2105 - Zuflucht auf Jankar
ähnlich wie einen Transmitterdurchgang."
Gucky materialisierte mit Roxo Quatron hoch oben auf einer der Zinnen. Keine zehn Meter von ihnen entfernt stand ein Posten auf dem schmalen Gesims. Er hatte sich mit einem Strick an der Mauer befestigt, womit er verhinderte, dass eine gefährliche Windböe ihn in die Tiefe riss.
Jankaron konnten nicht aus eigener Kraft fliegen. Sie stammten von Wesen ab, die Laufvögeln glichen. Ihr Traum, sich in die Lüfte erheben zu können, hatte sie bei der Entwicklung der Luftund Raumfahrt angespornt.
Der Melchya-Palast ähnelte in seiner Unübersichtlichkeit einem Gewirr aus Röhren, Türmchen und eiförmigen Zellen. Aus nächster Nähe wirkte er auf Gucky eher abstoßend. Blickte man von der Stadt auf den Palast, sah er vermutlich aus wie ein kunstvoll gewirktes Vogelnest aus goldenen und bronzenen Fäden, in dem beeindruckende Eier lagen.
Eine Armee aus mindestens fünfhundert Wächtern machte aus dem Areal eine uneinnehmbare Festung.
Sie waren mit schussbereiten Impulsstrahlern, Handfeuerwaffen mit Bleimantelgeschossen bis hin zu altertümlichen Spießen und Armbrüsten ausgerüstet. Ein Unbefugter gelangte hier nicht lebend hinein oder hinaus.
Der Ilt nickte seinem Begleiter zu, fasste ihn erneut an der Hand. Gemeinsam stiegen sie auf die Mauer und sprangen in den Abgrund. Gucky spürte, wie Roxo Quatron sich anfangs versteifte, dann aber das sanfte Abwärtsgleiten genoss. Probeweise streckte er den freien Arm aus.
„Ich lasse dich jetzt los", sagte der Ilt. „Keine Angst. Es kann nichts schief gehen."
Leicht wie eine Feder schwebte der Jankaron mit ausgebreiteten Armen und Beinen hinab zu der Balustrade, die Gucky sich als Ziel ausgesucht hatte. Unbehelligt landeten sie nebeneinander.
Auf Jankar waren Parafallen unbekannt. Ein Mutant wie Gucky konnte sich ungehindert bewegen.
Zudem war kein Taster in der Lage, die minimalen Emissionen der Deflektorschirme zu erkennen. Ein solcher Ausflug, fand Gucky, überbot an Langeweile alles andere.
Sie gingen in das Gebäude hinein. Gucky konzentrierte sich auf die Gedanken der anwesenden Jankaron.
Die meisten beschäftigten sich mit Alltagsdingen. Ein paar Federfuchser arbeiteten an ihren positronischen Terminals. Sie kommunizierten mit Außenstationen, Lagern am Raumhafen und Depots rund um Jankar.
Immer wieder entdeckte der Ilt die Gedanken von Angehörigen des Personals in der Umgebung des Handelsherrn. Ihnen entnahm er, wo Sem Kattisch Melchya sich derzeit aufhielt.
Zielsicher führte der Ilt den Jankaron in das Zentrum des Palasts, zu den Gemächern und Büros des Handelsherrn.
In der LEIF ERIKSSON hatte sich Gucky mit dem Jankaron ausführlich über die Beweggründe des Melchya-Sippenchefs unterhalten. Kattischs Vorschläge im Hohen Rat gingen über alles hinaus, womit die Terraner gerechnet hatten.
Eine Art Phobie vor Fremden konnte es nicht sein. Sem Kattisch Melchya zählte zu den Pionieren der Raumfahrt. Seine Schiffe unternahmen die weitesten und längsten Reisen innerhalb von Virginox.
Eifersucht wollte Roxo Quatron ebenfalls ausschließen. Die Tatsache, dass ein Quatron die Kontakte zu Eltanen, Terranern und Arkoniden hergestellt hatte, besaß keine Bedeutung. Die Macht des Melchya-Nestvaters geriet dadurch nicht ins Hintertreffen.
Sie wollten die Beweggründe des Jankaron herausfinden, das war der Grund ihres Besuchs.
Die Gefährten erreichten einen Innenhof. Gucky blieb stehen. Er streckte den Arm zur Seite aus und hielt Roxo Quatron zurück. Auf der gegenüberliegenden Seite des Innenhofes saß eine Gestalt. Die Zeichnung des Kopfgefieders in Grau und Beige ließ keinen Zweifel zu.
Es war Kattisch Melchya. Der Handelsherr und Nestvater der Melchya-Sippe saß reglos auf einem Stein. Er hielt den Kopf zur Seite gedreht. Ein Auge starrte zum Himmel empor, das andere auf den Steinboden des Hofes.
Gucky konzentrierte sich auf die Gedanken des Handelsherrn. Irgendetwas stimmte mit ihnen nicht. Sie blieben seltsam undeutlich und wirr. Der Mausbiber konnte ihren Sinn nicht erkennen.
Er aktivierte den Taster seines Einsatzgürtels und scannte den Jankaron. Kattisch Melchya trug nichts am Leib, was eine Abschirmung hätte erzeugen können. Auch in seinem Körperinnern entdeckte der Scanner nichts, was auf einen technischen Eingriff hinwies.
Ein Anti-Psi-Schirm über dem Gelände kam ebenso wenig in Frage. Roxos Gedanken empfing er klar und deutlich.
Der Ilt gab seinem Begleiter ein Zeichen. Sie zogen sich in
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