2109 - Tagebuch der SOL
wedelte mit der Hand. „Aber du beaufsichtigst die Arbeiten hier, entwirfst Pläne für weitere Einheiten, betreibst regen Tauschhandel mit den Terranern, oder nicht? Du bist doch derjenige, der diesen Unterstand gegründet hat! Aber das erlaube ich nicht!"
„Wir brauchen deine Erlaubnis nicht", versetzte Shoy ruhig.
„Ich bin der Lord-Eunuch!", schrillte Stap. „Ich trage die Verantwortung für das Volk der Mom'Serimer! Ich habe eurem Treiben nun lange genug zugesehen, mich nachsichtig gezeigt mit der Weisheit meines Alters, denn ich war selbst einmal jung und weiß, wie sehr man da nach den Sternen greifen will! Aber nun gehst du zu weit, Shoy Carampo! Du entfernst die Jugend von uns, trennst sie von ihrem Bewusstsein als Mom'Serimer, hältst sie von den wahren Werten fern! So sehr strebst du danach, ein Terraner zu werden, dass du dafür alles aufgibst! Du biederst dich ihnen an, erbettelst ihre Gunst, gibst dich wie sie! Aber das ist falsch, und das sage ich zu euch allen: Wir sind Mom'Serimer, Gäste an Bord der SOL, sie ist eine Zwischenstation, bis wir eine neue Heimat gefunden haben! Wir alle zusammen werden sie so bald wie möglich verlassen, denn wir sind ein Volk, eine Gemeinschaft, die niemals getrennt werden darf! Ihr habt mich zum Lord-Eunuchen gewählt und damit meine Führerschaft anerkannt!"
„Ich mache dir deine Führerschaft nicht streitig", erwiderte Shoy. „Wir gehen hier nur nicht mehr weg."
„Es kann doch nicht jeder machen, was er will!", schnappte der Lord-Eunuch.
„Doch", antwortete Shoy.
„Das bedeutet Anarchie! Chaos!"
„Wir haben seit der Flucht keine Ordnung mehr, Stap. Was tut ihr Alten denn schon? Ihr kümmert euch überhaupt nicht um die Jungen, um die Zukunft! Warum, glaubst du, kommen täglich mehr hierher? Weil sie hier eine Perspektive sehen!"
„Die Perspektive? Du glaubst, darüber entscheiden zu können? Ich habe eher den Eindruck, du lässt alle für dich arbeiten, um dir Vorteile zu verschaffen! Du denkst doch nur an dich, Shoy Carampo, du bist ein Verräter!"
„Das lasse ich mir von niemandem vorwerfen, auch von dir nicht, Lord-Eunuch", sagte Shoy langsam. Seine Gehirntentakel formten Zacken, ähnlich einem Blitz. „Dazu hat keiner ein Recht. Achte auf deine Worte, oder ich werde deine Autorität nicht mehr anerkennen."
„Keine Drohungen, junger Shoy, oder du wirst immer tiefer in Schuld versinken." Lord-Eunuch Crumero straffte seine Haltung. „Zum Wohl aller hier anwesenden Mom'Serimer fordere ich dich auf, dieses Lager hier abzubrechen. Alle Abtrünnigen werden augenblicklich in die Sektion zurückkehren, die Unmündigen werden unter strenge Aufsicht gestellt. Alle anderen werden zu ihren ursprünglichen Aufgaben zurückkehren. Du selbst wirst dich unserer Gerichtsbarkeit stellen, und wenn du dich reuig zeigst, werde ich Gnade walten lassen."
„Und wenn nicht?" Shoy hob die Hände. „Was geschieht dann? Wirst du mich einsperren? Das kannst du nicht. Solange du behauptest, Gast auf der SOL zu sein, hast du kein Recht, über mich oder einen anderen Mom'Serimer zu urteilen und Strafen zu verhängen. Andernfalls werde ich sofort SENECA bitten, Atlan in Kenntnis von deiner Willkür zu setzen, und ich werde bei ihm um Asyl bitten und eine Verhandlung unter Einbeziehung der Schiffsführung verlangen!"
„Dies ist eine mom'serimische Angelegenheit!", kreischte Stap.
„Und du bist hier Gast!", schnappte Shoy zurück. „Wir haben die Erlaubnis, uns in der SOL frei zu bewegen, das hast du uns nicht zu verbieten! Halte dich gefälligst an deine eigenen, von dir selbst aufgestellten Regeln, oder sollen die Mom'Serimer glauben, du handelst nur nach Gutdünken, wie es dir gerade passt? Wenn du dich selbst nicht an die Regeln hältst, warum sollten wir das tun? Wozu brauchen wir dich dann noch?"
Staps Gehirntentakel verknoteten sich beinahe. Er hatte sich in seiner eigenen Falle gefangen, und Shoy war diesmal derjenige, der die besseren Karten hatte.
„Ich verlange, dass dieser Unterstand sofort aufgelöst wird", stieß der Lord-Eunuch mühsam hervor. „Wir sind hier zu Gast, es werden keine Kolonien gebildet. Das Volk der Mom'Serimer wird sich nicht aufspalten, sondern den Traditionen und Regeln folgen, wie sie seit Anbeginn bestehen. Gemeinsam werden wir nach einer Heimat suchen, und gemeinsam werden wir die Zukunft gestalten. Ihr werdet sofort alles abbrechen und wieder in die Sektion zurückkehren."
„Und was dann? Sollen wir euch Alten beim
Weitere Kostenlose Bücher