213 - Aruulas Grab
an dem vor allem Aruula einen Narren gefressen, beziehungsweise gesoffen hatte.
»Du siehst erschöpft aus, Hadban«, stellte die Kriegerin fest.
»Ja, das bin ich in der Tat, meine Liebe«, erwiderte der Händler und rückte näher an die drei heran. Die restlichen Gäste brauchten nichts von dem zu hören, was er mitzuteilen hatte. »Es war äußerst schwierig, meinen Vetter ausfindig zu machen. Schließlich habe ich ihn doch noch gefunden. Betrüblicherweise auf dem Totenfeld, denn er ist schon vergangenes Jahr gestorben.« Hadban zog ein Gesicht, aus dem die Betrübnis geradezu heraus tropfte.
»Ich dachte bereits, dass ich nun keine Informationen über die Fliegenden Städte bekomme. Da habe ich auf dem Basaar einen weiteren Vetter getroffen, ganz unverhofft, müsst ihr wissen. Und der… nun haltet euch fest.« Er beugte sich noch weiter zu den Dreien hinüber. »Er sagte mir, dass er schon von den Fliegenden Städten gehört hätte!«
»Tatsächlich?« Nun beugte sich Daa’tan seinerseits so weit zu Hadban, dass ihre Stirnen fast zusammen stießen. Der Händler hatte einen ziemlich üblen Mundgeruch, fand Daa’tan.
»Ja. Doch leider weiß er nicht, wo wir die Fliegenden Städte finden können.«
Enttäuschung stürzte in Daa’tans Gesicht.
»Kamshaakacke!«
»Aber nicht doch!«, beeilte sich Hadban zu sagen. »Denn dieser zweite Vetter kennt jemanden, der über die Fliegenden Städte ganz genau Bescheid weiß.«
»Hört sich schon besser an. Und wer ist das?«
»Die Geschichtenerzählerinnen von El Assud.« Hadban setzte eine derart triumphierende Miene auf, als habe er das Geheimnis soeben ganz alleine gelöst.
»Ach. Und wer soll das sein?«
»Nun, das kann ich euch sagen…« Was er dann ausführlich tat.
»Immer noch Kamshaakacke«, maulte Daa’tan anschließend. »Wenn es stimmt, was du sagst, kommen wir an diese Geschichtenerzählerinnen gar nicht heran.«
Hadban kratzte sich über der Augenbraue. Dann verzog sich sein Mund von einem Ohr zum anderen. »Nicht auf normalem Wege. Wir werden eine von ihnen entführen! Dann erfahren wir alles über die Fliegenden Städte aus erster Hand.«
Daa’tan war sofort Feuer und Flamme, als ihnen Hadban von dem Geheimgang erzählte. »Das ziehen wir durch, unbedingt. So schwierig kann es doch nicht sein, wenn wir praktisch mitten im Harem landen. Hab ich dich recht verstanden, Hadban? Leben dort die hübschesten Frauen des ganzen Landes?« Er warf einen kurzen Seitenblick auf seine Mutter.
Aruula reagierte nicht darauf. Wie in Gedanken versunken saß sie da. In Wahrheit lauschte sie schon seit einer ganzen Weile.
Hadban log, dass sich die Balken bogen. Er hatte ein natürliches Talent dafür. Er wollte die Geschichtenerzählerin nicht entführen, weil sie etwas über die Fliegenden Städte wusste, sondern weil er sich aus ihren Erzählungen Hinweise auf das geheimnisvolle »Zeichen der Ewigkeit« erhoffte.
Nun befand sich Aruula in einer Zwickmühle. Einerseits war sie gegen die Entführung, die nur Hadban wirklich nutzen würde. Andererseits konnte sie nicht dagegen sprechen, weil sie sonst offenbart hätte, noch immer in den Gedankenbildern anderer lesen zu können.
Während sie die Einzelheiten besprachen, bat Grao den Händler, neuen Kafi zu holen, und als sich Hadban mit der leeren Kanne entfernte, beugte sich der Daa’mure zu Daa’tan und Aruula hinüber. »Die besten Chancen haben wir, wenn ich mich in einen der Bediensteten des Harems verwandle«, raunte er ihnen zu. »Aber das muss Hadban nicht mitbekommen. Es wäre also besser, wenn er nicht an der Aktion teilnimmt.«
Das ist wirklich ein schlechter Witz, dachte Aruula wenig erheitert. Am liebsten hätte sie Grao gesagt, dass Hadban längst von seinen Fähigkeiten wusste und sie drei ganz gezielt manipulierte. Sie biss sich hilflos auf die Lippen.
Hadban war erwartungsgemäß auch gar nicht böse, als er mit einer dampfenden Kanne zurückkehrte und Daa’tan ihm eröffnete, dass er nicht mitkommen könne. »Wir teilen uns die Arbeit«, sagte er. »Während wir die Geschichtenerzählerin entführen, schaust du dich nach einem Haus um, in dem wir sie ungestört unterbringen können.«
»Ein guter Plan!«, lobte Hadban. »Wenn ihr Verschwinden bemerkt wird, ist hier die Dschenna los. Ich werde alle meine Beziehungen nutzen müssen, um ein sicheres und unauffälliges Versteck zu finden.«
***
Am nächsten Abend, nach Einbruch der Dämmerung, führte sie Hadban zu dem Haus in den
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