2135 - Der Zeitbrunnen
saßen, hatte sich Atlan schon mit den Kontrollen und Displays vertraut gemacht. Ohne größere Probleme fand er mit Hilfe seines Extrasinns die sehr einfache Funktionsweise heraus. Dann stellte er Raud'ombir als Ziel ein. Einige Sekunden lang mussten sie warten, bis der Zug langsam anruckte. Immer schneller werdend, glitt er auf den Magnetschienen in die zweite Röhre des unterirdischen Bahnhofs hinein.
Eine Viertelstunde kamen sie ungehindert voran. Auf einmal gellte der Alarmschrei der beiden Mutanten durch die Lok. Atlan schwieg, die Zähne aufeinander gepresst. Auch er sah, wie der Zug auf die stabile Mauer mitten im Gang zuraste. Aber sein Extrasinn gab Entwarnung: Niemand hätte etwas davon, eine Zugstrecke zur tödlichen Falle zu machen, signalisierte er. Es ist nur eine Illusion! „Ganz ruhig!", rief der Arkonide. „Es ist nichts zu befürchten." Und tatsächlich, wenige Sekunden später hatten sie die so massiv wirkende Mauer durchbrochen. „Ein Hologramm!", rief Atlan seinen terranischen Freunden zu. „Weiter nichts!"
„Gott sei Dank!", entfuhr es Marath. „Für einen Augenblick dachte ich schon, dass ..."
„Dass alles vorbei wäre, Partner?", fragte Startac Schroeder. Der Teleporter- und Ortermutant legte ihm eine Hand auf die Schulter. „So schnell vergeht Unkraut nicht, wie unsere Vorfahren sagten."
„Ich hatte wirklich Angst", gab Trim Marath zu. „Die wirst du dir im Lauf deines schon jetzt abenteuerlichen Lebens abgewöhnen", prophezeite ihm Atlan. „Glaub einem alten Mann!"
„Wenn ich einen Extrasinn hätte, so wie du", versetzte Trim, „wäre mir auch wohler zumute. Der warnt dich immer rechtzeitig und hilft dir stets weiter."
„Vor allem nervt er mich die ganze Zeit", gab Atlan grinsend zurück. Das Narr! seines Logiksektors beachtete er nicht. Sie schwiegen. Der Zug trug sie sicher weiter in Richtung Raud'ombir. Alle drei waren inzwischen davon überzeugt, dass sich Sihame dorthin und an kein anderes Ziel gewandt hatte. Sie hatten in der verlassenen Rohrbahnstation ihre Spuren gefunden. Sie hatte den dort liegenden zweiten Zug benutzt. Und sie hatte ihn dorthin gesteuert, wo sie ihren Gemahl vermutete, den Prinzenkrieger Soner.
Oft genug hatte sie ihnen in ihrer gemeinsamen kurzen Zeit von Raud'ombir und von ihrer ersten Begegnung mit Soner berichtet; sie hatte sogar angedeutet, dass sie ihre Hochzeitsreise in diese Stadt unternommen hatten. Nach weniger als einer Stunde Fahrzeit erreichten die drei Galaktiker die Stadt Raud'ombir. Atlan sprang als Erster aus dem Führerhaus des abgestoppten Zuges. Er fing Startac und Trim auf. „Und weiter?", fragte Marath. „Wie müssen die Prinzessin finden", sagte Atlan. „Und über sie den Prinzenkrieger Soner. Eine andere Wahl haben wir gar nicht, wollen wir die Katastrophe verhindern."
„Den Krieg", sagte Schroeder. „Ich weiß genug. Ich werde versuchen, mit meinem Ortungssinn das typische Mentalmuster der Prinzessin aufzuspüren, trotz der Beeinträchtigungen."
„Oder das von Soner", meinte Atlan. „Es wäre vielleicht noch wichtiger."
„Ich tue, was ich kann." Der terranische Mutant hob die Schultern. „Und ich hoffe, dass ich gut genug bin."
6.
Der Zeitbrunnen Sihame sah auf einmal, wie mitten auf der Straße, direkt vor der Herberge, ein fünf Meter durchmessender schwarzer Fleck entstand, ein schwarzes Loch im Boden, nicht greifbar und vor ihren Augen verschwommen. Kurz vorher hatte sie ein humanoides Wesen gesehen, das die Herberge betrat.
Soner? Ja, nur er konnte es sein. Sie war schon auf dem Sprung gewesen, ihm zu folgen. Aber da hatte sich das schwarze Etwas in der Straße schon geöffnet.
Die Prinzessin trat vorsichtig heran. Dann kniete sie am Rand des Fleckes nieder und versuchte, das wesenlose Schwarz mit ihren Blicken zu durchdringen. Sie fand nichts, aber in ihrem Geist war plötzlich das Bild einer öden Wüstenlandschaft am Ufer eines breiten Flusses - ein Unding!
Sihame beugte sich weiter vor, streckte die Hand nach der Schwärze aus. Sie drang darin ein, dann der Arm, die Schulter... ... und sie war hindurch. Sihame erschrak heftig, aber sie kniete immer noch am Rand des schwarzen Lochs in der Welt, nur war um sie herum nicht mehr die Stadt Raud'ombir auf dem Planeten Zabar-Ardaran, sondern eine vollkommen andere Umgebung - tatsächlich eine Wüste und ein Fluss, der sich durch die Sandhügel wand. Wieder kam der Prinzessin das Paradoxe an dieser Konstellation zum Bewusstsein. Wo Wasser
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