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212 - Beim Stamm der Silberrücken

212 - Beim Stamm der Silberrücken

Titel: 212 - Beim Stamm der Silberrücken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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einem Atemzug auf den anderen brach ein Tumult aus.
    Borr packte die Frau mit der Narbe und schnüffelte an ihr.
    Dabei knurrte er böse. Dann schüttelte er das Weib und brüllte es an. Der Zilverbak, den sie hier Zarr nannten, ging dazwischen und stieß den erheblich schwereren weg von dem Weib. Borr brüllte und drohte mit den Fäusten.
    »Dieser Zarr muss lebensmüde sein«, flüsterte Fumo Omani.
    »Ein Eifersuchtsanfall«, raunte Ahmad. »Borr muss irgendwas an ihr gewittert haben, das seine Eifersucht weckt.«
    Der Streit legte sich. Die Frau, ihre Begleiter und der schreckliche Borr sprachen in bellendem Tonfall miteinander.
    Borr trug dem Weib mit der Narbe eine Botschaft für die Eindringlinge auf. Plötzlich ließ er sie stehen und kam zurück zu Omani und Ahmad. Der Voodoomeister schloss die Augen, zog die Schultern hoch und stöhnte auf.
    Neben sich hörte er Ahmad erst schreien, dann röcheln, dann auf dem Boden aufschlagen; auch ein hässliches splitterndes Geräusch hörte er. Danach entfernten sich die schlurfenden Schritte des grässlichen Hünen wieder.
    Als Fumo Omani es wagte, die Augen zu öffnen, kletterten das Weib mit der Narbe und die Zilverbaks wieder nach oben.
    Eine der Bestien hielt einen bärtigen Schädel in der Pranke.
    Omanis Knie wurden weich. Er schielte zu Ahmads Rumpf hinunter. Im wurde schlecht.
    Der schwarze Hüne spähte die Stiege hinauf. Als die langen nackten Beine des Weibes im Durchgang zum Einstiegstunnel verschwunden waren, drehte er sich um und kam zurück zu Fumo Omani.
    Nur nicht den Zahn, dachte der Voodoomeister. Er presste die Lippen zusammen. Soll er doch die Tätowierung nehmen, wenn er mir nur den Zahn lässt…
    Doch der grausame Borr ging an ihm vorbei zu seinem Thron. Fumo Omani traute dem Frieden nicht. Erst als der Zilverbakführer erneut an ihm vorbeistapfte und Omani kurz darauf die Stiege knarren hörte, wagte er es zu blinzeln.
    Bewaffnet mit einer Keule und einem Spieß verließ Borr seine Residenz.
    ***
    Südufer des Amboselisees, Kenia, 2018
    In der Nacht, bevor sie das Flugzeugwrack erreichten, griffen vier Löwinnen an. Die großen Raubkatzen schlichen sich gegen die Windrichtung an die Horde heran und so leise, dass nicht einmal die Gorillas mit ihrem feinen Gehör sie bemerkten.
    Der Wächter, den die Löwen zuerst niederrissen, schrie auf, bevor er starb, und weckte so die ganze Horde. Ohne diesen Weckruf hätten die Löwinnen ein Blutbad angerichtet. So aber blieb es bei dem einen toten Mann. In den Kämpfen wurden allerdings zwei Gorillas verletzt.
    Die Menschen kämpften mit Speeren, Äxten und Jagdbögen, und Major Mogbar natürlich mit seinem Gewehr.
    Die Affen kämpften mit Prügeln und bloßen Händen. Drei Raubkatzen konnten sie töten, die vierte floh mit ausgerenktem Unterkiefer und drei Pfeilen in der hinteren Flanke.
    Die Menschen häuteten und schlachteten die Löwen. Dabei bemerkten sie bei einem noch jungen Exemplar eine Wucherung am Hals, an deren Ende winzige Zähne eingebettet waren. Fast sah es aus, als hätte an dieser Stelle ein zweiter Kopf wachsen wollen. Eine Missbildung? Eine Mutation?
    Niemand wusste es zu sagen.
    Leila hockte zwischen Percival und Major Mogbar auf ihren Fellen. »Vor sieben Jahren hatten wir noch Kühlschränke und badeten in warmem Wasser«, sagte sie nachdenklich. »Wir fuhren mit dem Taxi in die City von London und kauften Kleider in Boutiquen und Gänseleberpasteten in Feinkostläden, Und jetzt schlachten wir Löwen und Krokodile, tragen Tierfelle und kuscheln uns nachts an Gorillas.« Sie strich sich über ihren prallen Bauch. »Für die Kleine wird unsere Vergangenheit nur noch eine Legende sein und das hier wird sie als das normale Leben betrachten.«
    »Du glaubst, dass es ein Mädchen wird?«, staunte Percival.
    »Es wird ein Junge, was denn sonst?«, sagte Major Mogbar.
    Leila reagierte nicht. Gedankenverloren beobachtete sie, wie vier schwarze Frauen ein Löwenfell spannten und eine fünfte die blutige Innenseite mit einer Machete ausschabte. Ein Massaimann griff in die geöffnete Bauchhöhle einer Löwin, riss das dampfende Gekröse heraus und schleuderte es zwischen die Büsche. Zwei schwarze Kinder stritten sich um eine Harnblase. Der größere eroberte sie und blies sie auf.
    Leila legte den Kopf in den Nacken und blickte in den düsteren Himmel. Die noch dunkleren Silhouetten von Geiern kreisten in ihm. Sie warteten auf die Schlachtabfälle.
    »Manchmal glaube ich, ich sei vor sechs

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