213 - Aruulas Grab
Ruinen und zeigte ihnen den Einstieg zum Geheimgang. Dann verabschiedete er sich und verschwand lautlos zwischen den Schutt- und Geröllbergen.
Wie ein Schatten eben.
Gemeinsam gelang es ihnen, die Platte anzuheben.
Nachdem sie den Zugang wieder verschlossen hatten, drangen sie mit Fackeln in den Felsengang vor. Er war zum Teil gemauert und gerade so hoch, dass sie aufrecht darin gehen konnten. Immer wieder stießen sie auf diese seltsamen Schriftzeichen, die Vögel, Schilf, Körbe und andere Dinge darstellten. Sie waren mit roter Farbe auf die Wände gemalt.
Der Gang stieg bald steil an. Schließlich standen sie vor der von Hadban angekündigten Holztür. Daa’tan und Aruula zogen die Schleiergewänder an, die sie am Tag auf dem Basaar erstanden hatten. Grao nahm das Aussehen einer Frau an. Es machte ihm nichts aus, denn für den Daa’muren war eine Primärrassengestalt so gut wie jede andere.
»Du bist ja schöner als Mutter«, spottete Daa’tan. Um seine Körpermasse gestaltwandlerisch zu verteilen, hatte Grao das aus Myriaden winzigster Schuppen bestehende Haar bis zum wohl gerundeten Hintern ausgebildet – und auch in der Oberweite der Haremsdame einiges an Volumen untergebracht.
»Du machst als Haremsweib auch keine schlechte Figur«, spottete Aruula zurück. »Gut, dass dein Bartwuchs noch auf sich warten lässt.«
Vorsichtig zog sie die Tür auf. Sie war gespannte Aufmerksamkeit. Als erfahrene Kriegerin hatte sich ihr Herzschlag allerdings kaum beschleunigt. Vor ihr erstreckte sich eine große Halle mit drei Säulenreihen. Öllampen hingen an den Wänden und verbreiteten warmes flackerndes Licht und einen süßen schweren, betörenden Duft. Weit und breit war niemand zu sehen.
Sie betraten die Halle. Die Geheimtür war tatsächlich Teil eines Wandgemäldes. Türen mit orientalischen Bögen reihten sich darauf nebeneinander, dazwischen Säulen. Der Umriss der Geheimtür war so geschickt in den Ornamenten versteckt, dass tatsächlich nur Eingeweihte sie finden konnten.
Gemessenen Schrittes durchmaßen die drei die Halle. Von links näherte sich ihnen eine unverschleierte Frau. Sie musterte sie kritisch. »Salamkum. Seid ihr neu im Harem des Padischahs? Ich habe euch noch nie hier gesehen.«
Aruulas Körper spannte sich unwillkürlich an, bereit zum Zuschlagen. Die Kriegerin antwortete in der Sprache der Wandernden Völker.
Die rassige braunhäutige Frau verstand offensichtlich kein Wort, aber sie lächelte. »Ah, ihr seid aus fernen Landen. Ja, hin und wieder liebt der Padischah die Abwechslung. Ihr seid also nicht die Einzigen hier, die von weit her kommen. Einsam müsst ihr euch dennoch nicht fühlen; wir anderen werden euch das Arab schon beibringen. Ach, was rede ich, ihr versteht mich ja sowieso nicht.« Sie führte die Hand an die Stirn und entfernte sich.
Aruula entspannte sich wieder und nickte ihren
»Begleiterinnen« zu. Sie gingen weiter. Eine Tür führte in einen weiteren, nicht mehr ganz so großen Raum. Er hatte gläserne Fenster, durch die man auf die prächtig beleuchtete Stadt hinunter sehen konnte. Lautes Gelächter erklang.
Männerlachen.
Soldaten! Fünf an der Zahl. Sie saßen um einen Tisch, hatten die Waffen neben sich stehen und würfelten. Aruula sah auf den ersten Blick, dass sie kampferprobte Kerle vor sich hatte. Aber eine Auseinandersetzung kam ohnehin nicht in Frage, sonst konnten sie ihre Mission vergessen. Sie mussten unerkannt an ihnen vorbei.
Scheinbar unbefangen gingen sie weiter. Die Soldaten hoben den Kopf. »He, Mädchen!«, rief ein älterer, bärtiger Geselle herüber und winkte mit dem Würfelbecher. »Der Padischah hat doch genug von eurer Sorte. Und wir haben Lust auf euch. Kommt herüber und setzt euch auf unseren Schoß, dann wollen wir zusammen Spaß haben.«
»Ganz ruhig bleiben, Köpfe verschämt senken, weitergehen«, flüsterte Aruula. Es klappte. Die Soldaten lachten brüllend und verloren das Interesse sofort wieder.
Wahrscheinlich riefen sie jeder zweiten Kadina, wie die Haremsfrauen genannt wurden, etwas Ähnliches zu, ohne allerdings jemals Ernst zu machen. Saad hätte sie grausam gefoltert, hätten sie Hand an seinen Besitz gelegt.
Das Entführungskommando erreichte eine weitere Tür.
Dahinter erstreckte sich ein Schlafraum, in dem sich mehrere Frauen aufhielten, zum Teil nackend. Aruula hatte Mühe, Daa’tan weiter zu ziehen.
Von der Halle zweigten zahlreiche Zimmer ab. Es dauerte etwas, bis sie sich orientiert hatten. Aruula
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