21 - Stille Wasser
geraten?«
»Genau das wollen wir herausbekommen«, erklärte ihr Buffy. »Will, bring Ariel rein. Und dann ruf Giles an und sag ihm, dass wir an der Sache dranbleiben.«
Sie schaute in den Kanalisationsschacht hinunter und rümpfte angewidert die Nase. »Warum kann uns nicht mal irgendwas im, na, sagen wir mal, Kino auflauern? Ein schöner, trockener, lauschiger, gut riechender Filmpalast, wo ich mit einem Monster kurzen Prozess machen könnte, bevor es sich im Kabelfernsehen zu einem Dauerbrenner entwickelt.«
»Da kannst du lange warten«, meinte Angel. Als Buffy ihn irritiert anstarrte, fügte er, ohne die Miene zu verziehen, hinzu: »Das Popcorn würde ihm die Hauer verkleben.«
9
Buffy verzog das Gesicht und verspürte – für den Bruchteil eines Augenblicks – gegenüber dem Vampir, der an ihrer Seite ging, beinahe so etwas wie Neid. Atmen zu müssen war hier unten in Sunnydales Kanalisationssystem ein echter Nachteil. Selbst wenn man sich an das glitschige Gefühl unter den Füßen, an all den Schlamm und den Dreck und an das bedrückende gelblich trübe Licht der Notbeleuchtung gewöhnt hatte, ließ einen der ätzende Gestank, der über allem lag, immer noch den Drang verspüren, sich permanent übergeben zu müssen.
»Warum dreht sich so vieles in meinem Leben um Dinge, die absolut widerlich sind?«, grummelte sie in sich hinein. »Wessen Idee war das? Sollte ich jemals herausbekommen, welche Hirnis dafür verantwortlich sind, werde ich ihnen nach guter mittelalterlicher Sitte ein wenig Feuer unterm Hintern machen.«
Angel war klug genug, auf eine Antwort zu verzichten. Sie fluchte und schimpfte bereits den ganzen Abend und hatte sich mittlerweile in einen Zustand gerechten Zorns hineingesteigert, der allen verdächtigen Kreaturen, denen sie heute Nacht hier unten begegnen mochten, selbst wenn ihr Aggressionspotential gegen null tendierte, nichts Gutes verhieß.
Seite an Seite folgten sie einer engen Biegung und spähten den Tunnel hinab. Angel stieß ein frustriertes Fauchen aus. Der Tunnel führte ein Stück weit geradeaus, nur um sich nach etwa zehn Metern in zwei gleichermaßen wenig einladend aussehende Gänge zu teilen. Er sah Buffy an, doch die zuckte nur mit den Schultern. Auf ihrem Weg durch die immer gleichen Kanäle bis hierher zu diesem Abzweig hatte die Eintönigkeit der Umgebung allmählich dazu geführt, dass ihre anfängliche Wachsamkeit einer gewissen Abgestumpftheit gewichen war.
»Welchen nehmen wir?«, fragte Buffy. »Sollen wir eine Münze werfen? Ein Streichholz ziehen? Ach, was soll’s, nehmen wir einfach den linken.«
»Irgendein besonderer Grund?«
»Nein. Nur so eine Laune von mir. Hast du einen besseren Vorschlag?«
Angel hielt prüfend die Nase in die stinkige Luft, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Für einen Moment dachte ich, ich hätte Salzwasser gerochen, doch es war nur der Geruch nach Metall, wohl von den neuen Rohrleitungen, die sie in der vergangenen Woche verlegt haben.«
»Klasse. Scheint so ’ne Art Gesetz zu sein; wenn schon mal in Sunnydale so etwas wie Bürgerstolz erwacht, dann grundsätzlich zur falschen Zeit.«
»Wir könnten Zeit sparen, wenn wir uns trennen. Du links, ich rechts«, schlug er nüchtern vor.
»Könnten wir«, gab sie ihm Recht. Doch keiner von beiden traf Anstalten, den Gedanken in die Tat umzusetzen.
Fünf Minuten später war Buffy nahe daran, den Vorschlag zu machen, umzukehren und doch den rechten Abzweig zu nehmen. Der schmale Tunnel wurde zunehmend enger und allmählich bekam sie echt Platzangst. Sie wagte sich kaum vorzustellen, wie Angel, der immerhin um einiges größerund breiter war als sie, sich fühlen mochte.
»Hier ist gar nichts«, sagte er, bevor sie ihm ihren Vorschlag unterbreiten konnte. »Wirklich sonderbar.«
»Stimmt.« Nun, da er es erwähnt hatte, fiel auch ihr die völlige Stille auf, die hier unten herrschte. »Nicht mal das Trippeln oder Fiepen einer Ratte. Nicht, dass ich mich beschweren möchte, wohlgemerkt.« Sie glitt in der knöcheltiefen Brühe aus und presste einige Flüche zwischen den Zähnen hervor, die ihre Mutter wahrscheinlich höchst unglücklich gemacht hätten.
Angel blieb stehen und reichte ihr die Hand. Dann wurde sein Gesichtsausdruck plötzlich angespannt. Er hob witternd den Kopf und seine Augen blitzten in dem schwachen Dämmerlicht für einen Augenblick auf. Ohne einen Laut ging er weiter, während Buffy ihm vorsichtig folgte. Sie gelangten an eine Stelle, an der sich
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