2113 - Gefangen in der Zitadelle
etwas, das an ein Schwarzes Loch erinnerte, aber keins war, unvermittelt in die Zone der physikalischen Inkongruenz.
*
Die Zeit steht still. Sie vergeht und sie vergeht nicht. Ich kann es mir nicht erklären, aber eine Erklärung ist auch nicht erforderlich. Es ist einfach so, und dieser Zustand ist plötzlich völlig natürlich.
Einen endlosen Augenblick lang vernehme ich kein Geräusch, nicht mal den meines eigenen Atems.
Ich nehme mich selbst nicht mehr wahr und bin mir doch völlig bewusst. Es herrscht absolute Stille.
Widerwärtiger Gestank schmeckt so köstlich wie Evrafosch, und Aasfliegen sind so bunt wie Sternengeister, die ihre Heimat suchen.
Auf Pombar habe ich oft genug Transmitter benutzt, und dabei hat sich jedes Mal ein seltsames Gefühl bei mir eingestellt. Auch jetzt glaube ich, durch einen Transmitter zu treten, aber der Vorgang währt nun zeitlos lange.
Ich nehme ein Pulsieren wahr, wie ein Herzschlag, wie ein Pulsschlag, wie der regelmäßige Atemzug eines Schlafenden.
Dann kommt etwas hinzu.
Das Gefühl der Einheit, des Einsseins.
Ich bin eins mit der Schmerzwechte, und die Schmerzwechte ist einen unfassbaren und dennoch endlosen und endlos kurzen Augenblick lang eins mit mir.
Der Herzschlag wird deutlicher und das Gefühl ebenso. Doch während der Herzschlag flattert, bleibt das Gefühl gleich.
Totale Vernichtung. Seltsame seelische Phänomene. Eine seltsame Reise ohne den geringsten Schaden.
Der Herzschlag ist mein Herzschlag, und die Seele in meiner Brust nimmt nicht nur das Herz, sondern auch die Seele wahr.
Mein Kind!
Ich bin auf endlose Zeit im Inneren einer Wesenheit gefangen, die eine namenlose, ungeheuerliche, niemals enden wollende Qual leidet.
Was spüre ich da?
Ich warte darauf, dass mein gesamtes Leben an meinem inneren Auge vorbeigleitet, doch es geschieht nicht. Mein Leben ist in der Zeit erstarrt. Und es tritt völlig zurück angesichts der fremden Gefühle, die ich von außen wahrnehme und die trotzdem die meinen sind.
Du bist schon längst tot. Du schleppst dich, tödlich verletzt, durch die AUGENSTERN, hin zu Ascarde, die du fast schon vergessen hast, obwohl du dir einmal geschworen hast, sie niemals zu vergessen, doch der Kara hat man ein Messer in den Hals gerammt, und das Blut tropft aus ihrem Körper, und ihr Fleisch ist schon längst kalt, und ihre Augen sind auch kalt, so kalt und starr wie wunderschön gemaserte Splitter eines Diamanten, und du trägst diesen Stein einen Berg hinauf, und ...
Ein unglaubliches, körperlich fühlbares Zerren droht meinen Körper zu zerreißen, mir das Kind von der Brust zu zerren.
Dann ist es vorbei. Ich stelle mit einem Splitter meines Verstands fest, dass der Frachter irgendwo auf der anderen Seite ins Standarduniversum zurückgeschleudert wird. Einen Augenblick lang spüre ich noch das das Verlangen, dann entfernt sich die ZIGZAG aufgrund ihres gewaltigen Schwungs aus dem Einzugsbereich der Wechte.
*
Wir haben es geschafft! Selten zuvor hatte ich solch einen Triumph empfunden. Selbst wenn die Piraten uns folgen sollten, sie werden niemals unsere Spur wiederfinden. Denn bei 250.000 Schmerzwechten ist die Wahrscheinlichkeit, dass zwei oder mehr Raumschiffe an dasselbe Ziel gelangen, gleich null.
Im nächsten Augenblick holte mich die Wirklichkeit ein.
In der Zentrale war es einen Moment lang völlig dunkel, dann leuchtete unendlich weit entfernt ein blauer Schein auf, der etwas heller wurde, aber bei weitem nicht hell genug ...
Die Notbeleuchtung!
Ich lag vor meiner Station auf dem Boden der Zentrale, und zwei, drei Blicke genügten, um festzustellen, dass sich meine unmittelbare Umgebung während des Transports durch die Schmerzwechte in einen Haufen Schrott verwandelt hatte, vielleicht sogar die ZIGZAG insgesamt.
Ich schien der Erste zu sein, der wieder zu Bewusstsein gekommen war, vielleicht, weil ich der Einzige war, der schon einmal mit solch einer Wechte in Berührung gekommen war und zumindest in unzulänglichen Ansätzen gewusst hatte, was ihn erwartete.
Mein ganzer Körper schmerzte - vor allem die Brust, die Brust! -, doch ich rappelte mich auf und aktivierte die Funktionen meiner Station. „Nahortung", flüsterte ich. „Wo sind wir?"
Doch die Systeme der ZIGZAG mussten ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Ich sah vor mir auf dem Schirm keine Sternenkarte, sondern die Daten eines Planeten, der sich ganz woanders befand.
Ich schluchzte leise auf, als ich sah, um welche
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