Allah zerreiße diesen leichtsinnigen Halunken!“ knirschte der Säfir. „Dich aber verfluche er bis – – –“
    Er verschlang die übrigen Worte, denn Halef zog die Peitsche und holte zum Hieb aus.
    „Das ist dein Glück, daß du den Zibl (Mist), den du sprechen wolltest, wieder auf den Unrat, der dein Inneres füllt, zurückgeschlungen hast!“ sagte er. „Ich hätte dich durch diese Peitsche

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