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2109 - Tagebuch der SOL

Titel: 2109 - Tagebuch der SOL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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geben, auch Stap Crumero ist dann nicht mehr am Leben." Shoy sprach völlig emotionslos; bei ihrer Schnelllebigkeit hatten die wenigsten Mom'Serimer Muße, sich allzu sehr mit dem Tod oder der Trauer zu beschäftigen. Das wäre Verschwendung kostbarer Lebenszeit gewesen. „Fraglos wird meine Generation bald die endgültige Führung übernehmen, und ich zweifle nicht daran, dass ich nach Staps Tod seine Position einnehmen werde. Das wird ebenfalls eine Änderung unserer Gepflogenheiten sein; früher musste man dafür mindestens 14 Jahre alt sein. Aber so lange kann ich nicht warten, zudem hat sich sehr viel bei uns geändert. Ich weiß bereits mehr als jeder Indoktrinato."
    „Zu diesem Schluss sind wir auch gekommen", meinte Atlan. „Wir haben uns natürlich unsere Gedanken gemacht, was das Beste für euch sein könnte."
    „Ja, ohne dass wir für euch zur Belastung werden", vollendete Shoy mit seiner typisch atemlosen, zischelnden Sprechweise.
    Er verzog die schmalen Lippen zu einem Lächeln, das er von den Menschen abgeschaut hatte. Viele Mom'Serimer hatten inzwischen menschliche Gesten und Mimik übernommen, unterstützt von den gut beweglichen Gehirntentakeln.
    Der Arkonide schmunzelte. „So ist es."
    Shoy sah zu Basch, als wolle er sich Rückendeckung holen. Basch ergriff seine Hand; eine typische mom'serimische Geste. Auch die Erwachsenen gingen oft Hand in Hand, wenn sie gute Freunde waren. Für einen Moment schafften beide es, still zu sitzen; anscheinend schöpften sie Kraft.
    Dann fuhr Shoy fort: „Wir haben uns nun ein paar Wochen auf der SOL umgesehen ... dank eurer großzügigen Unterstützung, wofür wir euch sehr dankbar sind. Vor allem für eure Geduld. Wir wissen, wie wir auf euch wirken müssen, sowie ihr für uns oftmals gähnend langsam agiert ... Bitte, das war nicht böse gemeint."
    Mehrere Anwesende lachten. Shoys erstarrte Tentakel entspannten sich wieder. „Basch und ich haben uns sehr viel in den Erholungslandschaften aufgehalten und viele Artgenossen zu Zitonie geschickt. Wir haben jeden, der einen Ausflug, egal wohin und wie oft, unternommen hat, danach befragt. Und ... wir haben eines festgestellt."
    Atlan beugte sich leicht vor, sein Gesicht spannte sich an.
    Shoy seufzte. „Wir fühlen uns in diesen Gärten nicht wohl", gestand er leise. „Wir kennen das einfach nicht. Es ist alles so gefährlich; ständig läuft man Gefahr, gebissen, getreten, geschlagen oder gestochen zu werden. Wenn uns mal nichts geschieht, müssen wir bei jedem Schritt aufpassen, dass wir kein wertvolles Lebewesen oder Pflänzchen zertreten. Das Licht ist zu grell, die Luft riecht zu stark, und die Temperaturen wechseln ständig. Wie ... mag es da erst auf einem Planeten sein?"
    Basch nickte. „Ja, wir waren eine Zeit lang jeden Tag dort, aber es hat sich nicht geändert, ich meine, dass wir uns mal wohl gefühlt hätten. Zitonie war immer so begeistert, manchmal jubelte sie geradezu, aber wir konnten das nicht verstehen. Wir fühlten uns da total fremd, unerwünscht, unpassend, fehl am Platz."
    „Ich weiß wirklich nicht, wie ihr das aushaltet. Und auch noch den Mut habt, fremde Planeten zu betreten, zu besiedeln ... Also nein." Shoy schüttelte sich. „Unser Erbe können wir nicht leugnen. Die NACHT ist so stark in uns verwurzelt, dass wir weder willens noch in der Lage sind, uns auf einem Planeten niederzulassen. Trotz unseres schnellen Generationenwechsels wäre das vermutlich das Ende."
    „Wenn ich daran denke, dass Darla Markus uns am Anfang desensibilisieren musste, damit wir die Natur überhaupt vertragen!", wisperte Basch kopfschüttelnd.
    Auf Shoys Gesicht trat ein verträumter Ausdruck. „Aber wenn wir dann wieder zurück sind ... in der Trümmerlandschaft ... in der Scherbenstadt... dann ist alles gut. Dort fühlen wir uns nicht fremd, dort waren wir schon immer am liebsten, Basch und ich, und wir lieben es heute mehr denn je." Seine grün gesprenkelten Mandelaugen blickten Atlan offen ins Gesicht. „Das ist unsere wahre Heimat."
    Der Arkonide legte bedächtig die Fingerspitzen aneinander. „Falls du sofort eine Entscheidung hören möchtest, muss ich dir leider sagen, dass es dafür zu früh ist. Denn wir sind noch nicht einmal ein Jahr unterwegs und es stehen weiterhin alle Möglichkeiten offen. Es ist denkbar, dass dein Volk sich anders entscheidet, wenn zufällig ein geeigneter Planet gefunden wird. Für eine endgültige Entscheidung brauchen wir alle mehr Zeit, denn sie bringt

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