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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Pack (echtestes Blut) und würden lieber verschmachten, als ihren Platz zu verlassen. Wir müssen auch der Spuren wegen hier bleiben, denn wenn ihr in der Dunkelheit auf ihnen herumreitet, die nicht berührt werden dürfen, sind sie dann morgen nicht mehr zu unterscheiden.“
    „Das mit diesen Fährten ist mir ganz neu. Ich habe stets gedacht, Spur sei Spur.“
    „Da befandest du dich im Irrtume. Das Lesen der Fährten ist höchst interessant, aber auch nicht leicht. Es bildet geradezu eine Wissenschaft, welche studiert werden muß.“
    „Beschäftigt man sich in deinem Vaterlande Dschermania mit dieser Wissenschaft?“
    „Nein. Ich habe es anderswo gelernt.“
    „Es wird dich freuen, zu erfahren, daß ich Dschermania sehr genau kenne.“
    „Ah! Du kennst es wirklich?“
    „Sehr genau, wie ich schon sagte. Es wird auch Dschermanistan genannt. Habe ich recht?“
    „Ja.“
    „Es liegt zwischen dem Garb Tarabulus (Tripolis) und Ustrali (Australien). In der Mitte liegt der große See Filimenk (Holland), und um die Grenzen laufen die Flüsse Iswitschera (Schweiz), Londra (London), Budschdan (Moldau) und Tschin (China). Im Norden steht der Berg Dschewwa (Genua) und im Süden der Berg Danimarka (Dänemark). Nicht wahr, Emir, du siehst ein, daß ich dein Vaterland sehr genau kenne?“
    „Ja, sehr genau“, antwortete ich möglichst ernst.
    Höchst stolz auf diesen geographischen Triumph, warf er einen stolzen Blick im Kreise herum und fuhr fort:
    „Das sind die Errungenschaften davon, daß ich mich in meiner dienstfreien Zeit sehr gern mit der Dscheografia (Geographie) beschäftige. Die Bewohner von Dschermanistan sind sehr bewegliche Nomaden; sie wohnen in grünen oder blauen Zelten, ziehen bald dahin, bald dorthin und züchten Kamele, welche, wie die unserigen, einen, oftmals aber auch zwei Höcker haben. Ihre Datteln sind zwar nicht so wohlschmeckend wie diejenigen, welche wir verspeisen, dafür aber gedeihen bei ihnen die Ziegen besser als bei uns. Ihre Häuptlinge zahlen dem Sultan von Stambul (Istanbul) einen jährlichen Tribut, welcher in Teppichen und Haremspantoffeln besteht, wofür sie die Erlaubnis haben, zur Erlangung der nötigen Lebensklugheit unsere Makahtib und Mädahris (niedere und höhere Schulen) besuchen zu dürfen. Sie sind eifrige und treue Anhänger des Propheten; man findet sie bei jedem Pilgerzug mit dem Koran in den Händen, und Mekka und Medina sind ihnen die heiligsten Städte der Welt. Du wirst mir bezeugen, Emir, daß diese meine Schilderung den Inbegriff der Wahrheit enthält!“
    Was sollte ich antworten? Ich wollte ihn nicht kränken und konnte die Dummheiten, welche er vorgebracht hatte, doch unmöglich bestätigen. Da half mir Halef aus der Verlegenheit. Dieser war kein Türke, sondern ein Beduine, und zwar ein in der westlichen Sahara geborener, der sich durch nichts verpflichtet fühlte, dem Beherrscher in Konstantinopel eine besondere Verehrung zu zollen. Dafür aber hatte er, weil er mich liebte, eine ganz besondere Sympathie für mein Vaterland. Seine Kenntnisse über dasselbe waren allerdings auch sehr fragwürdiger Natur, denn was ich ihm von Deutschland erzählt hatte, das war stets sehr schnell von ihm wieder vergessen worden; auch konnte er sich den Okzident nicht anders als nur unter orientalischen Verhältnissen denken, und so wirkte, wenn er einmal von einem europäischen Land oder Volk sprach, das, was er vorbrachte, meist sehr Heiterkeit erweckend; aber klüger war er in dieser Beziehung dennoch als der Kol Agasi. Ganz besonders ärgerte es ihn, daß dieser von Tribut gesprochen hatte. Das war eine Herabwürdigung der deutschen Nation, eine Beleidigung, welche er, weil ich ein Deutscher war, unmöglich dulden konnte. Darum wartete er gar nicht ab, ob oder was ich dazu sagen würde, sondern er fiel sehr schnell und in eifriger Weise ein:
    „Wie? Du meinst den Inbegriff der Wahrheit gesagt zu haben? Ich muß dir mitteilen, daß dieser dein Inbegriff über alle Begriffe unbegreiflich ist und daß ich noch nie eine Wahrheit gehört habe, welche in Wahrheit so viele Unwahrheiten enthält wie die deinige.“
    „Wie?“ fragte der Alte erstaunt. „Das sagst du mir, der ich in der Dscheografia so bewandert bin! Und zwar sagst du es in einer Weise, welche so ganz entfernt ist von der Höflichkeit, die man im Umgange mit Offizieren des Großherrn anzuwenden hat!“
    „Was du über Dschermanistan gesagt hast, das hast du nicht als Offizier, sondern als Dscheograf gesagt,

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