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212 - Beim Stamm der Silberrücken

212 - Beim Stamm der Silberrücken

Titel: 212 - Beim Stamm der Silberrücken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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den Eindruck, sie wüssten tatsächlich, zu welchem Ziel die Wanderung führen sollte.
    ***
    Kilmaaro, März 2524
    Ahmad war der Einzige, der nicht zitterte und mit den Zähnen klapperte. Die anderen Gefangenen standen Todesängste aus. Auch Fumo Omani. Der Gedanke, das Schicksal könnte ihn in diese unterirdische Zilverbakhöhle geführt haben, damit er hier zwischen den groben Pranken einer tumben Bestie sein einzigartiges Leben aushauchte, machte ihn schier wahnsinnig. Er fragte sich, mit welchen Verfehlungen gegen die Götter und Dämonen er sich ein solch hartes Los verdient haben könnte. Ihm fielen keine ein; nicht eine einzige.
    Die Zilverbakrotte und die Frau waren noch keine Stunde weg, da holten sie den nächsten Geisterjäger. Sie schlugen ihn, bis er tot war. Fumo Omani und die anderen drei Gefangen waren starr vor Entsetzen. Nun fing sogar Ahmad an zu beten.
    Der Voodoomeister fragte sich, warum nur hellhäutige Männer, jedoch neben den wenigen weißen auch einzelne schwarze Frauen in diesem Raubtierloch zu sehen waren.
    Mochte der Zilverbakführer womöglich keine schwarzhäutigen Männer? Die Beobachtung, dass die schwarzen Frauen frei und stolz, die weißen Frauen aber gefesselte Sklavinnen waren, untermauerten seinen Verdacht.
    Fumo Omani presste seinen Unterkiefer gegen die Brust, damit er nicht mehr bebte. Er begann nach magischen Formeln zu suchen, die in solch hoffnungsloser Lage Rettung bringen mochten. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren.
    Und dann geschah, was geschehen musste, was seine Angst ihm unaufhörlich eingeflüstert hatte: Zwei Zilverbaks kamen, packten ihn und Ahmad und schleppten sie vor den Thronsitz des Rottenführers. Der musterte sie feindselig.
    Unerwartet griff er zu und riss dem Voodoomeister seinen schwarz und goldfarben gestreiften Umhang von den Schultern. Borr stand auf, legte sich den Stoff um, drehte sich ein paar Mal um sich selbst und stieß schließlich ein missmutiges Knurren aus. Er zog sich den Stoff von einem tonnenartigen Oberkörper und warf ihn einem seiner Krieger zu. Der hängte ihn sich um und schnatterte zufrieden.
    Borr stieg die drei Stufen von seinem Thronsitz herunter, blieb vor Omani stehen und strich mit seiner schwarzen Pranke über dessen Kahlkopf. »Er hat es auf deine Schädeldekoration abgesehen«, raunte Ahmad. »Sie stehen auf Lepaadenfell. Du bist erledigt, verdammt! Und du hast noch nicht einmal meine Dienste vollständig bezahlt!«
    Der Voodoomeister glaubte nicht recht zu hören. Was für ein schäbiger Kerl! Dachte angesichts des Todes an den schnöden Mammon!
    Der hünenhafte Zilverbak begann an Omanis Kopfhaut herumzuschaben. »Bei allen Geistern der Flüsse und der Wälder dieses Kontinents – das darfst du nicht tun, o Borr, großer König der Zilverbaks!« Seine Stimme brach, so sehr fürchtete er sich. »Das ist bloß eine Tätowierung, weißt du…!«
    Borr packte seine Hände, riss die Fessel ab und zog ihm den Smaragd vom Finger. »Nein…!«, schrie Fumo Omani. »Doch! Gern! Nehmt ihn!« Wieder griff der schwarze Hüne zu; diesmal riss er den großen Ohrring aus dem Ohrläppchen des Voodoomeisters. »Bitte, gern, mein König…!« Siedend heiß fiel ihm der diamantene Schneidezahn ein, den er im Oberkiefer trug. Nur nicht den Mund zu weit öffnen…
    Der Zilverbakführer berührte sein Glasauge und klopfte mit dem Nagel seiner Daumenklaue dagegen. »Was das?«
    »Mein magisches Auge«, keuchte Fumo Omani. »Damit sehe ich die Zukunft! Damit sehe ich gerade jetzt Eure Zukunft, mein König! Ihr werdet…«
    Ihr werdet elend verrecken und zuvor tausendfach meine Ängste und Schmerzen ausstehen müssen, wollte er sagen, beherrschte sich aber und sagte stattdessen: »Ihr werdet den Kilmaaro erobern! Ihr werdet die Himmelsstädte über dem See erobern! Ihr werdet vom König des Dschungels zum Kaiser der Wolken aufsteigen…!«
    Alle wandten sich plötzlich ab und äugten zum Eingang: Ein paar Zilverbaks und die Frau mit der Narbe stiegen aus dem Wurzelgeflecht herunter und kamen zum Thronsitz. Borr ging ihnen entgegen. Gestenreiches Palaver erhob sich. Fumo Omani und Ahmad spitzten die Ohren.
    Es ging um sie, das begriffen sie schnell. Alles klang danach, als wäre Lysambwe mit den beiden Weißen aufgetaucht und forderte nun ihre Freilassung und die Rückgabe der Tiere.
    »Dein Bruder muss verrückt sein, dass er dieses Risiko für dich eingeht.«
    »Er tut seine Pflicht, weiter nichts«, näselte Fumo Omani beleidigt.
    Von

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